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Eine Handvoll Dunkelheit

Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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trugen Bücher – Kinder auf dem Weg zur Schule. Kopien, gleichförmig und identisch. Ein Hund sprang aufgeregt um sie herum, sorglos, vergnügt.
    Er fuhr weiter. Vor ihm tauchte eine Stadt auf, und die dichten Säulen der Bürogebäude zeichneten sich scharf gegen den Himmel ab. Lärm und Hektik erfüllten die Straßen, während er durch das Geschäftsviertel rollte. Irgendwo nahe der Stadtmitte ließ er die sich ausbreitende Peripherie des Kreises hinter sich und entkam ihr. Vielfalt verdrängte die unzähligen Silvias. Graue Augen und braune Haare wichen zahllosen unterschiedlich aussehenden Männern und Frauen, Kindern und Erwachsenen, Menschen jeden Alters, jeder Erscheinung. Er erhöhte die Geschwindigkeit und lenkte das Fahrzeug auf die breite, vierspurige Schnellstraße.
    Schließlich wurde er wieder langsamer. Er war erschöpft. Stundenlang schon fuhr er; sein Körper zitterte vor Müdigkeit.
    Vor ihm winkte aufgeregt ein rothaariger junger Mann und machte mit dem Daumen das Anhalterzeichen, eine dünne Bohnenstange in brauner Hose und einem dünnen Kamelhaarpullover. Rick hielt an und öffnete die Beifahrertür. „Spring rein“, sagte er.
    „Danke, Alter.“ Der Junge setzte sich, und Rick trat auf das Gaspedal. Er schlug die Tür zu und lehnte sich dankbar in den Sitz zurück. „Es war nervtötend, hier rumzustehen.“
    „Wohin willst du?“ fragte Rick.
    „Bis nach Chicago.“ Der Junge lächelte scheu. „ Natürlich erwarte ich nicht, daß Sie mich so weit bringen. Ich bin schon für eine kleine Strecke dankbar.“ Neugierig sah er Rick an. „Wohin fahren Sie?“
    „Überallhin“, erwiderte Rick. „Ich werde dich nach Chicago bringen.“
    „Das sind dreihundert Kilometer!“
    „Schön“, nickte Rick. Er überprüfte die linke Spur und erhöhte die Geschwindigkeit. „Wenn du nach New York willst, fahre ich dich auch dorthin.“
    „Ist mit Ihnen alles in Ordnung?“ Der Junge bewegte sich unbehaglich. „Ich bin natürlich froh, in einem Rutsch dahinzukommen, aber …“ Er zögerte. „Ich meine, ich will ihre Freundlichkeit nicht über Gebühr strapazieren.“
    Rick konzentrierte sich auf die Straße und hielt das Lenkrad fest mit den Händen umklammert. „Ich fahre schnell. Ich halte weder an, noch verringere ich die Geschwindigkeit.“
    „Sie sollten besser vorsichtig sein“, riet der Junge mit besorgt klingender Stimme. „Ich möchte nicht in einen Unfall verwickelt werden.“
    „Laß das nur meine Sorge sein.“
    „Aber es ist gefährlich. Was ist, wenn etwas geschieht? Es ist zu riskant.“
    „Du irrst dich“, brummte Rick grimmig, die Augen auf die Straße gerichtet. „Es ist das Risiko wert.“
    „Aber wenn etwas schiefgeht …“ Er verstummte unsicher und fuhr dann fort: „Ich könnte mich verlieren. Es wäre so leicht. Alles ist so instabil.“ Die Stimme bebte vor Furcht und Besorgnis. „Rick, bitte …“
    Rick erstarrte. „Woher kennst du meinen Namen?“
    Der Junge war neben der Tür zusammengesunken. Sein Gesicht besaß einen weichen, geschmolzenen Ausdruck, als ob es seine Form verlor und zu einer undefinierbaren Masse zusammenschrumpfte. „Ich wollte zurückkommen“, sagte er, „aber ich fürchte mich. Du hast sie nicht gesehen – die jenseitige Region. Sie besteht aus reiner Energie, Rick. Er hat sie vor langer Zeit eingefangen, aber niemand weiß, warum.“
    Die Stimme wurde heller, klarer und weiblicher. Das Haar wurde dunkelbraun. Graue, verängstigte Augen funkelten Rick an. Mit erstarrten Händen hing er über dem Lenkrad und zwang sich, keine Bewegung zu machen. Allmählich verringerte er die Geschwindigkeit und steuerte das Auto hinüber zur rechten Spur.
    „Halten wir an?“ fragte die Gestalt neben ihm. Es war jetzt Silvias Stimme. Wie ein neues Insekt, in der Sonne getrocknet, stabilisierten sich die Umrisse und nahmen wieder Festigkeit an. Silvia richtete sich auf dem Sitz auf und äugte hinaus. „Wo sind wir? Das ist doch eine ländliche Gegend.“
    Er trat auf das Bremspedal, griff an ihr vorbei und stieß die Tür auf. „Raus!“
    Silvia starrte ihn verständnislos an. „Was soll das?“ stammelte sie. „Rick, was ist los? Etwas stimmt nicht mit dir.“
    „Raus!“
    „Rick, ich verstehe nicht.“ Sie rückte von ihm ab. Ihre Zehen berührten den Boden. „Stimmt etwas mit dem Wagen nicht? Ich dachte, er sei in Ordnung.“
    Sanft schob er sie nach draußen und schlug die Tür zu. Der Wagen sprang nach vorn, hinein in den Strom des

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