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Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten

Titel: Eine Geschichte der Welt in 100 Objekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil MacGregor
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Juliane und Aurelius kehrten niemals zurück, und der Schatz blieb im Boden vergraben. Erst 1600 Jahre später, 1992, wurde er entdeckt, als der Bauer Eric Lawes nach einem Hammer suchte, den er verloren hatte. Was er dabei mit Hilfe eines Metalldetektors fand, war dieser spektakuläre Schatz. Und auch den Hammer fand er – er gehört heute ebenfalls zur Sammlung des Britischen Museums.
    Viele der in diesem Buch vorgestellten Objekte würden uns heute kaum etwas sagen, gäbe es nicht die Arbeit Tausender von Menschen – von Archäologen, Anthropologen, Historikern und unzähligen anderen –, und ohne die Metalldetektoren von Leuten wie Eric Lawes wären viele dieser Objekte, die in den letzten Jahren die Geschichte Britanniens neu geschrieben haben, gar nicht erst gefunden worden. Als Lawes die ersten Objekte entdeckte, alarmierte er örtliche Archäologen, die dann den Fundort genau vermaßen und den Schatz in ganzen Erdblöcken aushoben. Nach Wochen sorgfältiger Mikroausgrabung in den Laboren des Britischen Museums waren nicht nur die Objekte zum Vorschein gekommen, sondern auch ihre «Verpackung». Zwar war das ursprüngliche Behältnis, eine ungefähr 60 Zentimeter breite Holzkiste, weitgehend verrottet, doch ihr Inhalt war an seiner jeweils ursprünglichen Stelle geblieben. Unser silberner Pfefferstreuer war neben einem Haufen Schöpflöffel, ein paar kleinen Silberkrügen sowie einem wundervollen silbernen Griff in Form einer tänzelnden Tigerdame vergraben. Ganz oben lagen, liebevoll in Stoff eingewickelt, Halsbänder, Ringe und Goldketten – alles von Menschen dort platziert, die nicht sicher waren, ob und wann sie diesen Schmuck jemals wieder tragen würden. Diese Objekte bringen uns ganz nah heran an die schrecklichen Ereignisse, die über das Leben dieser Menschen hereinbrachen.
    Auf einem der Löffel aus diesem Schatz findet sich eingraviert: VIVAS IN DEO («Mögest du leben in Gott») – eine gängige christliche Gebetsformel –, so dass wir vermuten können, dass unsere fliehende Familie Christen waren. Zu dieser Zeit war das Christentum seit fast einhundert Jahren die offizielle Religion des Römischen Reiches. Wie der Pfeffer war es via Rom nach Britannien gelangt, und beide haben den Untergang des Römischen Reiches überlebt.

Teil IX
Der Aufstieg der Weltreligionen
100–600 n. Chr.
    In dem Bestreben, das Unendliche
zu begreifen, hat eine kleine Zahl
bedeutsamer Religionen die Welt in den letzten
2000 Jahren nachhaltig geprägt. Bemerkenswerterweise
entstanden die zentralen Darstellungstraditionen von Buddhismus,
Christentum und Hinduismus allesamt innerhalb weniger
Jahrhunderte: Der Buddhismus erlaubte Bildnisse von Buddha in
Menschengestalt erstmals zwischen 100 und 200 n. Chr., und die ältesten
Darstellungen von Jesus Christus fallen in die Zeit, als das Christentum
312 n. Chr. zur dominierenden Religion des Imperium Romanum wurde. Zur
gleichen Zeit entwickelte der Hinduismus Konventionen für die Darstellung
seiner Götter, die noch heute Gültigkeit besitzen. In Persien formulierte die
dortige Staatsreligion, der Zoroastrismus, die rituellen Pflichten des
Herrschers, mit denen er die Ordnung in der Welt sicherte. Die
Geburt des Propheten Mohammed im Jahr 570 n. Chr. bereitete
die Bühne für die Entstehung des Islam, der letztlich
über die vielen lokalen Götter siegte, welche im
arabischen Raum verehrt wurden.



41
Sitzender Buddha aus Gandhara
    Steinstatue, aus Pakistan
100–300 n. Chr.
    Der Battersea Park in London, südlich der Themse gelegen, ist nicht unbedingt der Ort, an dem man erwartet, Buddha zu begegnen. Doch hier, direkt neben der Friedenspagode, schreitet ein buddhistischer Mönch aus Japan, beäugt von vier vergoldeten Buddha-Statuen, jeden Tag trommelnd übers Gras. Es ist Reverend Gyoro Nagase, und er kennt diese vergoldeten Buddhas recht genau. Aber in gewissem Sinne tun wir das alle: Hier sitzt, den Blick über die Themse gerichtet, der Buddha mit überkreuzten Beinen, und seine Hände berühren sich vor seiner Brust. Ich muss diese Figur gar nicht näher beschreiben, denn der sitzende Buddha gehört zu den vertrautesten und ältesten Darstellungen im Bereich der Weltreligionen.
    Im Britischen Museum haben wir eine Buddha-Skulptur aus grauem Schiefer, einer Gesteinsart, die Kristallteilchen enthält, so dass der Stein im Licht glitzert und funkelt. Hände und Gesicht des Buddha sind in etwa lebensgroß, nur der Körper ist kleiner, und er befindet sich, die

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