Eine für vier 01 - Eine für vier
Bach hinunter. Warum das so war, weiß ich nicht genau. Ich schätze mal, dass ihr Leben komplizierter wurde. Zwei von ihnen fingen wieder an zu arbeiten. Tibbys Eltern zogen auf diese Farm, die weit außerhalb auf Rockville Pike liegt. Vielleicht hatten unsere Mütter nie wirklich etwas gemeinsam, außer dass sie gleichzeitig schwanger waren. Ich meine, wenn man sich das mal überlegt, waren sie schon ein seltsamer Verein: Tibbys Mutter, die junge Radikale; Lenas Mutter, die ehrgeizige Griechin, die sich aus eigener Kraft durch die Sozialarbeiterschule kämpfte; Bridgets Mutter, die Südstaaten–Debütantin aus der gehobenen Gesellschaft von Alabama; und meine Mom, eine Puerto-Ricanerin, deren Ehe ins Wanken geraten war. Aber eine Zeit lang waren sie wie Freundinnen. Ein bisschen kann ich mich daran sogar noch erinnern.
Jetzt tun unsere Mütter so, als wäre Freundschaft etwas ganz am Rande - weit unten auf der Liste hinter Ehemännern, Kindern, Beruf, Haushalt, Geld. Irgendwo zwischen Grillfest und Musikhören anzusiedeln. Für uns ist das aber nicht so. Meine Mutter sagt: »Wart nur, bis es euch mit den Jungs und der Schule ernst wird. Wart nur ab, wenn erst mal der Konkurrenzkampf losgeht.« Aber da liegt sie falsch. Wir werden nicht zulassen, dass so etwas passiert.
Mit der Zeit ging es bei der Freundschaft unserer Mütter nicht mehr um sie, sondern immer mehr um uns, die Töchter. Sie wurden so etwas wie geschiedene Paare, die nicht mehr viel gemeinsam haben, nur noch die Kinder und die Vergangenheit. Ehrlich gesagt gehen sie ziemlich verlegen miteinander um - vor allem seit das mit Bridgets Mutter passiert ist. Sie verhalten sich so, als stünden Enttäuschungen und vielleicht sogar ein paar Geheimnisse zwischen ihnen, deshalb bleiben sie ganz an der Oberfläche, so zerbrechlich die auch ist.
Jetzt sind wir die Septembers. Die richtigen. Wir bedeuten alles füreinander. Das brauchen wir uns nicht zu sagen; es ist einfach so. Manchmal ist unsere Beziehung so eng, dass wir fast wie ein einziger Mensch sind anstatt vier unterschiedliche Persönlichkeiten. Wir erfüllen verschiedene Rollen: Bridget die Sportlerin, Lena die Schönheit, Tibby die Rebellin und ich, Carmen, die... was? Die Launische mit dem hitzigen Temperament. Aber auch diejenige, die sich am meisten kümmert. Die dafür sorgt, dass wir zusammenbleiben.
Wisst ihr, worin das Geheimnis besteht? Das ist ganz einfach. Wir haben uns lieb. Wir sind nett zueinander. Habt ihr eine Ahnung, wie selten es so was gibt?
Meine Mutter sagt, dass es nicht auf Dauer so bleiben kann. Aber das glaube ich doch. Die J EANS ist wie ein gutes Vorzeichen. Sie steht für das Versprechen, das wir uns gegeben haben: Dass wir zusammenhalten, ganz egal, was passiert. Aber sie steht auch für die Herausforderung. Es genügt nämlich nicht, immer nur in Bethesda in Maryland zu bleiben und in klimatisierten Häusern zu hocken. Wir haben uns geschworen, dass wir eines Tages in die Welt hinausziehen, damit wir mehr Durchblick kriegen.
Ich könnte so tun, als wäre ich auf Anhieb eine große, treue Verehrerin der J EANS gewesen. Oder ich kann ehrlich sein und gestehen, dass ich sie fast weggeschmissen hätte. Aber dazu ist es nötig, dass ich euch etwas Hintergrundinformation gebe und davon erzähle, wie die J EANS AUF R EISEN aus der Taufe
gehoben wurde.
Das Glück schenkt nichts - es leiht nur.
Altes chinesisches Sprichwort
» Könntest du den Koffer zumachen?«, bat Tibby. »Das macht mich ganz krank.«
Carmen warf einen Blick auf den Koffer aus grobem Segeltuch, der sich wollüstig auf ihrem Bett spreizte. Mit einem Mal wünschte sie sich, dass ihre Unterwäsche brandneu wäre. Aus ihrem besten Satinslip sprossen kleine Fäden vom Gummiband hervor.
»Mich macht das erst recht krank«, sagte Lena. »Ich hab noch gar nicht angefangen zu packen. Mein Flug geht um sieben.«
Carmen klappte den Kofferdeckel zu und ließ sich auf dem Teppichboden nieder. Sie war damit zugange, dunkelblauen Nagellack von ihren Zehennägeln zu entfernen.
»Lena, würdest du bitte dieses Wort nicht mehr sagen?«, bat Tibby und sackte auf Carmens Bettkante in sich zusammen. »Das macht mich ganz krank.«
»Welches Wort?«, fragte Bridget. »Packen? Flug? Sieben?«
Tibby überlegte. »Alle drei.«
»Ach, Tibs«, sagte Carmen und griff von ihrem Platz aus nach Tibbys Fuß. »Es wird schon alles gut.«
Tibby zog ihren Fuß weg. »Für dich wird alles gut. Du verreist. Dann isst du
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