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Eine Frau sein ist kein Sport

Eine Frau sein ist kein Sport

Titel: Eine Frau sein ist kein Sport Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Noestlinger
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auch nicht. Mit »Hab ich doch nicht riechen können!« sind wir schnell bei der Hand und fühlen uns trotzdem nicht lieblos.
Entlarvende Tätigkeit?
    Die meisten Leute wollen den »wahren Charakter« derer, mit denen sie verkehren, »ganz genau kennen«. Zu wissen, mit wem man’s zu tun hat, gibt einem schließlich Sicherheit im Umgang mit dieser Person.
    Und so haben sich die meisten Leute auch Methoden zugelegt, um zu diesem Wissen zu gelangen. Einer schwört, dass man den Charakter des Menschen beim Autofahren erkenne. Da müsse man nur beobachten, wie er sein Vehikel lenke, und schon liege sein Charakter offen. Ein anderer ist sich sicher, dass im Wein die Wahrheit liege; insofern, als Trunkene den wahren Charakter zeigen, da im Rausche nüchterne Verstellung abfalle.
    Und dann gibt es viele Leute, die sagen: »Beim Kartenspielen lernt man die Menschen richtig kennen«, und auch das hat was für sich. Ist natürlich nicht so, dass jedermann beim Kartenspiel Eigenheiten freien Lauf lässt, die man ansonsten noch nie an ihm entdeckt hat. Gibt reichlich Kartenspieler, die im Spiel exakt so sind wie sonst: genauso streitsüchtig, genauso unfähig, Niederlagen zu ertragen, genauso begierig, Schuld auf Partner abzuladen, oder genauso gutmütig, genauso gelassen-heiter im Verlieren, genauso wenig misstrauisch Betrug gegenüber.
    Gibt aber auch Leute, die in Staunen versetzen, wenn sie Spielkarten in der Hand haben. Ist wahrlich verblüffend, so man dahinter kommt, dass der liebe Alfred, bekannt als Ehrlichkeit in Person, unverschämt mogelt und dabei seine redliche Miene behält. Auch erstaunlich, wenn die gutmütige Anna satanisch kichert und vor Schadenfreude fast platzt, wenn sie dem Ehemann ein Bummerl anhängt. Ist auch sonderbar, dass Tante Otti, die ewig Verzagte, Resignierte, nicht aufhören will, zu tarockieren, weil der »Wille zum Sieg« in ihr sitzt und sie immer noch hofft, dass ihre Pechsträhne irgendwann ein Ende haben werde. Wäre aber falsch, daraus zu schließen, Alfred sei auch im Alltag in Wahrheit unehrlich, Anna sei gar keine Gutmütige und Tante Otti keine verzagte Resignierte.
    Spielen – und nicht nur mit Karten – bringt ja vor allem den Lustgewinn, dabei »anders« sein zu dürfen. Ein Stündchen eine konträre Persönlichkeit zu mimen, entbehrt der Reize nicht. Und schließlich ist kein Mensch nur ehrlich, nur gutmütig, nur verzagt. Egal, warum die »andere Seite« im Alltag nie zum Tragen kommt, im Spiel wird ihr Raum gegeben. Echte kleine Prinzessinnen spielen auch nie »Prinzessin«, das tun nur Mäderln ohne Aristo-Stammbaum.
    Na, sichtlich ist die Kartenspieler-Methode auch kein hundertprozentiger Weg, Menschen »genau« kennen zu lernen. Macht aber nichts, denn jeder Mensch hat schließlich ein Recht darauf, den anderen ein Rätsel zu bleiben.
Verschwiegen wie ein altes Waschweib
    Wenn man kein Einzelgänger, sondern ein halbwegs geselliger Mensch ist, bekommt man von allerhand Leuten allerhand Mitteilungen, von denen etliche erst nach dem Einleitungssatz: »Das sage ich aber nur dir, erzähl’ es bitte nicht weiter«, gemacht werden.
    Ich kenne ein paar Leute, die es ablehnen, auf diese Weise zu Geheimnisträgern gemacht zu werden. Sie sagen: »Behalte es bei dir, ich bin nämlich tratschsüchtig!«
    Ich kenne auch ein paar Leute, die erzählen in so einem Falle tatsächlich kein Wort weiter. Niemandem erzählen sie etwas, nicht einmal eine Andeutung lassen sie fallen. Und ein paar Leute kenne ich, die haben nichts Eiligeres zu tun, als das verschwiegene Anvertraute unter die Menschheit zu bringen.
    Die meisten Leute aber, die ich kenne, gehen mit anvertrauten Geheimnissen ganz anders um. Total verschwiegen sind sie bloß, wenn ihnen das geheime Wissen uninteressant vorkommt; oder wenn die vertrauensselige Person echte Schwierigkeiten bekäme, würde die Sache publik.
    Dann trifft der Durchschnittsmensch noch seine Auswahl, wen er für würdig hält, das intim Anvertraute zu erfahren.
    Ehepartner – zum Beispiel – hält man meistens für würdig! Da bleibt das Geheimnis ja schließlich in der Familie!
    Doch leider sind oft gerade Ehepartner sehr zerstreut und vergessen. Locker plaudern sie in großer Runde über Hansis verheiratete »Braut«, über Monikas Schwierigkeit mit ihren neun Krediten und über Heinzis Prozess mit dem Schwiegersohn.
    Harte Tritte unter dem Tisch gegen die Schienbeine des Partners – wenn sie diese nicht verfehlen – bringen ihn zwar meistens zum

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