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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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weißt, so hast du sie immer aufgeweckt, als sie noch klein waren.«
    »Ich habe sie nie gesehen, als sie klein waren. Ich war hier, ganz allein. Ich habe ihre ganze Kindheit verpaßt.«
    »Jetzt übertreib doch nicht so, Salva. Weck sie nicht auf.«
    Er hatte das Licht nicht angemacht, war an der Tür stehengeblieben und hatte auf ihr Atmen gelauscht. Er hatte sogar der Versuchung widerstanden, Totò in den zerwühlten Decken wieder richtig zuzudecken, da es sowieso viel zu heiß war.
    Man glaubte, man könne ihnen helfen, sie beschützen, aber dann mußte man erkennen, daß man überhaupt nichts ausrichten konnte. Sie waren nicht ›deine Kinder‹, sie waren nichts weiter als andere Menschen. Es würde überhaupt keinen Unterschied machen, wenn man nicht da war. Jedesmal, wenn wieder das Licht eines Blitzes durch das Zimmer zuckte, wirkte es wie ein Signal zum Abspielen der immer gleichen Szene in seinem Kopf. Totò, wie er auf ihn zustürmte und rief: »Wo hast du bloß gesteckt?« Jedesmal öffnete er die Arme, wollte seinen kleinen, lachenden Jungen auffangen und im Kreis herumschwingen. Aber jedesmal stürmte Totò an ihm vorbei, nahm ihn gar nicht wahr.
    Er beschloß, nicht aufzustehen, er würde sie nur stören. Teresa hatte schon recht.
    »Sprich ihn bitte nicht darauf an. Versprich es.«
    Als der nächste Blitz den Raum erhellte, wanderten seine Gedanken unwillkürlich zu Esposito, dem einzigen Thema, das er gänzlich ausblenden mußte, wenn er in dieser Nacht überhaupt noch ein Auge zumachen wollte. Sein erster Name war Lorenzo. Seine Mutter nannte ihn Enzo. Sie war Witwe, klang aber jung und fröhlich. Frauen kamen ganz gut damit klar, wenn die Männer ihnen nicht mehr im Wege herumstanden. Er würde ohne Teresa nicht klarkommen.
    Die kranke Mutter, das war gelogen und würde gegen ihn verwendet werden. Vielleicht konnten sie beweisen, daß er in ihrer Wohnung gewesen war, vielleicht aber auch nicht. Der dna -Test würde zeigen, ob er der Vater des Kindes war. Es gab die Fotos, es gab Zeugen. Dieses Restaurant war gestern nacht gestopft voll gewesen, Japaner aus der Modebranche, die zur Herrenmodemesse gekommen waren. Der Besitzer hatte Esposito auf dem Foto sofort wiedererkannt. Morgen würde er Peruzzi, Lapo und all die anderen noch einmal aufsuchen müssen.
    Natürlich glaubten sie, daß er Peruzzi beschuldigt hatte, um Esposito zu schützen. Wir stellen uns alle vor unsere Leute, wie Lapo richtig bemerkt hatte. Bis zu jenem Moment hatte er sich so hilfsbereit und so diskret gezeigt, hatte es vermieden, Espositos Namen zu erwähnen, hatte ihm vertraut. »Was für eine scheußliche Geschichte, insbesondere für Sie! Sie werden Ihren Job schon korrekt erledigen«, mehr hatte er nicht gesagt. Peruzzi, der trotz seines Kummers versprochen hatte, nicht mit den Journalisten zu reden. Sie hatten versucht, ihm zu helfen, und er hatte es nicht kapiert. Lange Zeit blieb der Maresciallo mit Lorenzini hinter verschlossener Tür sitzen, sprach mit ihm noch einmal alles durch, zuerst die Reihenfolge der Ereignisse, so gut es ohne die genaue Todeszeit ging, dann all die Informationen, die er bei seinem Besuch auf der kleinen Piazza nicht richtig eingeordnet hatte, Bemerkungen, die damals keinen Sinn ergeben hatten.
    »Aber wie können Sie so sicher sein? … Aber natürlich, Sie müssen es wissen, wer sonst! Ich hätte schwören können, daß sie verliebt war … sie war verliebt … das Baby, das hätte den Ausschlag gegeben.«
    »Ich hätte viel für sie tun können. Wir hatten schon Pläne gemacht. Hat er Ihnen davon erzählt?«
    »Nein, das hat er nicht, weil …« Er rollte sich wieder in die feuchten, zerknitterten Laken, hielt es dann aber doch nicht aus und stand auf. Weil er mir nicht vertraut hat. Weil ich schwer von Begriff bin. Meine eigene Frau will nicht, daß ich meinen Söhnen zu nahe komme, weil ich sie ja doch nur aufrege. Wenn es ihr gelungen wäre, mich von Esposito fernzuhalten, säßen wir jetzt vielleicht nicht in diesem Schlamassel. Nein. Was für ein Blödsinn! Da war das japanische Mädchen ja schon tot. Und davor war es mit Esposito gut gelaufen.
    Lorenzini hatte sich die Männer vorgenommen, sie nach Espositos Freundin befragt, ohne ihnen den Grund dafür zu nennen. Di Nuccio nahm er besonders ins Gebet, weil er auch aus Neapel kam und behauptet hatte, Esposito sei verliebt. Aber er wußte nur, daß Esposito eine Zeitlang sehr oft ausgegangen war, sich immer ganz besonders dafür

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