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Eine Frau für Caracas

Eine Frau für Caracas

Titel: Eine Frau für Caracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Arzneimitteln, in kleinem Rahmen allerdings. Meinem Vater gelang es dann in den zwanziger Jahren, die Werke zur heutigen Geltung zu bringen. Ich glaube, du wärst beeindruckt, wenn du die Eyssing-Werke einmal sehen würdest.«
    »Sicherlich... Der Eyssing-Mörser als Fabrikmarke ist ja weltbekannt. — Ich begreife nur noch immer nicht, wie es zu diesem völligen Bruch zwischen dir und deinen Eltern kommen konnte. Väter können starr sein, das weiß ich. Aber Mütter...?«
    »Bitte, da hast du es«, sagte sie schmerzlich und deutete auf die venezianischen Kelche, »meine Mutter versuchte jahrelang, die Verbindung mit mir heimlich aufrechtzuerhalten. Aber dann kam mein Vater dahinter, und leider gilt daheim nur eins — sein Wille.«

»Ein reizender kleiner Haustyrann!« murmelte er kopfschüttelnd.
    »Nein, so leicht darfst du ihn nicht nehmen. Er ist wahrhaftig kein Lustspieltyp, über den man sich amüsieren könnte.«
    »Ein bißchen menschlicher wäre er mir lieber...«
    »Niemand kann aus seiner Haut, ich nicht, du nicht und er auch nicht.«
    »Aber seine Haut scheint verdammt eng zu sein und ihm das Gemüt eingeschnürt zu haben...«
    »Das, was man Herz nennt, wirst du bei ihm allerdings vergeblich suchen. Ich will damit nicht einmal sagen, daß er nichts anderes als ein eiskalter Geldmacher sei. Er ist ein fanatischer Arbeiter, und er kennt nur eine Aufgabe, sein Werk.«
    »Wie paßt das zu seiner Sammelleidenschaft?«
    »Wie bitte?« fragte sie irritiert, aber sie hatte die Antwort schon bereit: »Leidenschaft...! Ich glaube nicht, daß sie echt ist. Antiquitäten und Bilder sind eine gute Kapitalsanlage. Und außerdem gehört sein Hobby sozusagen zur Repräsentation. — Seine Leidenschaften werden vom Sekretariat erledigt...«
    »Das ist ein guter Witz...«, murmelte Werner und verzog das Gesicht zu einem Lächeln. Innerlich war er wie erfroren. In was für ein Labyrinth hatte sich diese Frau verirrt! Aber fast noch beklemmender war, daß sie nach keinem Ausweg aus ihrem Irrgarten suchte, sondern fast gierig neue Fragen erwartete, um weiter durch die Traumlandschaft schweben zu können, in die sie ihr Leben hineingestellt hatte. Kostbare Möbel, eine luxuriöse Villa in einem vornehmen Frankfurter Vorort, ein halbes Dutzend Mädchen mit weißen Schürzen und Spitzenhäubchen, eine reizende alte Dame als Mutter, der Vater ein gewaltiger Industriekapitän, eine sonnige Jugend mit Reisen nach Cannes und Nizza, Tennisplätze und elegante Kavaliere, und dann der tragische Konflikt, die Ehe mit einem zweitklassigen Schauspieler, und Fluch und Enterbung... Er schenkte den Wein ein, denn er mußte die Trockenheit hinunterspülen, die ihm die Stimme benahm.
    »Es könnte so aussehen«, sagte er ein wenig belegt, aber nur die Peinlichkeit des Gedankens konnte die Ursache für das Zögern und die Behutsamkeit sein, mit der er seine Worte wählte, »als reize mich der Reichtum deines Vaters. Du weißt, daß es mir völlig gleich ist, ob du die Tochter eines Industriellen oder eines ganz kleinen Mannes bist...«
    Sie sah ihn aufmerksam an.
    »Ich verstehe nicht recht, worauf du hinauswillst ...«
    »Es stört mich einfach, daß wir heiraten werden, ohne daß ich auch nur den Versuch gemacht habe, mich deinem Vater wenigstens mit einem Pflichtbesuch vorzustellen und ihn von unserer Absicht zu benachrichtigen. Ich meine, hinauswerfen kann er mich schließlich nicht lassen. Dazu hat er mir gegenüber keine Veranlassung. Und ich möchte doch annehmen, daß er sich in den üblichen Umgangsformen bewegt, nicht wahr?«
    »Natürlich«, antwortete sie ein wenig nervös, »aber wie willst du das machen? Willst du nach Ägypten fliegen? Ich weiß nicht einmal, wo sich meine Eltern aufhalten. Wahrscheinlich in Kairo___
    Aber das könnte ich schließlich erfahren...«
    »Von Anna, eurer alten Köchin, nicht wahr?«
    »Oder von Ferdinand, Papas Diener... Sie schreiben natürlich nicht regelmäßig, aber doch ab und zu — eigentlich rührende Briefe...« Sie erhob sich und ging zu ihrem Schreibtisch, um ihn zu öffnen. »Ich muß dir einen dieser Briefe vorlesen...«
    »Bitte...«, murmelte er abgeschnürt.
    »An der Rechtschreibung darfst du dich bei Anuschka natürlich nicht stoßen!« Sie öffnete eine der kleinen Schubladen und zog ein schmales Briefbündel heraus, es mochten sechs oder sieben Bögen sein.
    »Das ist Anuschkas letzter Brief , . . lies ihn selbst!«
    Sie reichte ihm den Brief hinüber und ließ sich wieder auf

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