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Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition)

Titel: Eine Handvoll Leben: Meine Kindheit im Gulag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dahlhoff
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ich die Schläge überlebt hätte. »Sie soll lernen, dass man nicht klaut«, hatte der Pflegevater gesagt, bevor er die Küche verließ.
    Wie so oft, wenn mich der Pflegevater gezüchtigt hatte, quälten mich in der Nacht heftigste Albträume. Erst gegen Morgen ließen mich die furchtbaren Bilder los, mein Rosenhügel, der sich plötzlich in einen Misthaufen verwandelte, weiße Fischaugen, die mich anstarrten, dann waren es plötzlich angstgeweitete Kinderaugen. Waren es meine Augen? Leichenberge im Schnee und dazwischen immer wieder der Siebenzagel, der auf mich hinunterschwang. Völlig kraftlos stand ich auf und schleppte mich in die Küche, um mein Kätzchen zu streicheln, das nachts auf der Ofenbank schlief. Ich erzählte ihm von meinem Rosenhügel und dass ich dort ein Versteck hatte, das ich ihm gern einmal zeigen wolle. Und ich wollte auch unbedingt nachschauen, ob mein Hügel noch da war. Doch das kleine schwarze Knäuel hob nur kurz den Kopf und rollte sich wieder zusammen. Da lief ich im Nachthemd und barfuß allein zu meinem Versteck auf dem Hügel. Flink kletterte ich hinauf.
    Ob die Walnüsse, die ich für den Winter gesammelt hatte, auch noch da waren? Mit der Hand langte ich in meine Höhle, die ich bereits so tief ausgegraben hatte, dass ich bald ganz hineinpassen würde. Vorsichtig tastete ich die Erde ab, und ja, da lagen meine Vorräte noch.
    Eine ganze Weile blieb ich dort oben, schaute zum grauschwarzen Himmel hinauf und hoffte, einen Stern zu sehen. Doch es war kein einziger Lichtfleck am Himmel auszumachen.
    Mit dem Übergang zum Winter war ich nur noch selten zum Spielen draußen, was mir ganz recht war, denn die Kinder hatten irgendwann begonnen, mich zu hänseln. »Monika, wo kommst du denn her? Dich hat der Esel im Galopp verloren!«, riefen sie, und dann lachten alle.
    In der kalten Jahreszeit fühlte ich mich noch einsamer als sonst. Vielleicht gefielen mir deshalb die Kirchbesuche so gut, zu denen ich jetzt immer mitgenommen wurde. Eines Sonntagmorgens hatte mir der Pflegevater gesagt, sie wüssten nicht, ob ich schon getauft sei, aber sie wollten mich Weihnachten mit zur Messe nehmen. »Du wirst vorher noch katholisch getauft werden, und der Pfarrer freut sich, wenn du den Gottesdienst jetzt schon besuchst.« Da wir während der Mahlzeiten nicht reden durften, nickte ich nur. Und die Pflegeeltern unterhielten sich weiter, so als wären wir Kinder gar nicht da, selbst als es noch einmal um mich ging. »Monika ist letzte Nacht wieder schlafgewandelt. Ich habe sie in der Küche am Fenster gefunden. Ich glaube, sie ist mondsüchtig.«
    »So ein Unsinn«, sagte der Pflegevater. »Aber wir sollten uns etwas überlegen. Nicht, dass sie noch aus dem Fenster steigt.«
    In dieser Woche fiel der erste Schnee. Ich lief zu Tante Frieda, die allein in ihrer großen Küche war, und bemerkte schon an der Tür den herrlichen Geruch. Es war der Duft von Äpfeln, die im Ofen brieten. »Sind das die roten Äpfel von meinem Lieblingsbaum?«, fragte ich sofort.
    Und Tante Frieda lachte. »Na, dich kann man ja gar nicht überraschen«, sagte sie.
    »Also stimmt es? … Und dann … dann hab ich heute Geburtstag? Machst du deshalb die Äpfel?«
    »Meinst du denn, dass du wirklich Geburtstag hast, wenn die roten Äpfel reif sind?«, fragte mich Tante Frieda und schaute mich für einen Moment ernst an.
    »Aber ja, ich habe von meiner Oma immer rote Äpfel zum Geburtstag bekommen. Immer.«
    »Na, dann wünsche ich dir alles Gute zum Geburtstag, mein liebes Kind.« Tante Friedas Stimme klang feierlich, und sie nahm mich in den Arm.
    Ich bedankte mich. »Mutti glaubt mir nämlich nicht«, sagte ich noch.
    »Weißt du was, jetzt haben wir beide ein Geheimnis. Nur wir beide kennen deinen wahren Geburtstag. Und jetzt werden wir einen schönen roten Apfel aus dem Ofen essen, und das werden wir niemandem erzählen.« Sie legte ihren Zeigefinger für einen Moment an ihre Lippen.
    Dieser heimliche Geburtstag mit Bratapfel machte mich glücklich und traurig zugleich, denn ich musste an Mama und Oma und Opa denken und an früher und bekam Sehnsucht nach meiner Familie. Tante Frieda schien das zu spüren und strich mir über die Haare. »Die sind aber schön gewachsen, bald kann Mutti dir bestimmt Zöpfe flechten.«
    »Mmmh. Mein Papa hat mich früher immer blondes Engelchen genannt. Ich hatte blonde Locken. Aber die sind gar nicht mehr da.«
    »Das passiert oft, dass die Haare dunkler werden und die Kinderlocken

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