Eine Frau mit Geheimnis
Aikenhead, ein englischer Duke, und ein russischer Husarenhauptmann.“ Er schüttelte den Kopf, als könnte er es noch immer nicht glauben.
Liebevoll küsste sie seine Wange. „Major Zass hält dich für einen Spion.“
Eine Zeit lang lag er schweigend neben ihr. „Das bin ich.“
Alex erstarrte und brachte kein Wort hervor.
„Auch du bist ein Spion, Alexej Iwanowitsch Alexandrow“, fügte er hinzu. „Warum sonst hättest du mir deine Englischkenntnisse verschwiegen?“
„Aber … ich habe dich nicht belogen, Dominic. Nicht direkt.“ Eben noch war sie empört und wütend gewesen, jetzt fühlte sie sich unsicher, denn sie war ihm hilflos ausgeliefert. Was würde er tun?
„Erst kurz vor dem Ende des Zarenbesuchs in London erfuhr ich, warum man dich dem Gefolge Seiner Majestät zugeteilt hatte – weil du englisch sprichst. Du solltest uns nachspionieren – genauso wie wir den Russen. Also sind wir quitt.“ Er nahm sie in die Arme, und sie spürte seinen kraftvollen, gleichmäßigen Herzschlag, der einen starken Kontrast zu ihrem eigenen rasenden Puls bildete. „Keine Bange, Alex, du hast nichts zu befürchten. Jetzt gehörst du mir und …“
Sie versteifte sich. O nein, sie war nicht sein Eigentum!
„ … und ich gehöre dir“, ergänzte er, fast ohne Pause. „Gewissermaßen sind wir die beiden Seiten ein und derselben Münze. Untrennbar verbunden, verschieden – und trotzdem gleichen wir uns.“ Er küsste ihre Stirn. „Vertrau mir, Alex.“
Noch immer fehlten ihr die Worte. Und so presste sie einfach nur ihre Lippen auf seine Hand. Schließlich wisperte sie: „Du hast mich nie gefragt, warum, Dominic …“ „Nein. Eines Tages, wenn du dazu bereit bist, wirst du mir alles erzählen. Ich kann warten.“
„Oh.“ Eine eindeutigere Liebeserklärung gab es nicht. Statt auf die Rechte eines Ehemanns zu pochen, wollte er sich gedulden, bis sie ihre Geheimnisse aus eigenem Antrieb enthüllen würde. „Nicht nötig, mein Liebster, du verdienst die Wahrheit.“
Und dann berichtete sie von ihrer glücklichen Kindheit beim russischen Heer, von der arrangierten Ehe, die sie in die Flucht geschlagen hatte, von den wundervollen Zeiten beim Militär.
„Ein schöneres Leben konnte ich mir nicht vorstellen, als an der Seite meiner Kameraden zu kämpfen, alles mit ihnen zu teilen. Bis ich dich traf. Da gerieten alle meine Grundsätze ins Wanken. Trotzdem hätte ich meine Karriere beim Husarenregiment fortgesetzt, wärst du mir nicht hierher gefolgt …“
„Was blieb mir denn anderes übrig?“ Sanft strich er über ihre Wange. „Ich glaube, sogar Castlereagh erriet meine Beweggründe.“
„Hat er dich nach St. Petersburg geschickt? Solltest du der russischen Regierung nachspionieren?“
„Ja“, bestätigte er. „Doch ich tat nichts dergleichen, weil ich anderweitig beschäftigt war. Ich musste nämlich einen bemerkenswerten jungen Mann suchen, der … etwas anderes war, als er schien. Natürlich weiß ich, wie sehr du dein Land liebst, Alex. So wie ich meines. Und jetzt schlage ich dir ein Abkommen vor. Ich werde nicht gegen Russland spionieren, meine süße Spionin, wenn du mir versprichst, nicht für Russland zu spionieren.“
„Dann darfst du auch nicht für England spionieren.“
„Moment mal, du vergisst einen wichtigen Faktor. Erstens bist du nur Halbrussin – und zweitens mit einem Engländer verheiratet. Wenn du also unbedingt spionieren musst, dann für England.“
Schweigend dachte sie nach. Was er sagte, klang logisch, obwohl es ihre ganze Welt auf den Kopf stellte. Sie war keine Russin mehr, sondern eine Engländerin, die Ehefrau eines englischen Herzogs. Nur in einem verborgenen Winkel ihres Herzens durfte sie eine Russin bleiben. Das hatte sie bei der Hochzeit akzeptiert. „Ich glaube, du hänselst mich, Dominic Aikenhead. Niemals würde ein englischer Duke seiner Frau gestatten, eine Spionin zu spielen.“
„Nun muss ich dir etwas gestehen, geliebte Duchess. Die Aikenhead Honours – meine Brüder, ein Freund und ich – bilden seit Jahren eine sehr erfolgreiche Spionagegruppe. Ass, König, Bube und die Zehn. Nur die Dame fehlt uns noch.“
Verwirrt rang sie nach Atem.
„Die arme Zehn – das ist Jacks Freund Ben. Wenn unsere kleine Bande eine Dame brauchte, musste er in Frauenröcke schlüpfen. Das gelang ihm recht gut – aber nicht so meisterhaft wie dir die Rolle eines Mannes. Du warst einzigartig.“
Mit einem schwachen Lächeln dankte sie ihm für das
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