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Eine Frau in Berlin

Eine Frau in Berlin

Titel: Eine Frau in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonyma
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Brot in meine Kiste, das ich fassen kann. Schleife meine Last, die ich nicht mehr zu heben vermag, hinter mir her durch die Tür, in den Gang hinaus, zum Ausgang hin, der wie eine grell erleuchtete Bühne am Ende des dunklen Gangschlauches winkt.
    Draußen stoße ich auf den Bäcker. Auch er hat Brote erwischt und pfercht sie mit hinein in meine Kiste. Läuft dann wieder ins Haus, um noch mehr Sachen zu holen. Ich bin an meine Kiste gebunden, warte. Der Bäcker kehrt zurück, mit Konserven, Porzellantellern, groben Handtüchern und einem Knäuel verfilzter, hellblauer Strickwolle bepackt.
    Auf einmal ist auch Antoine da, der kleine belgische Bäckergesell, und schleppt sich mit einem Rinderschenkel. Und Henni kommt und bringt Chartreuse in dickbauchigen Flaschen. Sie zürnt: »Alles gibt's da drinnen, alles. Kaffee, Schokolade, Schnaps. Die haben gelebt, die Brüder!« Und sie verschwindet wieder im Haus. Ich bewache meine Kiste. Ein Mann nähert sich, er hat aus seinem Jackett einen Sack gemacht und etliche Pullen Alkohol hineingeknotet. Verlangend blickt er meine Brote in der Kiste an: »Kann ich eins davon haben?« Ich: »Ja – gegen Schnaps.« Wir tauschen ein Kommißbrot gegen eine Pulle Steinhäger, sind es beide zufrieden.
    Wilde Szenen ringsum in der grellen Sonne, in die manchmal Einschläge prasseln, zwei davon nah. Männer zerschlagen Flaschenhälse an Mauerkanten, trinken in gierigen Schlucken. Antoine und ich packen nun links und rechts meine Kiste, nehmen den Heimweg unter die Füße.
    Die Kiste ist voll und schwer. Sie faßt sich schlecht an, wir müssen oft absetzen. Ich bin so durstig und mache es, wie ich es soeben gesehen: klopfe einer Rotweinflasche am Bordstein den Hals ab (ich habe lauter Burgunder erwischt, französische Etiketts). Ich trank aus dem zackigen Scherbenhals und schnitt mir die Unterlippe entzwei, merkte aber nichts davon, bis Antoine darauf wies und mir mit seinem Taschentuch das Blut abwischte, wobei er sich wachsam mit den Beinen über die Kiste stellte. Das Blut war schon bis in meinen Halsausschnitt gelaufen.
    Hinter uns kommt der Bäcker angeschnauft. Er trägt den bläulichen, mit Pferdemist beschmierten Rinderschenkel an sich gedrückt wie ein Baby. Die Sonne sticht, ich triefe von Schweiß. Ein paar nahe Einschläge. Dazu entfernter das Tacktacktack von Bordbeschuß und das Ballerballerballer der leichten Flak.
    Vor der Haustür pulten wir unseren Raub auseinander. Die blödsinnige blaue Wolle hatte sich überall dazwischengefilzt. Meine Beute: fünf Flaschen Burgunder, drei Flaschen mit eingemachtem Suppengrün, eine Pulle Steinhäger, vier Kommißbrote, sechs Päckchen Erbsmehl, die mir der Bäcker von den seinen großmütig überließ, und eine Konservenbüchse ohne Aufschrift mit Ichweißnichtwas. Ich schleppte alles in den ersten Stock hinauf zur Witwe.
    Bin heiß, verschwitzt, gebe einem Dutzend Leuten meine Abenteuer zum besten und verschlinge dabei, mit dem Eßteller in der Linken am Küchenherd stehend, hastig ein paar Löffelvoll von dem Kartoffelbrei, den die Witwe auf einem aus Gemeinschaftsspenden beheizten Kochherd für mehrere Familien bereitet hat. Draußen jetzt wieder eine Serie von Bomben. Die anderen musterten mit großen Augen meine Beute, trauten sich aber nicht zu weiterer Plünderung in die Schupokaserne vor. Sie wird auch inzwischen längst leer geplündert sein.
    Etliche Stunden später, gegen 18 Uhr, wieder im Keller. Ich konnte in der Zwischenzeit etwas schlafen, war ganz schön besoffen, nachdem ich mit der Witwe die angerissene Burgunderpulle geleert hatte. Erwachte taumelig, mit bitterem Mund, fand nicht sogleich Anschluß an die petroleumflackernde Unterwelt. Bis ich Leute hinausrennen sah und sie nach Säcken rufen hörte: »Los, drüben in den Baracken holen sie Kartoffeln raus!«
    Ich – mit der Witwe hin. Der Feind machte gerade Pause, es war ziemlich ruhig. Daher wohl das plötzliche Gewimmel auf den über Mittag so verlassenen Straßen. Eben rollen zwei Frauen auf einem Kindersportwagen ein ganzes Faß vorbei, es riecht nach Sauerkraut. Junge Leute und ganz alte Leute rennen wie gejagt in Richtung der Baracken. Die Witwe und ich hatten uns mit allen erreichbaren Eimern ausgerüstet, zwei für jeden von uns. Auf dem Wege zertretene Kartoffeln und faule Mohren, denen man bloß zu folgen braucht. Vor den Steinstufen zum Eingang der Baracke liegt ein blutiger Platschen. Ich schrecke zurück, aber die Witwe lacht: »Marmelade!« Und so

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