Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
Vom Netzwerk:
Torten! Die lieben das sehr!« Ich bin überzeugt, sie wird reagieren wie gewünscht. Aber irgendwie ist es mir peinlich, mit jemandem ein Gespräch anzufangen, den ich kurz vorher mit einer Stricknadel komplett durchbohrt habe. Ob man sich da zu Gesprächsbeginn zuerst einmal entschuldigen muss?
Tafelspitz ohne Tafelspitz
    Manchmal ist auch der geübten Köchin zum »Aus-der-Haut-Fahren«. Gestern war es bei mir soweit! Neun Leute saßen bei mir herum und warteten auf ein Nachtmahl.
    Ich war bereit, ihnen diesen Wunsch zu erfüllen, und wollte ihre kühnsten Erwartungen noch übertreffen. Wienerisch auf die beste Art sollte das Essen werden. Tafelspitz mit Beilagen machte ich. Mit Liebe und Geduld ging ich zu Werk.
    Für den Apfelkren briet ich die Äpfel. Da wird der Apfelkren unübertrefflich! Und die Schnittlauchsoße rührte ich auf Urgroßmutterart aus passierten, in Milch erweichten Semmeln, rohen und harten Dottern, Öl und einem Hauch Weinessig.
    »Göttlich«, lobte ich mich beim Abschmecken. Auch dem Erdäpfelschmarren widmete ich viel Aufmerksamkeit. Ein tolles Steak braten kann ja jeder, aber einen Erdäpfelschmarren so komponieren, dass sich die Esser um das letzte Fuzerl in der Pfanne raufen, darauf kommt es an!
    Dann kochte ich noch Fisolen mit Dill und Kohlrüben mit Erbsen und Spinat mit Schalotten und tat meine schönen Beilagen in schöne Schüsseln und ließ sie von einem willigen Helfer zu Tische tragen.
    Zufrieden hörte ich die »Ahhhs« und »Ohhhs« meiner Gäste bis in die Küche hinaus, wo ich gerade den Druckkochtopf öffnete und das Fleisch herausholte.
    Ich setzte dem riesigen Fleischbrocken ein Messer an, ich legte das Messer weg und holte meine allerschärfste Klinge. Der Fleischbrocken widerstand auch dieser.
    Steinhart war das Fleisch, nicht zäh, nicht ledern, ungenießbar hart wie ein Granitfelsen.
    Nicht einmal Vampirzähne wären damit fertig geworden. Und zum Aufschneiden hätte ich einer kleinen, aber effizienten Kreissäge bedurft. Also verließ ich zögernden Schrittes die Küche, setzte mich zu meinen Gästen und sprach: »Guten Appetit, mehr gibt’s heut’ nicht!«
    Meine Gäste waren lieb und taten, als sei es die normalste Sache der Welt, Tafelspitz ohne Tafelspitz zu essen. Und endlich einmal blieben in meinen schönen Schüsseln auch keine unschönen Reste.
    Bis auf das letzte Erbserl, das letzte Spinatblatterl und das allerletzte Erdäpfelfuzerl wurde alles weggeputzt. Aber zum Ausder-Haut-Fahren war es trotzdem!
Lieblingsspeisen und Grausgerichte
    Fast jeder Mensch – abgesehen von den Ausnahmen der Allesfresser – hat seine Lieblingsspeisen, aber auch seine Grausgerichte.
    Doch außerdem haben viele Leute noch plötzlich »Gustos« nach Nahrungsmitteln, die sie ansonsten nicht besonders mögen, und ich hege den Verdacht, dass diese Gustos besonders dann keimen und blühen, wenn das spezielle Nahrungsmittel rar oder auf dem Markt gar nicht vorhanden ist.
    Habe ich vier Paar Frankfurter gekauft und biete sie zum Nachtmahl an, ziehen meine Lieben ein sogenanntes »Schnoferl« und stöhnen erbarmungswürdig.
    Würstel, werde ich belehrt, seien so gar nicht nach ihrem Geschmack. Rindfleisch zum Gemüse, das wäre richtig! Oder wenn schon Würstel, dann Bratwürstel!
    Und dann macht sich der einzig gutmütige Liebe, den ich habe, lustlos über die Frankfurter her, und die anderen Lieben streiken und kramen selbstversorgerisch im Eisschrank.
    Habe ich aber nur ein einziges Paar Frankfurter erstanden, und dies ausschließlich aus dem Grund, weil ich selbst danach »Gusto« hatte, wird dieses Würstelpaar zum Objekt der Sehnsüchte meiner Lieben.
    »Jö, Würstel!« ruft jeder, der die Eisschranktür öffnet, ganz gierig. »Kann ich die haben?« Und macht ein arg trauriges Gesicht, wenn ich sagen muss, dass ich die Würstel leider schon der Schwester versprochen habe. (Eine taktvolle Hausfrau und Mutter lässt ja sofort von ihrem Besitzanspruch an Würsteln ab, wenn irgendein anderes Familienmitglied danach giert.)
    Noch ärger ist es, wenn eine Sorte Eßware gar nicht vorhanden ist. Wochenlang liegt bei uns oft Schokolade herum. Und niemand mag sie haben.
    Dann kommt ein Besuch, nimmt sich der Schokolade an und futtert sie weg, und kaum ist der Haushalt bar aller Schokolade, greinen meine Lieben: »Ich hätt’ so gern ein bisserl Schokolade! Ein Eckerl wenigstens!«
    Aber was wundert’s mich! Es ist ja nicht nur beim Essen so. Man beobachte bloß einmal drei Damen vor

Weitere Kostenlose Bücher