Eine heißblütige Lady: Roman (German Edition)
fasst. Du wirst es aus tiefem Herzen hassen, aber es wird trotzdem passieren.«
Er stand auf, die Nachricht in der Hand. Mit einem gleichgültigen Lächeln erwiderte er: »Danke, dass du mir dieses Kommuniqué gegeben hast. Ich werde es dich wissen lassen, ob ich etwas herausfinde.«
Früher hatte eine Woche ihr nichts bedeutet. Sieben Tage, die gewöhnlich mit allzu banalen Tätigkeiten vergingen. Aber jetzt war es anders, fand Julianne. Sie saß an ihrem Toilettentisch und hielt gedankenverloren die Bürste in der Hand. Sie war nun seit einer Woche verheiratet und war sich nur allzu sehr jeder einzelnen Minute bewusst, die bei Tageslicht verstrich. Das gehörte wohl dazu, wenn man sich an den Rhythmus in einem neuen Haushalt gewöhnte. Southbrook House war in vielerlei Hinsicht wirklich erstaunlich. Sowohl der Duke als auch die Duchess hatten sie voller Wärme im Haus willkommen geheißen. Aber Michael war in dieser Hinsicht ganz anders.
Sie sah ihren Ehemann nur sehr selten. Wenn sie ehrlich war, musste sie zugeben, dass sich ihr sogar der Gedanke aufdrängte, er könne ihr aus dem Weg gehen. Nur zweimal hatte er sich zum Mittagessen zu ihnen gesellt. Das Dinner war stets eine förmliche Veranstaltung, und meist kamen einige Gäste, weshalb man sich nur höflich unterhielt. Obwohl er sie einige Male zu gesellschaftlichen Ereignissen begleitet hatte, war es für Eheleute in ihren Kreisen meist schicklich, getrennte Wege zu gehen. Er hatte sich bei den Gesellschaften zumeist entschuldigt und war in einem der Spielzimmer verschwunden.
Wenn die Dunkelheit kam, war es etwas anders. Er hatte sie bisher jede Nacht mit in sein Bett genommen, und sie glaubte , es müsse ihn doch zumindest in sexueller Hinsicht befriedigen. Aber wenn sie ihn richtig einschätzte, ging es ihm lediglich darum, so schnell wie möglich einen Erben zu zeugen. Es war ungerecht, weil sie nicht wusste, wo der Unterschied zwischen Pflicht und Leidenschaft lag, und sie konnte ihn auch schlechterdings danach fragen. Er war kein Mann, der dazu einlud, ihn mit intimen Fragen zu bestürmen.
Julianne betrachtete nachdenklich ihr Spiegelbild. Das Haar umfloss ihr Gesicht und fiel über ihren Rücken. Die Augen wirkten im Licht der Kerzen besonders groß und dunkel. Das Nachthemd, das sie an diesem Abend trug, war von einer französischen Schneiderin entworfen worden und entblößte ihre nackten Schultern. Es war kaum mehr als ein Hauch aus Stoff, und obwohl sie sich größte Mühe gab, möglichst gewandt und gefasst zu wirken, ließ der Umstand, dass sie fast nichts am Leib trug, ihre Wangen erröten. Der Ausschnitt war so tief, dass ihre Brüste fast herausfielen, und nur ein zartes Satinband hielt es vorne zusammen. Es war eigentlich das Nachthemd, das sie in ihrer Hochzeitsnacht hätte tragen sollen, doch da hatten ihr der Mut und das Selbstvertrauen gefehlt, es anzuziehen. Sie hatte sich dann lieber für ein schlichtes Hemd entschieden, das sie gewöhnlich trug.
Wenn es eines provozierenden Nachthemds bedurfte, damit er sie nicht länger nur als eine Verpflichtung betrachtete, die sein Titel mit sich brachte, wollte sie diesem eine Chance geben.
Sogar trotz ihrer Unwissenheit als junge Braut begriff sie allmählich einige Dinge. Zunächst wusste sie, dass Michaels Distanziertheit Absicht war. Nun, sie hatte ja nicht unbedingt erwartet, dass er direkt vor ihr auf die Knie sank … Wenn sie ehrlich war, wusste sie nicht, was sie von ihrer Ehe erwartet hatte. Aber dieser große Aufwand, den er betrieb, um sie auf Abstand zu halten, war es sicher nicht.
Michael wollte nichts mit ihr zu tun haben. Nur im Schlafgemach war sie ihm willkommen. Wenn er es genoss, seine ehelichen Rechte auszuüben, schien dies der richtige Ort zu sein, wenn sie versuchen wollte, seine Gleichgültigkeit zu durchbrechen.
Wenn er es ihr erlaubte.
Es störte sie, wie sehr er sich unter Kontrolle hatte. Nein, es störte sie sogar sehr .
Sie wusste nichts über ihn. Sie wusste nur, wie zärtlich er sie berührte und wie liebevoll er mit ihr schlief.
Ein Geräusch aus dem angrenzenden Raum ließ sie in der Bewegung erstarren, die Bürste noch in der Hand. Sie hörte seine Stimme und die Antwort seines Butlers, die durch die dicke Holztür zu ihr drangen, obwohl sie nicht verstehen konnte, was die beiden sagten. Sie saß einfach da, und beim Gedanken an das, was nun folgte, erfasste sie ein unwillkürliches Beben.
Als die Tür sich leise öffnete, saß sie noch immer vor
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