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Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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kam eine weitere Katze, eine schäbige
Calico. Dann noch eine. Dann kamen sie zu zweit. Es kamen immer mehr,
eine mitleiderregende Prozession. Sie sahen alle merkwürdig und
unterernährt aus. Und erwartungsvoll.
    »Sehen Sie«, sagte Fay traurig. »Da sind all seine hungrigen Babys. Sehen Sie?«
    »Alice«, flüsterte Tony, »wir sind nicht mehr in Kansas. Mir reicht es jetzt.«
    Ich hörte ihm gar nicht richtig zu. Ich achtete
mehr auf Fay, die fortfuhr. »Und sagen Sie ihm, alle anderen sind
auch hungrig. Die bei der Hundred and third Street. Sagen Sie Lenny,
wir brauchen sofort Geld.«
    Die bedauernswerten Katzen stimmten ein klägliches Miauen an.
    »Ich kann es nicht ertragen, wenn sie
weinen!« schluchze Fay, stopfte den Löffel wieder in den
Wagen und ging los. Dann rief sie uns zu: »Sagen Sie Lenny, wenn
er nicht selbst kommen kann, soll er das Geld in seiner Wohnung lassen.
Ich gehe es dann holen! «
    Ich rannte ihr nach und versuchte, mit ihr Schritt zu
halten. Sie ging erstaunlich schnell. »Nur eine Frage
noch«, sagte ich. »Lenny hat eine Wohnung?«
    Fay schnaubte. »Hör mal, Schwester, Lenny
ist ein Gentleman! Kennst du einen Gentleman, der keine Wohnung hat?
Ja, und er hat eine Villa. Eine große blaue Villa. Ich weiß
das ... Ich war schon mal da.«
    Aus dem Augenwinkel sah ich, wie sich die Katzen
langsam verzogen. Sie hatten ihr Futtersignal gehört. Sie waren
zum Essen gerufen worden. Und jetzt mußten sie hungrig wieder
gehen.
    15
    Während Fay mir erklärte, wo die
»blaue Villa« war, stand Tony in der Nähe und pfiff
vor sich hin. Als ich ihm mitteilte, wo wir jetzt hingehen würden,
sagte er, die ganze Sache würde jetzt wirklich verrückt, aber
ich bestand darauf, daß wir uns die Wohnung ansahen, die auf dem
oberen Broadway liegen sollte, an der Grenze zu Harlem.
    In einer der Imbißbuden in der One Hundred and
Twelfth Street, die in letzter Zeit aus dem Boden gestampft worden
sind, um dem Viertel mehr Flair zu verleihen, machten wir eine Pause.
Tony verschlang einen Hamburger, und ich aß eine Suppe. Die
plüschbezogenen Barhocker waren recht bequem, und das Lokal war
angenehm hell. Aus einer Jukebox im hinteren Teil klang eine
Frauenstimme, die auf merkwürdige, ja, geradezu säuerliche
Art den Titel Stay as Sweet as You Are (Bleib so süß wie du bist) interpretierte.
    Tony hörte jetzt mit seinem skeptischen
Kopfschütteln gar nicht mehr auf. Es sah aus, als hätte er
eine Mücke im Ohr.
    »Ich weiß, Basillio, ich
weiß«, sagte ich. »Wir sind im Niemandsland. Aber du
hast versprochen, das hier mit mir zusammen durchzustehen.«
    »Ich bleibe ja auch dabei«, protestierte er leise lachend. »Ich bleibe dabei.«
    Wir saßen eine Weile schweigend da und tranken.
    »Weißt du, was unangenehm ist?«
fragte er nach ein paar Minuten. »Ich meine, was noch unangenehm
ist, außer unseren außergewöhnlichen Begegnungen der
dritten Art heute.«
    »Was denn?«
    »Ist es nicht ärgerlich, daß alles,
was seine sogenannten Freunde gesagt haben, sich als wertlos
erweist?«
    »Das mußt du mir näher
erklären«, sagte ich und nippte an meiner Bloody Mary, die
zu scharf für meinen Geschmack war.
    »Na ja, erst mal haben sie alle angeblich gewußt, daß
er in den letzten Jahren ein Obdachloser, ein Penner gewesen ist. Und
jetzt stellt sich heraus, daß er eine Wohnung hatte,
entschuldige, eine ›blaue Villa‹.«
    »Das wissen wir im Moment noch nicht genau.
Aber in ein paar Minuten werden wir erfahren, ob Fay die Wahrheit
gesagt hat.«
    »Eben. Und was ist mit dem Geld? Alle haben sie
gesagt, er hätte keines gehabt. Seine Freunde haben alle
behauptet, er hätte es verplempert, er hätte keinen roten
Heller mehr gehabt, und er hätte sie anpumpen wollen. Aber er
hatte offenbar genug, um sich eine Villa zu leisten. Und er hatte
genug, um Katzenfutter im russischen Spezialitätenrestaurant zu
kaufen! «
    »Da hast du recht, Tony.«
    »Und sie haben alle behauptet, er sei ein
absoluter Egozentriker gewesen, der die Menschen benutzt hätte und
nur für sein eigenes perverses Vergnügen gelebt hätte,
was zum Teufel auch immer das gewesen sein mag. Jetzt stellt sich
heraus, daß er von seinem Weg abgekommen ist, wegen ein paar von
diesen ... diesen armen Unglückseligen. Er verfüttert
›Hühnchen Kiew‹ an eine Horde streunender Katzen.
Das hört sich an, als sei er auf direktem Weg zur Heiligsprechung
gewesen.«
    Ich nickte, aber ich war mir nicht sicher, ob er mit
seiner letzten

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