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Eine Jungfrau Zu Viel

Titel: Eine Jungfrau Zu Viel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gehüllt, mit langen, vollen Röcken und einer leichten Stola. Sie kam direkt auf mich zu und setzte sich neben mich. Ich bemerkte, dass sie einen Ehering trug.
    »Sie müssen Falco sein.« Ich antwortete nicht, schaute unbehaglich zur Seite und hoffte auf Verstärkung.
    Ihr ungeschminktes, aber vermutlich gut gepflegtes Gesicht hatte die Jugend zwar hinter sich, doch die Haut war noch straff. Bewegungseinschränkungen waren nicht wahrzunehmen. Graue Augen betrachteten mich unerschrocken und ein wenig herausfordernd. Sie fürchtete sich nicht vor Männern. Ich schätzte, dass sie sich nie vor irgendwas gefürchtet hatte. Aber andererseits ist Furchtlosigkeit eine Form von Wahnsinn. Und natürlich musste die Frau, die Ventidius Silanus umgebracht hatte, sowohl furchtlos als auch vollkommen wahnsinnig sein.

LIII
     
     
    Seltsamerweise wirkte sie völlig normal.
    Ihre Augen waren immer noch auf mich gerichtet, klar, gelassen, sichtbar intelligent. Frauen, die erfolgreiche Karrieren hinter sich haben, legen sich gewisse Manieren zu. Sie war gewöhnt, Entscheidungen zu treffen, sich zu äußern, Zeremonien anzuführen.
    Vielleicht hängt das vom jeweiligen Ausgangspunkt ab. Vielleicht sind wir alle auf unsere Weise verrückt. Natürlich würden es nicht viele von uns fertig bringen, einem anderen Menschen die Kehle aufzuschlitzen. Nicht außerhalb des Schlachtfeldes. Nicht kaltblütig.
    »Wie ich höre, haben Sie gestern Nacht ein beträchtliches Risiko auf sich genommen, Falco, um mit mir sprechen zu können.« Ich nickte zustimmend. Sie war definitiv die Exvestalin Terentia. »Toller Ermittler! Sie haben mich nicht gefunden, sind nicht mal in meine Nähe gekommen.«
    »Nein, tut mir Leid.«
    »Dafür haben Sie wohl dieses andere Flittchen getroffen.« Ich warf ihr einen verwirrten Blick zu. »Constantia. Sie wissen, wen ich meine.«
    »Ja, ich habe sie getroffen.«
    »Was halten Sie von ihr?«
    »Eine talentierte junge Frau, die es weit bringen wird.«
    »Oder abstürzt!«, schnaubte Terentia. »Eine moderne Postumia!«
    »Postumia?«
    »Haben Sie im Geschichtsunterricht nicht aufgepasst? Sie wurde wegen Unkeuschheit angeklagt, hatte sich zu elegant gekleidet und sich zu frei und selbstbewusst geäußert. Der Pontifex Maximus sprach sie wegen des sexuellen Vergehens frei, aber Postumia wurde verwarnt, sich züchtiger zu benehmen, keine Witze mehr zu machen und sich sittsamer zu kleiden.«
    »Ich bin schockiert.«
    »Sie sind ein Spaßvogel, Falco. Heute Morgen wollte mir noch jemand zusetzen«, knurrte Terentia. »Dieser schreckliche Anacrites.«
    »Haben Sie ihn empfangen?«
    »Selbstverständlich nicht. Ich bin zur anderen Tür hinaus und direkt hierher gekommen. Ich rede nicht mit Spionen.«
    So viel für Anacrites’ Selbstvertrauen! »Er wird Ihnen hierher folgen.«
    »Wahrscheinlich.«
    Sie sah weniger verrückt aus als meine eigenen Tanten, lauter streitsüchtige alte Vetteln mit der Angewohnheit, glühend heiße Töpfe durch die Gegend zu werfen. Trotzdem – oder vielleicht wegen meiner lieben Tanten – entspannte ich mich nicht. »Darf ich mit Ihnen reden?«, fragte ich demütig. »Ich bin kein Spion, nur ein Prokurator der heiligen Gänse, gnädige Frau.«
    »Mein Name ist Terentia Paulla, wie Sie genau wissen.« Ich dachte bei mir, dass richtige Verrückte zu glauben hatten, sie seien Julius Cäsar. Allerdings benahm sich die hier auch nicht anders als ein Diktator. »Was Sie betrifft«, sagte sie, »kann ich mir vorstellen, dass Sie es nach Ihrer Eskapade im Haus der Vestalinnen für angebracht halten werden, von Ihrem Posten zurückzutreten.«
    »Nein, nein. So schnell gebe ich nicht auf. Mir gefällt der Posten.«
    »Vespasian wird Ihre Pfründe bei der nächsten Runde öffentlicher Sparmaßnahmen opfern.«
    »Das ist gut möglich.«
    »Ich werde es ihm selbst vorschlagen«, sagte Terentia mit dem ganzen Hochmut einer Exvestalin. Tja, das würde mir ersparen, mich dazu aufraffen zu müssen. Allmählich war ich mehr als froh, dass Maias Tochter keine Vestalin werden würde. Ich hätte nicht gerne gesehen, wenn Cloelia in dreißig Jahren genauso rüde und provokativ zu uns zurückgekehrt wäre wie die hier.
    Da jetzt meine strahlenden neuen Referenzen unter Beschuss standen, entschloss ich mich, grob zu werden. »Wenn die Frage nicht zu unhöflich ist, warum haben Sie Ventidius geheiratet?«
    »Sie ist unhöflich. Weil er mich darum gebeten hat. Er war ein anziehender, gebildeter, amüsanter Mann, der

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