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Eine glückliche Ehe

Eine glückliche Ehe

Titel: Eine glückliche Ehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ähnlich … und wenn … wenn ich Irmi einem gebe, dann bist du es …« Er hustete, sein bleicher Körper bäumte sich auf. Der blutige Schaum wuchs wieder aus seinem Mund. »Du … du bist ein verdammt guter Freund, Peter … ein guter Kerl … Wenn du überlebst … bitte, tu es …«
    »Mensch, halt die Fresse!« sagte Hasslick grob. »Die flicken dich wieder zurecht, die Iwans. Es haben schon mehr mit einem Lungenschuß überlebt.«
    Das Schlauchboot stieß an ihr Ufer, die russischen Soldaten stürmten durch das hohe, dürre Gras. »Stoj!« schrien sie. »Stoj!«
    »Als wenn wir noch laufen könnten, ihr Arschlöcher!« sagte Hasslick. Er legte den Arm um Hellmuth Wegener, spürte, daß sein rechter Oberschenkel wie abgestorben war, zog Wegeners Jacke zu sich heran und fingerte dessen Papiere aus dem Rock. Dann überlegte er es sich, schob die Papiere zurück, vertauschte nur die Uniformröcke und breitete seinen Unteroffiziersrock über Wegeners nackten Leib.
    »Danke, Peter«, flüsterte Hellmuth. »Du bist ein Pfundskamerad.«
    »Alles überflüssig. Du wirst durchkommen, Hellmuth. Verdammt noch mal!«
    Dann hob er beide Hände und lächelte schief.
    Die Russen umringten ihn und schrien durcheinander. Er verstand sie nicht, es waren Asiaten, aber er hörte ›sanitarni‹ oder so ähnlich, Sanitäter, und das machte ihn glücklich.
    Er nickte, der Fluß, das Land und der Himmel drehten sich plötzlich, und er fiel in Ohmacht.

2
    Er erwachte durch den Schmerz, der wie ein Feuer seinen rechten Oberschenkel zerfraß. Eine schmutzige Decke lag unter ihm, die nach Urin stank, und der Boden schwankte merkwürdig, rüttelnd, hüpfend, mit kleinen widerlichen Stößen, die den brennenden Schmerz bis in sein Hirn nagelten.
    Er hob den Kopf, die letzten Schleier der Besinnungslosigkeit zerstoben mit der Rückkehr der Gedanken. Ich liege in einem Lastwagen, dachte er. Ich liege unter der Plane auf der Ladefläche, und sie fahren mich irgendwohin. Jetzt hörte er auch das Klatschen der Leinwand, das Brummen des Motors, das Knirschen der Reifen und fern, wie ein ungeheures Gewitter, das pausenlose Donnern von der Front.
    Ich lebe, dachte er. Ich lebe wirklich. Sie haben mir nicht den Schädel eingeschlagen, nicht ihre Bajonette in den Leib gerammt, mir keinen Genickschuß gegeben. Sie haben mich verbunden und fahren mich jetzt nach hinten in das von ihnen zurückeroberte Land. In ihr Land … Sie haben mich tatsächlich gerettet! Wer hätte das von den Russen gedacht?
    Er ließ den Kopf zurückfallen auf die urinstinkende Decke, tastete mit der Hand vorsichtig nach seinem Oberschenkel und merkte, daß sein Unterkörper nackt war. Sie hatten ihn tatsächlich verbunden, ihm den Uniformrock angezogen, ihn in den Lastwagen geschoben. Er schüttelte den Kopf, fand keine Erklärung dafür, daß man einen deutschen Soldaten rettete, während man auf breiter Front Tausende in den Boden stampfte, und sagte sich, daß der Krieg nun vorbei sei. Draußen mußte es Abend sein, die Sonne durchleuchtete nicht mehr die Leinwand der Wagenplane. Ich habe stundenlang besinnungslos gelegen, dachte er. Und der Uringestank, das bin ich! Ich habe in der Ohnmacht unter mich gepißt, ich liege in der eigenen Schiffe. Aber ich lebe …
    Er schloß die Augen, der brennende Schmerz ergriff ihn völlig, er stöhnte leise und preßte die rechte Hand an den verwundeten Oberschenkel. Und mit diesem Stöhnen erinnerte er sich, daß er nicht allein gewesen war. Als die Russen, diese kleinen schlitzäugigen, erdbraunen Männchen aus Asiens Steppen, ihn umringten, hatte er an einem Erdhaufen gesessen, und Hellmuth Wegeners Kopf lag in seinem Schoß. Sie hatten die Jacken getauscht, und vor Wegeners Mund blähte sich der blutige Schaum wie roter türkischer Honig.
    »Hellmuth!«
    Peter Hasslick drehte sich ächzend herum. Neben ihm, an der Wand des Wagens, nackt im umgekehrten Verhältnis, nämlich mit einer Hose bekleidet, aber mit bloßem Oberkörper, lag Wegener auf dem Rücken. Auch ihn hatte man verbunden, sein Gesicht war sogar gewaschen, das ausgespuckte Blut war weg, nur ein dünner Blutfaden lief aus dem rechten Mundwinkel über das Kinn. Er hatte die Augen geschlossen und sah fremd aus. Kalkig, mit einer spitzen Nase und eingefallenen Wangen.
    »Hellmuth …«, sagte Hasslick laut und knirschte mit den Zähnen. Der Wagen rumpelte, es war ein Hüpfen über Löcher und Querrillen, über Steine und durch weichen, nachgebenden, zweimal im Jahr sich

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