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Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Eine Geschichte von Liebe und Feuer

Titel: Eine Geschichte von Liebe und Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hislop
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Kinder Waisen geworden. Griechenland war voll von verwitweten Frauen und vaterlosen Kindern, und jetzt wusste sie, dass auch ihr Mann gefallen war.
    Â»Guten Morgen, Pater«, murmelte Eugenia und eilte an ihm vorbei aus der Kirche hinaus. Die Mädchen folgten ihr schwei gend, weil sie den plötzlichen Stimmungswandel spürten.
    Katerina blendete der Sonnenschein. Orfanos. Sie war so sicher, dass ihre Mutter irgendwo auf sie wartete, dass ihr die Vorstellung, eine Waise zu sein, ganz unmöglich erschien. Dennoch lief ihr ein Schauer über den Rücken. Verwundert sah sie die Tränen auf Eugenias Gesicht schimmern, entschied aber, dass dafür sicher das grelle Licht im Freien verantwortlich war.
    Kurz darauf kehrten sie in die Irinistraße zurück, und als sie den Hügel hinab auf ihr Haus zugingen, kam Pavlina auf sie zu. Diesmal war sie in Begleitung einer anderen Frau, größer als sie und auffallend schön.
    Â»Guten Tag«, sagte Pavlina. »Wie geht es Ihnen heute, Kyria Karayanidi?«
    Â»Sehr gut, danke«, antwortete Eugenia.
    Katerina starrte die schöne, dunkelhaarige Dame an. Seit Langem hatte sie kein so teures Kleid mehr gesehen, und der beim Gehen mitschwingende Saum erinnerte sie ein wenig an ein Kleid, das ihre Mutter getragen hatte.
    Olga stellte sich vor und fragte die Kinder nach ihren Namen. Man tauschte Höflichkeiten aus, und kurz darauf gesellte sich eine andere Nachbarin dazu.
    Â»Das ist Kyria Moreno«, erklärte Pavlina. »Sie wohnt mit ihrer Familie in Nummer sieben.«
    Â»Und das da drüben ist mein Sohn Elias, der mit Olgas Dimitri spielt«, erklärte Roza Moreno stolz.
    Eugenia blickte zu den beiden dunkelhaarigen Jungen hinüber, die die Köpfe zusammensteckten. Wenn sie nicht so verschieden gekleidet gewesen wären, hätte man sie für Brüder halten können.
    Die Frauen unterhielten sich eine Weile und erzählten sich dabei, womit ihre Familien den Lebensunterhalt verdienten. Eugenia fiel auf, dass alle mit Textilien und Kleidung zu tun hatten, und erwähnte, dass sie früher Teppichweberin gewesen sei.
    Â»Mein Mann kennt vielleicht jemanden, der noch Weber sucht!«, rief Roza Moreno begeistert. »Ich frage ihn gleich heute Abend. Sie wären überrascht, welche Lücken in man chen Gewerbezweigen entstanden sind, seit die Muslime fort sind. Ich glaube nicht, dass man sich sonderlich viel Gedanken gemacht hat, was wir hier verlieren, als diese Umsiedlungsverträge unterzeichnet wurden.«
    Â»Es war eine große Umwälzung, aber wahrscheinlich weiß das niemand besser als Kyria Karayanidi«, sagte Olga ruhig.
    Während die Erwachsenen sich unterhielten, hatten sich die Kinder aus dem Staub gemacht. Maria war ins Haus gegangen, aber Sofia, die Selbstbewusstere der beiden, blieb draußen, lehnte sich an eine Wand und sah zu, wie Dimitri mit dem anderen Jungen einen Reifen den Hügel hinuntertrieb. Bei jedem Versuch blieb er ein wenig länger aufrecht stehen. Dimitri entging ihre Faszination an seinen Fortschrit ten nicht, und er begann, ein bisschen anzugeben. Zehn Minuten später war der Kontakt hergestellt, und Sofia beteiligte sich am Spiel der Jungen.
    Katerina wanderte zum Ende der Straße. Die Suche nach ihrer Mutter musste hier und jetzt beginnen, und die einzige Möglichkeit bestand darin, sich umzusehen und den Leuten Fragen zu stellen. Hatte ihre Mutter das nicht immer gesagt? »Wenn du nicht suchst, wirst du nicht finden.« Genau das musste sie tun.
    Kurz darauf stand sie erneut vor der kleinen Kirche, und wenn sie den Hügel hinabginge, käme sie wieder zum Hafen. Vielleicht gab es dort jemanden, der eine Liste mit den Leuten aus Smyrna hatte. Wer konnte schon wissen, ob ihre Mutter überhaupt in Athen war? Vielleicht war sie nach Thessaloniki gekommen. Aber wenn sie niemanden fragte, würde sie es auch nie herausfinden.
    Etwas weiter unten kam sie zu einer Reihe von Läden, die sie schon kannte. Insbesondere das Geschäft mit den Bändern zog sie magisch an.
    Das Schaufenster sah aus, als hätte der Händler einen Regenbogen aus Seide gespannt, und Katerina blieb wie ge bannt davor stehen. Eine Zuckerbäckerei, von oben bis unten mit Süßwaren angefüllt, hätte nicht verlockender für sie sein können. Der Anblick rief eine lange verschüttete Erin nerung an einen weit schwingenden Rock in ihr wach, den ihre Mutter für sie

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