Eine Frage der Zeit
sie sind die besten Sprecher unter allen Papageien und überaus gelehrig. Wenn Besuch da ist und lebhaft geredet wird, sind sie ganz still und lauschen aufmerksam; am nächsten Tage aber geben sie mit großer Sicherheit etliche markante Worte, die sich ihnen eingeprägt haben, wieder; am schnellsten lernen sie Schimpfworte und militärische Kommandos, wobei sie R und L verwechseln (‹Rrrrinks um!› ‹Lllechts um!› usw.) Das Ausspucken, Zähneputzen, Räuspern, Gurgeln und dergleichen machen sie ebenfalls besonders gern nach. Dass diese Tiere uralt werden, ist Dir gewiss bekannt. In Daressalam erzählte mir an Kaisers Geburtstag ein Offizier, dass heute noch in Budapest ein Papagei lebt, der einer Hofdame der Königin Marie Antoinette gehörte, und der seine französischen Flüche, die er vor hundertdreißig Jahren gelernt haben mag, noch immer mit einem sehr charmanten Wiener Akzent ausstößt.
Was die Jagd betrifft, so könnte sich hier einer wirklich austoben, wenn er wollte; mir aber will das Totschießen nicht so richtig schmecken, Du kennst mich ja. Was ich hingegen gern tue und mir gerade eben wieder gegönnt habe, ist Folgendes: mich in die Steppe hinausschleichen, ein Plätzchen mit weitem Rundumblick suchen und einen einzigen Schuss in die Luft abgeben – und dann das wundervolle Schauspiel beobachten, das sich einem darbietet, wenn sich die Steppe in einer einzigen Sekunde belebt und Hunderte, ja Tausende von Antilopen, Zebras, Giraffen und Gnus, oft mit Straußen gemischt, davonrennen. A propos Giraffen: Die darf man nur noch mit dem großen Jagdschein schießen, weshalb sie sich in den letzten Jahren wieder stark vermehrt haben und mit ihren langen Hälsen die Telegraphendrahte herunterreißen. Jetzt stellt man im ganzen Land acht Meter hohe Telegraphenstangen auf, damit die Giraffen unten durch galoppieren können, ohne Schaden anzurichten. Manchenorts sind die Stangen übrigens aus bestem Mannesmann-Stahl, wegen der Termiten. Allerdings sind die Isolatoren zum Befestigen der Drähte knapp geworden, weshalb man ersatzweise oft leere Whiskyflaschen verwendet, die es hier zur Genüge gibt. Da die Leitungen meist den alten Karawanenstraßen folgen, hängt der Himmel dem einsamen Wanderer über Stunden voller Flaschen, und man glaubt sich im Rauschbild eines Säufers gefangen.
Eine herzzerreißende Angelegenheit ist die Jagd auf den Springhasen. Zu diesem Zweck laufen die Einheimischen in die Steppe hinaus mit mörderischem Geschrei, worauf die Springhasen starr vor Schreck stehen bleiben, wo sie gerade sind, sich nicht von der Stelle rühren und wie hypnotisiert warten, bis die Leute heran sind und sie mit Knüppeln einen um den anderen totschlagen. Demgegenüber sind die Jagdmethoden der hier stationierten deutschen Unteroffiziere geradezu zivilisiert. Sie richten ihre Schrotflinten gegen Baumkronen, von denen sie wissen, dass sie gewöhnlich voller Perlhühner sind, drücken ab und sammeln dann ein, was heruntergefallen ist.
Übrigens maunzen, während ich hier sitze, ringsum im finsteren Busch die Leoparden. Das sind kluge Katzen, die genau wissen, dass ich ihnen ebenso gefährlich sein kann wie sie mir, und so lassen wir einander in Frieden. Auf diese Diplomatie kann man sich mit den meisten Wildtieren verständigen, aber nicht mit allen. Der Löwe beispielsweise nimmt oft keine Notiz vom Menschen, und wenn er unverhofft auf einen stößt, guckt er gleichermaßen erstaunt wie man selbst und zieht sich genauso wie man selbst langsam und vorsichtig zurück. Darauf verlassen aber sollte man sich nicht. Solange der Löwe jung und kräftig ist, lässt er unsereinen in Ruhe und jagt lieber Antilopen und anderes Wild; ist er aber wegen Krankheit oder vorgerückten Alters dazu nicht mehr in der Lage und wird von Hunger gequält, holt er sich einen Menschen, manchmal aus der Karawane oder sogar aus der Hütte heraus; und hat er einmal gemerkt, dass der Mensch leichter zu erbeuten ist als die Antilope und nicht sehr viel schlechter schmeckt, wird er zum eigentlichen Menschenfresser.
Eine scheußliche Sache sind die Aasgeier. Ich selbst wurde einmal von einem großen Schwarm von ihnen angegriffen, die mir, ekelhaft krächzend und mit ihren mächtigen Flügeln schlagend, immer dicht an den Kopf und an die Schultern flogen; ein paar von ihnen abzuknallen hatte keinen Zweck, denn sie waren viel zu zahlreich. Mir blieb nur, mein Gewehr als Prügel zu verwenden und dauernd um mich zu schlagen, um mir die Brut
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