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Eine Frau in Berlin

Eine Frau in Berlin

Titel: Eine Frau in Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonyma
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grobe Stummelsätze in Richtung Küche durch den Gang, klinkt die Tür hinter sich zu und legt sich im Dunkeln zu mir. Ich friere erbärmlich und bitte und bettle, mich doch nebenan ins aufgeschlagene Bett zurückzulassen. Er will nicht, scheint die Rückkehr der Witwe zu befürchten. Erst nach einer halben Stunde, als alles ruhig geblieben, ist er zum Umzug zu bewegen.
    Das Automatengewehr klirrt nun am Bettpfosten; seine Mütze hat der Mann auf den Pfostenknauf gestülpt. Still für sich hat inzwischen das Talglicht weitergebrannt. Petka, so nennt sich der Soldat, hat einen Stiftskopf, blondes Borstenhaar wächst ihm dreieckig in die Stirn, es faßt sich an wie Sofaplüsch. Im übrigen ein Riese, breit wie ein Schrank, mit Holzfällerpratzen und weißen Zähnen. Ich bin so müde, so kaputt, weiß kaum noch, wo ich bin. Petka murkst herum, er ist aus Sibirien, naja. Sogar die Stiefel hat er jetzt ausgezogen. Mir ist taumelig, ich bin nur noch halb da, und diese Hälfte wehrt sich nicht mehr, sie fällt gegen den harten, nach Kernseife riechenden Leib. Endlich Ruhe, Dunkelheit, Schlaf.
    Früh um vier kräht der Hahn, den der Troß mit sich führt. Ich bin gleich hellwach, ziehe meinen Arm unter Petka hervor. Der zeigt lächelnd seine weißen Zähne. Steht flink auf, erklärt mir, daß er jetzt Wache habe, daß er jedoch bestimmt um sieben Uhr wiederkehren werde – ganz bestimmt! Und er zerquetscht mir zum Abschied beinah die Finger.
    Ich kroch wieder unter die Decke und schlief von Viertelstunde zu Viertelstunde unruhigsten Schlaf, fuhr einmal hoch von dem Schrei »Hilfe!«, da war es bloß der Hahn. Nun muht auch die Kuh. Ich wickle unseren Wecker aus dem Handschuh (d. h., der Wecker gehört der Witwe, aber ich tue ganz so, als ob ich mit zum Haushalt gehörte). Er liegt, der Vorsicht halber, in ein Frottetuch gewickelt, ganz hinten in einem Fach des Schrankes. Wir schauen nur darauf, wenn wir allein und sicher sind, möchten ihn nicht an die Iwans verlieren.
    Es war fünf Uhr, da konnte ich nicht mehr schlafen. Ich stand auf, klopfte das Bett glatt, schob Kästen und Stühle wieder vor die unverschließbare Hintertür mit ihrem zerborstenen Schloß, räumte die leere Flasche weg, die die Männer hinterlassen hatten, und kontrollierte unsere Burgunderflaschen hinten im Küchenschrank, in einem alten Eimer. Sie haben gottlob nichts davon gefunden.
    Durch die Fenster fällt graurötlicher Schein. Draußen ist immer noch Krieg. Gewummer und Stöße, doch ziemlich weit weg. Die Front rollt nun aufs Stadtzentrum zu. Ich ziehe mich an, wasche mich notdürftig und horche vorsichtig in das morgenstille Treppenhaus. Nichts als Schweigen und Leere. Wenn ich bloß wüßte, wohin die Witwe sich verkrochen hat! Ich getraue mich nicht, irgendwo zu klopfen, will niemanden erschrecken.
    Als ich wieder ins Treppenhaus horche, nahen sich Stimmen. Ich laufe aufwärts. Da kommen sie mir schon entgegen, Frauen, ein ganzer Trupp, voran die gottsjämmerlich schluchzende Witwe. Sie taumelt mir in die Arme, jammert: »Sei mir nicht bös!« (Seit gestern duzen wir uns.) Ringsum schluchzen etliche Frauen mit. Ich lache erst mal in all den Jammer hinein: »Was denn? Ich lebe ja, alles geht vorüber!«
    Während wir ein Stockwerk höher steigen, zu den Buchhändlersleuten, flüstert mir die Witwe zu, sie habe zuerst vergeblich an mehrere Türen geklopft und um Asyl für sich und mich gebeten. Nirgends sei ihr aufgetan worden. Ja, bei den Postrats habe man ihr über die Türkette hinweg zugezischt: »Das Mädel? Nee, wir wollen uns die Kerle nicht auf den Hals locken!« Im Stockdunkeln hat dann einer die Witwe im Treppenhaus zu fassen bekommen, hat sie auf die Dielen geworfen... Ein Kind noch, so flüstert sie; bartlos, glatt und unerfahren – und sie lächelt dabei mit dickverheultem Gesicht. Ich weiß nicht genau, wie alt sie ist, sie würde es mir vielleicht nicht sagen. Sie muß zwischen vierzig und fünfzig sein, ihr Haar ist gefärbt. Denen ist Frau Frau, wenn sie sich im Finstern einen Leib greifen.
    In der Wohnung des Buchhändler-Ehepaares sind an die fünfzehn Leute aus dem Haus untergekrochen, haben sich Bettzeug herangeschleppt, sich auf Sofas, auf dem Boden, überall, wo noch Platz ist, eingerichtet. Denn diese Wohnung hat an der Vorder- wie an der Hintertür Patentschlösser und in den Boden eingreifende Stoßstangen. Außerdem ist die Vordertür innen mit Metall beschlagen.
    Wir sitzen um den fremden Küchentisch, alle

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