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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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schluckte dabei einen Teil des bitteren Bodensatzes, legte ein paar Münzen auf den Tisch und stand auf. Was für ein abstoßender Gedanke, dass sein Vater mit einem Militärpolizisten befreundet war, dachte er. Aber auch wie typisch.
    Dimitri hastete in die Irinistraße zurück. Elias würde auch bald kommen. Ob wohl Isaac bei ihm wäre?
    Er musste nur zehn Minuten warten, um Antwort auf diese Frage zu bekommen. Elias kehrte allein zurück.
    Â»Er kommt nicht mit«, sagte Elias mit einer gewissen Enttäuschung in der Stimme. »Er findet, dass jemand bei Mutter und Vater bleiben sollte. Vermutlich hat er recht.«
    Â»Schade«, sagte Dimitri. »Wir hätten ihn brauchen können.«
    Elias lief nach oben, um ein paar Hemden zu holen, dann nahmen sie die Pakete mit Brot und Käse entgegen, die ihnen Roza Moreno für die Fahrt zurechtgelegt hatte.
    Â»Beim Abschied von meiner Mutter ist mir klar geworden, dass sie es wahrscheinlich nicht überstanden hätte, wenn wir beide fortgegangen wären. Es hätte ihr das Herz gebrochen«, fügte Elias hinzu.
    Â»Er weiß schon, was richtig ist für ihn«, stimmte Dimitri zu. »Lass uns gehen.«
    Er brachte es nicht über sich, Elias zu fragen, ob er Katerina getroffen hatte.
    Als die Nacht hereinbrach, war Thessaloniki nicht einmal mehr ein Punkt am Horizont. Nach zweieinhalb Tagen befanden sich die beiden Männer wieder bei ihrer Einheit in den Bergen.
    In Thessaloniki weinten sich in dieser Nacht zwei Frauen in den Schlaf. Nach der flüchtigen Begegnung mit ihren Söhnen fühlten sie sich noch verlassener als zuvor. Olga konnte mit Konstantinos nicht einmal über Dimitris Besuch sprechen, weil sein Name nicht mehr erwähnt werden durfte. Roza Moreno hatte wenigstens Gelegenheit gehabt, ihren Sohn zum Abschied zu küssen.
    Im Lauf der vierzehn Monate nach dem Einmarsch hatten die Deutschen, abgesehen von der Plünderung von Synagogen, Geschäften und Wohnhäusern, den Juden selbst wenig Leid zugefügt. Mitte Juli änderte sich dies allerdings. Plötzlich hieß es, dass sich alle jüdischen Männer zwischen achtzehn und fünfundvierzig registrieren lassen müssten. Sie sollten als Arbeiter beim Straßen- und Flugplatzbau eingesetzt werden.
    Saul Moreno versuchte, Isaac aufzumuntern.
    Â»Sie brauchen eben jemanden, der die schwere Arbeit für sie macht«, sagte er. »Und es werden nicht bloß Juden eingezogen. Auch griechische Männer müssen schwere Bauarbeiten verrichten.«
    Â»Aber wieso machen das die Deutschen nicht selber?«, protestierte Isaac. »Ich bin Schneider, kein Maurer.«
    Â»Es ist eben so, wie es ist«, sagte seine Mutter. »Ich bin sicher, es ist nicht für lange, agapi mou. «
    In der heißesten Woche dieses Jahres mussten am Sonntagmorgen um neun neuntausend Männer auf dem Eleftheria-Platz antreten. Der Name des Platzes erschien an diesem Tag wie die reinste Ironie: Platz der Freiheit. Die Sonne brannte erbarmungslos auf sie nieder, und vom Meer wehte nicht der Hauch einer Brise, um die Hitze zu lindern.
    Â»Ich dachte, wir sollten Straßen bauen«, sagte einer der Schneider zu Elias. »Warum stehen wir alle hier herum?«
    Â»Das werden wir sicher bald erfahren«, antwortete er.
    Befehle wurden über den Platz gebrüllt. Wenn die Juden nicht schnell genug verstanden, was sie tun sollten, halfen die deutschen Soldaten mit Schlagstöcken nach. Wie es aussah, befahl man ihnen, Leibesübungen durchzuführen.
    Isaac und acht weitere Männer aus dem Atelier versuchten, eng beieinanderzubleiben. Wäre es ein paar Monate später gewesen, hätte sich Jakob, der Älteste der Gruppe, mit seinen vierundvierzig Jahren nicht mehr melden müssen. Er war klein und füllig, und die Übungen fielen ihm schwerer als Isaac und den Jüngeren. Den Deutschen entging das nicht, und er wurde herausgerufen und gezwungen, einen Purzelbaum zu schlagen. Aber nicht nur einmal, sondern fünfmal hintereinander, damit sie ihn dabei fotografieren konnten.
    Eine der Zeitungen in Thessaloniki hatte in den vergangenen Wochen mit antisemitischen Hetzkampagnen begonnen, und eine riesige Menschenmenge, einschließlich angesehener Bürger der Stadt, hatte sich versammelt, um zuzusehen, wie diese jungen Männer gezwungen wurden, in der Mittagshitze lächerliche Turnübungen auszuführen. Es gab anfeuerndes

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