Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
Glück dieser Welt wünschen. Harry war immer ein sehr sympathischer Zeitgenosse.« Ihr Vater zögerte. »Der junge Marquess ist nicht ganz so leicht zu durchschauen.«
Das beschreibt ihn perfekt, dachte sie. Nichts an ihrem Ehemann war leicht. Ihr Vater hatte Harry bei seinem Vornamen genannt, während er von Michael Hepburn nur vom »jungen Marquess« sprach. Ihr suchender Blick glitt bestimmt zum hundertsten Mal an diesem Abend über die Menschenmenge. Sie erblickte den großen Mann, der sich mit leichtfüßiger Grazie zwischen den Tanzenden bewegte. Sein kastanienbraunes Haar und die klaren Gesichtszüge wirkten seltsam vertraut. Selbst inmitten der zahlreichen Gäste stach er hervor, und das lag nicht nur an seinem guten Aussehen. Es lag auch an seiner Haltung, denn er trug eine Selbstsicherheit zur Schau, von der sie nicht wusste, ob er sie bewusst einsetzte. Auf jeden Fall war diese Ausstrahlung da. Vielleicht war es auch diese ganz besondere Klugheit in seinem Blick, wenn er direkt durch sie hindurchblickte mit seinen lebendig funkelnden Augen.
Als hätte er ihren suchenden Blick gespürt, drehte er sich zu ihr um, und ihre Blicke trafen sich für einen beredten Augenblick. Eine Welle aus Hitze stieg in ihre Wangen auf, und in ihrem Magen regte sich etwas, das nur ein Anflug von Panik sein konnte. Und als könnte es nicht schlimmer kommen, hörte die Musik in diesem Moment auf, und er trat durch die Menge gezielt auf sie zu.
Wenn Michael Hepburn mit dieser Entschlossenheit ausschritt, traten die Leute stumm beiseite.
Sie verspürte kurz den feigen Impuls, sich auf dem Absatz umzudrehen und wegzulaufen. Aber sie blieb stehen, obwohl sie unwillkürlich den Arm ihres Vaters fester packte.
Ihr Mann nickte seinem Schwiegervater zu, ehe er sanft, aber bestimmt ihre Hand vom Ärmel ihres Vaters löste. »Es wird allmählich spät, und du hattest bisher noch nicht mal Gelegenheit, dich zwischendurch hinzusetzen.«
Diese Fürsorglichkeit war ja ganz nett, aber sie bedeutete auch, dass er die ganze Zeit auf sie aufgepasst hatte. Ihr Magen machte einen unangenehmen Satz. Wenn er sie beobachtet hatte, war es ihr die ganze Zeit entgangen.
Wie auch immer, obwohl er es nicht laut ausgesprochen hatte, wusste sie, dass sie sich nun zur Ruhe begeben würden. Sie spürte seine langen, eleganten Finger, die ihre Hand besitzergreifend umschlossen. Es kam ihr unmöglich vor, dass sie überhaupt noch irgendetwas vermochte, aber sie nickte zustimmend.
»Ich bringe dich nach oben.«
O Gott.
» Wir sehen uns bald, mein Liebling.« Ihr Vater küsste sie zum Abschied auf die Wange und ging.
Sie merkte kaum, wie er sich diskret zurückzog. Im Grunde war das Verschwinden ihres Vaters bezeichnend für die veränderten Umstände. Jemand anderes hatte nun die Verantwortung für sie übernommen. Julianne leistete keinen Widerstand, als Michael sie durch das Gedränge führte, und sie schien angemessen auf die Glückwünsche zu reagieren, die man ihnen auf ihrem Weg durch die Reihen der Tanzenden zurief, obwohl sie nicht wusste, mit welchem Wortlaut sie antwortete.
Sobald sie den Ballsaal verlassen hatten und in der Eingangshalle standen, hörte sie, wie Michael tief durchatmete. »Was für ein Gedränge! Ich bin nicht sicher, was sich meine Mutter dabei gedacht hat, als sie ganz London eingeladen hat.«
Seine Worte ließen sie nervös lachen. »Ich vermute, wir sollten uns geschmeichelt fühlen, weil so viele an der Hochzeit teilgenommen haben.«
»Wahrscheinlich.« Er führte sie einen mit glänzendem Marmor ausgelegten Korridor entlang und nickte einem Lakaien zu, der ihnen entgegenkam.
»Du brauchst mich nicht nach oben zu bringen.« Julianne spürte seine Hand, die sich jetzt fest gegen ihr Kreuz drückte und keinen Widerspruch duldete.
Ein rätselhaftes Lächeln umspielte seinen Mund. »Woher willst du wissen, wo unsere Gemächer sind? Dieses Haus ist eine prahlerische Meisterleistung meiner Vorfahren. Ich glaube, es gibt über dreißig Schlafzimmer. Du würdest dich verlaufen. Mir ist das schon oft genug passiert, weil ich nicht allzu häufig hier bin.«
Das war ein Argument, dem sie nichts entgegensetzen konnte. Aber … unsere Gemächer?Das klang so endgültig.
Ihr Mund wurde trocken. »Ein Diener könnte mich …«
»Vermutlich.« Er schnitt ihr das Wort ab. »Aber ich wollte diese Feier hinter mir lassen, mindestens so sehr wie du. Lass mich dich nach oben begleiten, dann können wir beide entkommen. Ich fürchte,
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