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Eine Hochzeit im Dezember: Roman (German Edition)

Eine Hochzeit im Dezember: Roman (German Edition)

Titel: Eine Hochzeit im Dezember: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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winkte dem Kellner, ihm noch ein Glas zu bringen.
    »Was ist aus seiner Frau geworden?« fragte Jerry.
    Agnes spürte die Spannung aller am Tisch. Harrison starrte, das Kinn in die Hand gestützt, zum Fenster hinaus. Jerry saß mit aufgestützten Ellbogen vorgebeugt am Tisch und hörte gespannt zu. Rob warf Josh einen Blick zu, als wollte er sagen: Ich erklär’s dir später . Und Nora, die immer so ruhig wirkte, kaute am Fingernagel. »Weg«, sagte sie. »Sie ist nach Stephens Tod gegangen, glaube ich.«
    Agnes begann, ihren Fisch zu essen. Die Soße war ausgezeichnet. Die körnige Beilage (ein besonderer Reis?) schien grün zu sein, mit Sicherheit war es bei der dämmrigen Beleuchtung allerdings nicht zu sagen.
    »Weiß jemand, was aus dem alten Fitz geworden ist?« Robs Frage bezog sich auf ihren ehemaligen Kunstlehrer. »Er hat mitten in unserem letzten Jahr alles hingeschmissen und ist gegangen.«
    »Jim Mitchell hat mir einmal erzählt, er hätte aufgehört, weil er das Gefühl hatte, er müßte unbedingt malen«, sagte Agnes.
    »Bilder, meinst du?« fragte Jerry.
    »Etwas in der Art«, sagte Agnes.
    »Und?« fragte Jerry.
    »Er konnte nicht davon leben. Keine Galerie wollte ihn haben. Nach dem, was ich zuletzt gehört habe, unterrichtet er in Nyack, New York.«
    »Wow«, sagte Rob, und es klang irgendwie dumpf und leer.
    »Hey, Leute«, rief Jerry lebhaft. »Wißt ihr noch, wie Mr. Mitchell uns dabei erwischt hat, wie wir nach dem Training hinter der Sporthalle Gras geraucht haben?«
    »Ganz genau«, sagte Harrison.
    »Wer war alles dabei?« fragte Jerry. »Du, ich, Rob, Bill«, Jerry fielen plötzlich Melissa und Matt ein, die am Tisch saßen, und er korrigierte sich hastig. »Nein, du nicht, Bill.«
    Bill lachte leise.
    »Aber Stephen«, fuhr Jerry fort. »Der war dabei, oder?«
    »Stephen war dabei, ja«, sagte Harrison leise.
    »Wir haben den Rauch runtergeschluckt und uns auf die Stummel gestellt. Aber Mitchell wußte, was los war.«
    »Natürlich wußte er es«, bestätigte Harrison.
    »Ja«, sagte Jerry bewundernd. »Mitchell war klasse. Hat nie ein Wort gesagt. Sie hätten uns rausschmeißen können.«
    »Ganz sicher.« Harrison trank einen Schluck Wein. »So nah dran war ich nie.«
    Sag’s ihnen jetzt , dachte Agnes. Sie spürte den Druck, der sich in ihr aufbaute.
    »Es war ausgesprochen dumm«, sagte Harrison. Er drehte sich demonstrativ zu Matt. »Rauch niemals Marihuana«, fügte er hinzu, und Agnes hatte den Eindruck, er wäre vielleicht ein wenig betrunken.
    »Auf dem Schulgelände«, sagte Rob.
    »Gleich nach einem Spiel«, sagte Jerry.
    »Wenn ein Lehrer in der Nähe sein könnte«, warnte Harrison.
    »Ach ja, Mitchell«, sagte Jerry seufzend. »Der war klasse.«
    »Ich liebe ihn«, sagte Agnes.
    Die Handgelenke gegen die Tischkante gestemmt, wartete sie auf den Ausbruch, der jetzt kommen mußte.
    »Wir haben ihn alle geliebt«, sagte Harrison beiläufig. »Er hat dein Abschlußprojekt betreut, nicht? Es muß toll gewesen sein, ihn als Kollegen zu haben.«
    »Nein, ich meine, ich liebe ihn.« Agnes war sich bewußt, daß sie damit ihr Schicksal besiegelte, daß es nun kein Zurück mehr gab, daß sie Jims Geheimnis verriet und ihn vielleicht nie wiedersehen würde (und erleichterte das nicht auch ein bißchen?).
    »Was?« fragte Jerry.
    Agnes hob den Kopf. »Ich liebe ihn«, sagte sie. »Schon immer.«
    Sie registrierte den Moment des Begreifens. Wie Jerry vor Überraschung den Atem anhielt. Harrison skeptisch den Kopf zur Seite neigte. Rob bedächtig nickte.
    »Das ist doch wunderbar«, sagte Nora, nachdem es lange still geblieben war.
    »Nein«, widersprach Agnes. »Ist es nicht.«
    Es war so still im Zimmer, daß Agnes Stimmen aus dem Raum nebenan hören konnte. Ein Mann sprach von einem Lexus. Eine Frau sagte das Wort »Anichini«.
    »Matt?« rief Nora über den Tisch. »Du und Brian braucht nicht mit uns Alten herumzuhängen, wenn ihr wieder runtergehen und Pool spielen wollt.«
    »In Ordnung.« Matt hatte offensichtlich nur auf eine Gelegenheit gewartet, verschwinden zu können.
    »Ich glaube, ich sehe mal nach Mam«, sagte Bridgets Schwester.
    »Prima«, sagte Bridget. »Ich komme auch bald rauf.«
    Matt sah Melissa an. »Kommst du mit?« fragte er seine neue Stiefschwester.
    Melissa zuckte mit den Schultern. »Ich bin nicht besonders gut«, sagte sie.
    »Das sind wir auch nicht«, versetzte Matt.
    »Echt überhaupt nicht gut«, versicherte Brian lächelnd.
    »Na gut«, sagte

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