Eine Hochzeit im Dezember: Roman (German Edition)
offenen Zimmertür aus. Lucas antwortete schlaftrunken. Bridget sagte sich erleichtert, daß Lucas schon dafür sorgen würde, daß Matt aufstand und unter die Dusche ging, ihr also diese Mühe erspart bliebe – ein unerwartetes Glück am Montagmorgen. Aber zwanzig Minuten später kam Lucas verlegen und immer noch verschlafen allein zum Frühstück herunter. Bridget machte sich Vorwürfe, daß sie am Abend nicht aufgeblieben war, um dafür zu sorgen, daß die Jungen rechtzeitig ins Bett kamen.
»Wo ist Matt?«
»Er will nicht aufstehen.«
»Im Ernst?«
»Ich kriege ihn nicht aus dem Bett«, war das einzige, was Lucas sagte. Er vermied es, den gebratenen Schinkenspeck auch nur anzusehen.
»Geht’s dir gut?« fragte sie, und er antwortete mit einem Schulterzucken. Sie nahm an, er komme morgens genauso schlecht in die Gänge wie ihr Sohn.
Wieder stieg Bridget die Treppe hinauf. Sie ging in Matts Zimmer. Matt war nicht in seinem Bett. Sie rief ihn, sah im Badezimmer nach und kehrte in sein Zimmer zurück. Erst da bemerkte sie auf dem Teppich, inmitten eines Durcheinanders von Jeans, T-Shirts und Videospielen, ein eingetrocknetes Häufchen Erbrochenes. Wieder rief sie den Namen ihres Sohnes und ging weiter ins Zimmer hinein, um zwischen die Betten sehen zu können. In Unterhose und T-Shirt lag Matt auf der Seite da, die Füße in seiner verwurstelten Jeans, als hätte er versucht, sich anzuziehen. Erschrocken rief Bridget ihn von neuem. Sie kniete neben ihm nieder und versuchte ohne Erfolg, ihn zu wecken. Angst durchzuckte sie vom Kopf bis zu den Füßen. Hatte Matt einen Anfall gehabt?
Sie rannte zur Treppe und rief Lucas, um sich von ihm sagen zu lassen, was er und Matt getrieben hatten, aber Lucas war, wie sich später herausstellte, bereits unterwegs zur Schule. Sie rief bei der Notrufzentrale an, kehrte in Matts Zimmer zurück und fühlte seinen Puls, der raste. Ihr Sohn roch nicht nach Alkohol, sowohl die Rettungssanitäter als auch die Polizeibeamten stellten das verwundert fest und fragten wiederholt, ob ihr Sohn zu Anfällen neige. Bridget dachte über Gründe nach, die bei einem Fünfzehnjährigen zu einem Anfall führen könnten, und keiner kam in Frage. Die Sanitäter legten Matt auf eine Trage und brachten ihn zum wartenden Rettungswagen hinaus.
Zwei Polizeifahrzeuge und ein Rettungswagen standen mit blinkenden Lichtern vor ihrem Haus, ein kleiner Zirkus, der garantiert die Nachbarn an die Fenster locken würde. Es regnete leicht, und Bridget, die jetzt zitterte, sorgte sich um Lucas. Sie bat einen der Polizeibeamten, die Suche nach dem Jungen aufzunehmen.
Sie setzte sich vorn in den Rettungswagen. Ohne Sirenengeheul fuhren sie zum Krankenhaus, die Stille wirkte auf sie abwechselnd beängstigend und beruhigend. Durch die schmale Öffnung zum rückwärtigen Teil des Wagens beobachtete sie, wie einer der Sanitäter kräftig Matts Brustbein rieb und es schaffte, den Jungen so lange wach zu bekommen, daß er etwas sagte, aber es war ein Wort, das Bridget nie aus seinem Mund gehört hatte. So absurd es war, sie hätte ihn beinahe getadelt. Noch ehe sie das Krankenhaus erreichten, erfuhr der Fahrer des Wagens über Funk, daß Lucas auf dem Weg zur Schule aufgegriffen worden war und gestanden hatte: Er und Matt hatten zusammen eine Flasche Wodka ausgetrunken, die, nach einem kleinen Sommerfest übriggeblieben, seit Monaten bei Bridget im Kühlschrank gelegen hatte. Die Flasche war zu einem Stück Kühlschrankinventar geworden, das sie gar nicht mehr wahrgenommen hatte. Lucas behauptete, er und Matt hätten gleich viel getrunken, aber Bridget fragte sich, wieso Lucas dann noch fähig gewesen war, zur Schule zu gehen, und Matt nicht. Sie hatte den Verdacht, daß die ganze Sache Matts Idee gewesen war, sein Freund konnte ja vom Wodka im Kühlschrank nichts gewußt haben. Na ja, er konnte ihn auf der Suche nach einem Eis oder einer Limonade entdeckt haben, doch welcher Junge hätte die Dreistigkeit besessen, ihn herauszuholen? Aber möglich war ja offenbar alles. Wer hätte gedacht, daß zwei Fünfzehnjährige an einem Sonntagabend auf die Idee kommen würden, sich sinnlos zu betrinken?
Im Krankenhaus wurde sie von Matt getrennt. Bridget setzte sich in einen Warteraum mit Fernsehgeräten in allen vier Ecken, in denen flotte Vormittagssendungen liefen. Als sie endlich zu Matt durfte, lag er in einem Krankenhaushemd im Bett, ohne Bewußtsein, an mehrere Monitore angeschlossen. Man hatte ihm am Handrücken
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