Eine geheimnisvolle Lady
Schneeschmelze im Februar nach einem frostigen Winter. Energisch verdrängte sie das Gefühl.
Sie wollte keine Zärtlichkeit von ihm. Sie brauchte ein Baby. Wenn sie ihn nicht dazu verleitete, die Liaison fortzusetzen und sich in ihr zu verlieren, würde sie kein Kind empfangen. Ihre Blicke trafen sich, und sie las keine Spur von Arglist in seinen jadegrünen Augen. Im Gegensatz zu ihrem Herzen, das von tückischen Täuschungsmanövern gefärbt war … Nächstes Mal durfte er seinen Samen nicht vergeuden. Wie um alles in der Welt sollte sie das verhindern? Je weiter sie auf dem Pfad ihres verwerflichen Plans voranschritt, desto verschlungener und holpriger erschien er ihr.
»Sicher wirst du mir nicht glauben, aber ich hatte keineswegs vor, dich in diesem Wagen zu verführen«, sagte er in entschiedenem Ton.
Bitterer Zynismus vernichtete den letzten Rest zarterer Gefühle. »Da hast du recht, ich glaube dir nicht. Du scheinst erstaunlich gut gerüstet für derartige … Zwischenfälle.«
Er verstand nicht sofort, was sie meinte. Dann lachte er wieder. »Diana, eine kleine Wasserflasche weist wohl kaum auf einen lasterhaften Lebenswandel hin.« Er griff nach oben, klopfte gegen das Kutschendach, und der Fahrer wechselte die Richtung. Dann goss Ashcroft Wein in den Verschluss der zweiten Silberflasche. Diana nahm den Becher entgegen und bedankte sich.
Jetzt erschien ihr der Blick des Earls unergründlich. Die Augen eines Fremden. Diesen weltgewandten Begleiter konnte sie kaum mit dem zitternden Mann in Einklang bringen, der sich auf ihren Bauch ergossen hatte. Körperlich kannten sie einander. In anderer Hinsicht wusste sie nichts über ihn. Genau so soll es sein, redete Diana sich ein. Doch sie konnte sich nicht davon überzeugen, während sie an dem Wein nippte – von bester Qualität. Offenbar war für Seine Lordschaft nur das Beste gut genug.
Wie schrecklich kompliziert das alles wurde …
Beklommen erkannte sie die Realität. Sie gehörte nicht in diese elegante Kutsche. Nur die lockende Aussicht, dass sie Cranston Abbeys Schicksal bestimmen würde, hielt sie hier fest. Ansonsten wäre sie wie ein verängstigter Hase davongelaufen.
»Wohin fahren wir?« Unbehaglich verlagerte sie ihr Gewicht auf dem Sitz. Noch immer schmerzte ihr Körper von dem vehementen Liebesakt. Auch die unwillkommenen Nachwehen der Erfüllung pulsierten in ihrem Blut.
»Zu Lord Peregrine Montjoys Haus«, antwortete Ashcroft in einem Ton, als müsste sie den Namen kennen. Was Londoner Klatschgeschichten betraf, war sie nicht auf dem Laufenden. Über Ashcroft wurde sie nur Bescheid, weil Lord Burnley sie informierte hatte. Allmählich und widerstrebend gelangte sie zu dem Verdacht, dass seine Beschreibung von Vorurteilen geprägt war. Der Mann, der jetzt neben ihr saß, passte nicht zu dem ungehobelten Wüstling, dessen Bild ihr Arbeitgeber gezeichnet hatte.
»Wohnt Lord Montjoy derzeit in seinem Haus?«
»Nein, heute Morgen ist er nach Frankreich abgereist. Er besucht den Earl und die Countess of Erith außerhalb von Rouen. Während seiner Abwesenheit wird seine Bibliothek in einen Musiksalon umfunktioniert, und ich übernehme einige seiner Bücher.«
»Weiß er, dass du sein Haus für Stelldicheins benutzt?«
Spöttisch hob er die schwarzen Brauen. »Sehr elegant ausgedrückt.«
Obwohl sie errötete, hob sie herausfordernd ihr Kinn. »Sollte ich eine explizitere Formulierung wählen?«
Nun runzelte er wieder die Stirn, und seine Stimme nahm einen ernsten Klang an. »Was soeben geschehen ist, war das Resultat einer wechselseitigen Anziehung, Diana. Dafür musst du dich nicht schämen.«
Wie leicht er sie durchschaute. Ärgerlich entgegnete sie: »So spricht ein Mann, der seinem zügellosen Appetit ausgeliefert ist.«
Leise lachte er. Das konnte sie ihm nicht verübeln. Sie benahm sich geradezu absurd. Er hatte sie zu nichts gezwungen. Auf ihr Betreiben hatte die Affäre begonnen. Wenn jemand wider besseres Wissen umgarnt worden war, dann er . »Du klingst wie Methodistenprediger«, bemerkte er.
Sie seufzte, hasste sich selbst und ihr Verhalten und wischte einige Haarsträhnen weg, die an ihrem feuchten Nacken klebten. Nach der körperlichen Anstrengung drohten die Zöpfe, die Laura so kunstvoll arrangiert hatte, in ihr Gesicht zu fallen. »Tut mir leid. An so etwas bin ich nicht gewöhnt.«
Als Ashcroft ihre linke Hand hob, strömte neue Wärme durch ihre Adern. So verwirrt, unbehaglich und ungeschickt fühlte sie sich.
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