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Eine Japanerin in Florenz

Eine Japanerin in Florenz

Titel: Eine Japanerin in Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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herausgeputzt hatte und daß es dann schlagartig aufhörte. Seine Behauptung sei reine Spekulation. Esposito hatte sich keinem von ihnen anvertraut. Er war Anwärter für die Offizierslaufbahn und ein Neuling dazu. Kaum anzunehmen, daß er Freundschaft mit den anderen Männern schloß. Lorenzini war sein direkter Vorgesetzter. Esposito wohnte hier in der Kaserne, weit weg von zu Hause und den alten Freunden. Er hatte niemanden hier. Der Maresciallo hätte dasein sollen. Der junge Mann war ihm anvertraut worden, und wenn er kein Vertrauen zu seinem Vorgesetzten hatte, dann hatte der Maresciallo versagt.
    »Ich koch dir Kamillentee.«
    Das Licht ging an.
    »Was?«
    »Salva, seit mehr als einer Stunde wanderst du hier in dem dunklen Zimmer auf und ab, und das Laken auf deiner Seite sieht aus, als hättest du eine Schlacht geschlagen. Mach das Bett, ich koche derweil den Tee. Soll ich einen Löffel Honig reintun?«
    »Ja und …«
    »Und was?«
    »Haben wir noch ein paar Kekse?«
     
    Am nächsten Morgen schüttete es noch immer. Der Maresciallo war den kurzen Weg bis zu der kleinen Piazza selbst gefahren. Die regennassen, schmutzigen Fahnen hingen schlaff an den Fenstern. Nur wenige Menschen waren unterwegs. Wenn er schon den ganzen Morgen damit zubringen mußte, sich zu entschuldigen, wollte er damit bei Santini, dem Restaurateur, beginnen und sich anschließend weiter hocharbeiten. Bis er bei Peruzzi ankam, würde er mehr wissen und besser vorbereitet sein. Ein kleiner Strahler erhellte Santinis Schaufenster, rückte einen mit Malereien verzierten Küchenschrank ins rechte Licht und einen alten Eimer, der mit frischen Blumen gefüllt war. Aber niemand erschien auf der Bildfläche, als die Türglocke den Maresciallo ankündigte.
    »Jemand zu Hause?«
    Das Licht in diesem Raum war so trübe wie der Tag. Ein Dutzend große bemalte Vasen standen auf einem langen Tisch. Und da war noch ein kleiner Schreibtisch, den der Maresciallo ein wenig genauer betrachtete, während er wartete. Er mußte schon sehr alt sein, denn in der Mitte und auf der rechten Seite waren deutliche Spuren zu erkennen, die darauf schließen ließen, daß jemand hier viele Stunden mit hochgelegten Füßen und einer Zigarre in der Hand zugebracht hatte. Ein Mann, der mit sich und der Welt im Einklang war. Der Maresciallo seufzte und rief noch einmal.
    »Jemand zu Hause?«
    Es war jemand da, er konnte Geigenmusik hören und Arbeitsgeräusche, jemand schmirgelte weiter hinten in der Werkstatt Holz ab, zumindest vermutete der Maresciallo das.
    »Kommen Sie später wieder. Ich habe zu tun.«
    Der Maresciallo kämpfte sich durch den mit Bilderrahmen vollgestellten Flur. Ein marmorner Waschtisch lehnte an der Wand. »Santini!«
    Der junge Restaurateur tauchte am anderen Ende des Flures in einem hell erleuchteten Rechteck auf. Die alten Sachen, die er bei der Arbeit trug, waren vollgekleckert mit Farbe und Politur, das lange, lockige Haar hatte er mit einem Stück Stoff zurückgebunden.
    »Ach, Sie sind’s.«
    Der Restaurateur wandte sich wieder der Schranktür zu, die er mit Schleifpapier bearbeitete, um die dunkelgrüne Farbe in den Ecken zu entfernen: Dunkelbraunes Holz kam zum Vorschein. Die Ankunft des Maresciallo quittierte er mit dem kommentarlosen Ausschalten des Radios.
    »Was kann ich für Sie tun?« erkundigte er sich in einem Ton, der mehr als deutlich machte, daß er dies, was immer es auch sein würde, keinesfalls zu tun beabsichtigte.
    Der Maresciallo folgte dem regelmäßigen Auf und Ab der Hand für ein Weilchen, während er nachdachte.
    »Santini, ich habe es einfach nicht gewußt«, sagte er schließlich und legte die Karten offen auf den Tisch.
    »Hääh?«
    »Das mit Esposito.«
    »Ach. So hieß er also.«
    »Glauben Sie mir?«
    Santini legte das Schleifpapier zurück in das Durcheinander auf die Werkbank und nahm den Putzlumpen in die Hand, der nach Terpentin roch. Schweigend rieb er damit an der Schranktür.
    »Und? Glauben Sie mir?« Der Maresciallo ließ nicht locker.
    Nach einer sehr langen Weile warf Santini den Lumpen schließlich zur Seite und sah ihn an.
    »Ja. Ich glaube Ihnen. Sie sind wahrscheinlich der einzige Süditaliener auf dieser ganzen Welt, dem ich glaube, und ich weiß wirklich nicht, warum, aber … Wenn Sie es wissen wollen, keiner von uns wußte irgend etwas, bis sie verschwunden war. Er ließ sich kaum blicken, und Akiko selbst war sehr schweigsam, was ihr Privatleben anging. Aber dann hat sich Peruzzi so

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