Eine hinreißend widerspenstige Lady
brachte ihn mit beherztem Ruck erneut zu Fall. Wild um sich schlagend und nach allen Seiten austretend, versuchte der Mann, sich wegzurollen. Rupert setzte ihm unsanft den Ellenbogen an die Stirn und das Knie in den Rücken und drückte ihn fest auf den Boden.
„Achtung!“, schrie Mrs. Pembroke.
Rupert duckte sich, doch etwas traf ihn hart an der Schläfe. Er sah Sterne flimmern und einen weiteren Übeltäter, der mit erhobenem Messer auf ihn zustürzte. Rupert brachte auch ihn zu Fall, und inmitten klirrend zu Bruch gehender Fayencen wälzten sie sich auf dem Boden.
Auf einmal erschien wie aus dem Nichts noch eine Gestalt, und von irgendwoher rief eine Stimme etwas auf Arabisch.
Während Rupert auf einen der Angreifer einschlug, sah er aus den Augenwinkeln, dass Mrs. Pembroke etwas vom Boden aufhob und sich ins Geschehen stürzte.
So rasch war es geschehen, dass er nicht hatte sehen können, was sie genommen hatte, doch er hörte einen der Männer jaulend und ohne seinen Turban davonstolpern. Er hielt sich den Kopf.
Einen großen Gegenstand hoch erhoben, eilte sie ihm hinterher, und der Mann nahm flugs Reißaus. Dann spürte Rupert einen Schlag auf den Hinterkopf. Hell blitzte es aus dem Dunkel auf. Der Boden tat sich unter seinen Füßen auf, und kopfüber stürzte er hinab.
Dann gingen die Lichter aus.
Langsam wurde es wieder Licht. Rupert roch Weihrauch und Ambra und noch etwas, an das sein Verstand sich dunkel als sie erinnerte. Sein Kopf lag in weiblich duftende Weichheit gebettet. Keinen Pulsschlag später wurde ihm bewusst, dass er am Busen einer Frau lag. Und die sanfte Berührung an seiner Wange war das Streicheln einer weichen, glatten Frauenhand. Ihre Hand. Der Geruch kam gewiss auch von ihr. Weihrauch. Göttinnenduft.
„Mr. Carsington, sprechen Sie mit mir“, sagte Mrs. Pembroke.
Er wollte lieber nicht sprechen. Er wollte einfach so liegen bleiben, an ihren weichen Busen gebettet, und ihren göttlichen Duft atmen, derweil sie ihm sanft die Wange streichelte.
„Mr. Carsington.“ Die Hand hörte zu streicheln auf und klopfte mit zunehmender Ungeduld seine Wange.
Da er sich erinnerte, wie leicht sie in Rage zu versetzen war, wusste er, dass das Klopfen sich bald zu Schlägen steigern würde, und so schlug er die Augen auf und begegnete ihrem grünen Blick, aus dem Angst und Wut zugleich sprachen.
„Wo bin ich?“, fragte er, obwohl er das natürlich ganz genau wusste. Hinhaltetaktik. Ihr Busen war ein wunderbares Ruhekissen. Er wollte sich nicht davon erheben.
„Auf dem Boden in Vanni Anaz’ Lagerraum“, erwiderte sie. „Sie sind in Ohnmacht gefallen.“
„In Ohnmacht gefallen?“, wiederholte er ungläubig. „Einen Schlag auf den Kopf habe ich bekommen. Ich sollte es wissen -es ist mir schon oft genug passiert.“
„Das würde so einiges erklären“, meinte sie und machte Anstalten aufzustehen. Da er ahnte, dass sie keinerlei Skrupel hätte, seinen armen, geschundenen Kopf auf den Boden knallen zu lassen, setzte er sich rasch auf.
Er sah sich um. Tonscherben und kleine Figürchen lagen überall verstreut. Neben ihm lag die Skulptur eines Falken, fast einen halben Meter hoch. Er griff danach und wog sie prüfend in der Hand. Sie war aus glänzend poliertem schwarzem Stein und sehr schwer. Damit hatte Mrs. Pembroke den Schurken attackiert.
„Eine der Verkörperungen des Gottes Horus“, erklärte sie. „Das Erstbeste, was mir in die Finger kam und einigermaßen Schaden anrichten würde. Diese kleinen Figuren sind zwar niedlich, aber zum Zuschlagen nicht zu gebrauchen.“
Die bemalten Holzfiguren ähnelten jenen, die er bei ihr zu Hause gesehen hatte. Er hob eine auf. „Was sind das? Puppen? Gottheiten?“
„Niemand weiß es“, sagte sie. „In den Grabstätten findet man sie zuhauf. Ansonsten nur Tonscherben und Mumien - die meisten Schätze dürften schon vor Urzeiten geplündert worden sein.“
„So viele Geheimnisse“, sinnierte er, steckte sich die kleine Figur in die Jackentaschen und stand auf. „Wie es scheint, wird Vanni Anaz die seinen bis zum Jüngsten Gericht bewahren.“
„Nicht alle“, sagte Mrs. Pembroke. „Während Sie blindlings die Mörder verfolgt haben - ohne auch nur die geringste Vorstellung zu haben, mit wie vielen Sie es zu tun hatten -, habe ich mich vergewissert, ob er noch lebte. Was er noch tat. Bevor er starb, sagte er: ,Cherchez Ramses.' Zumindest glaube ich, dass er das gesagt hat.“ Ihre Stimme brach.
Nun erst bemerkte Rupert
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