Eine Geschichte von Liebe und Feuer
würde sich über die unerwartete Verschönerung freuen.
Als sie an diesem Morgen mit ihrer Arbeit fortfuhr, dachte sie über den »Unfall« nach und erkannte, warum sie die Konzentration verloren hatte. Sie liebte Elias wie einen Bruder, aber die Angst um Dimitri hatte sie den Tränen nahe gebracht. Es war sein Gesicht, das sie vor sich gesehen hatte.
Dann trafen gute Nachrichten von der Front ein. Trotz der ungünstigen Umstände gelang es der griechischen Armee, die Italiener zurückzuschlagen. Innerhalb eines Monats hatten sie die albanische Stadt Koritsa erobert. Dann verlegten sie die Offensive an die Küste, wodurch sie Zugriff auf den Nachschub übers Meer bekamen, und stieÃen gleichzeitig weiter ins Innere Albaniens vor.
Es war der erste Sieg über die Achsenmächte. Die Italiener waren aus Griechenland vertrieben worden. Die Soldaten waren Helden und ihr Ãberleben unter widrigen Verhältnissen war zur Legende geworden.
In der Villa an der NikistraÃe wurde ein Diner gegeben und ein Toast ausgebracht. Endlich hatte Konstantinos Komninos das Gefühl, einen Sohn zu haben, mit dem er sich rühmen konnte.
»Auf unsere Armee! Auf Metaxas!«, sagte er. »Und auf meinen Sohn!«
Olga erhob ihr Glas, trank aber nicht.
»Auf meinen Sohn«, wiederholte sie leise.
Auch im Atelier der Morenos herrschte Aufregung.
»Wie lange wird es Ihrer Meinung nach dauern, bis sie wieder heimkommen?«, fragte Katerina Roza Moreno.
»Ein paar Tage, denke ich. Vielleicht ein paar Wochen. Wir wissen ja nicht genau, wo sie gerade sind.«
Die Morenos hatten Briefe von Elias bekommen, daher wussten sie, dass er sich gemeinsam mit Dimitri in einer Einheit befand.
Es war natürlich naiv anzunehmen, dass sie so bald zurückkämen. Man brauchte Soldaten, um die Grenzen zu sichern, und im nächsten Brief teilte Elias seinen Eltern mit, dass er bleiben müsse. Katerina versuchte, ihre Enttäuschung zu verbergen.
Wenn der Hauptteil der Streitkräfte nicht immer noch in Albanien gebunden gewesen wäre, hätte es vielleicht stärkeren Widerstand gegeben, als der nächste Angriff auf griechisches Territorium erfolgte. Der kam mit erschreckender und unaufhaltsamer Wucht Anfang April.
Ãber die jugoslawische Grenze drangen mit solcher Geschwindigkeit deutsche Truppen vor, dass die griechischen und britischen Streitkräfte sie nicht aufhalten konnten.
Die Menschen in Thessaloniki hielten den Atem an. Selbst das frische Frühlingslaub an den Bäumen schien wie erstarrt, und auf den StraÃen herrschte gespenstische Stille, während alle das Unheil erwarteten. Ihre Stadt war die erste, die die deutschen Truppen erreichen würden.
»Gibt es denn nichts, was wir tun können?«, fragte Roza Moreno ihren Mann und rang weinend die Hände.
»Ich glaube nicht, meine Liebe«, antwortete er ruhig. »Ich denke, wir müssen einfach abwarten, was passiert. Inzwischen erledigen wir unsere Arbeit.«
Saul Moreno hatte recht. Es gab nichts, was man tun konnte.
General Metaxas war zwar von vielen verachtet worden, aber sein Tod drei Monate zuvor hatte das Land und die Armee ohne Führung und Entschlusskraft zurückgelassen. Es fehlte ihnen an Willensstärke, sich dem deutschen Einmarsch entgegenzustellen.
Am 9 . April 1941 rollten die Panzer in die Stadt.
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D ie Menschen in Thessaloniki waren es gewöhnt, ein buntes Sprachgemisch zu hören, jetzt kam ein Klang hinzu, der den meisten Ohren weniger vertraut war: Deutsch. Sobald die Besatzungstruppen ankamen, hörten die Menschen in Thessaloniki harsche Befehle, die sich die Deutschen untereinander und bald auch ihnen zubrüllten. Das verstärkte ihr Gefühl des Unbehagens noch.
»Ich finde, wir machen einfach so normal weiter, wie es möglich ist«, sagte Roza Moreno zu Katerina ein paar Tage nach dem Einmarsch.
Sie hatten natürlich auch gar keine andere Wahl, dazu gab es im Atelier der Morenos so viel Arbeit, dass sie kaum Zeit fanden, sich darum zu kümmern, was drauÃen in den StraÃen passierte. Wie allen Juden in Thessaloniki war auch den Morenos nicht verborgen geblieben, dass die Nazis die jüdische Bevölkerung in Deutschland verfolgte. Sie machten sich Sorgen, hatten aber keine übermäÃige Angst. Allein ihre Zahl schien ihnen eine gewisse Sicherheit zu garantieren. SchlieÃlich wohnten fast fünfzigtausend Juden in der Stadt.
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