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Eine Katze hinter den Kulissen

Titel: Eine Katze hinter den Kulissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Adamson
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klappern, das scheußliche, geschwollene Bein
immer noch schamlos entblößt.
    Wir eilten zum Teich. Weil Winter war, dümpelten
nur Hausboote im Wasser. Auf den Bänken entlang des Weges, der zum
Ufer führte, lagen Dutzende von Männern. Manche schliefen,
andere aßen fettiges Fast-food, andere rauchten und tranken aus
Flaschen, die in Papiertüten steckten. Sie kannten Fay alle. Einer
führte uns direkt zu dem kleinen Hügel am nördlichen
Ende des Anlegebeckens.
    Sie saß auf einem Stapel zusammengefalteter
Zeitungen auf dem gefrorenen Boden. Neben ihr stand ein vollgestopfter
Einkaufswagen mit ihren Besitztümern oder was ich dafür
hielt. Allein die Menge des Zeugs in dem Einkaufswagen war
überwältigend. Ich betrachtete es nicht sehr eingehend.
    Wenn man Fay unter anderen Umständen getroffen
hätte, wäre man nicht sofort darauf gekommen, daß sie
zu den Obdachlosen gehörte. Sie war sauber, relativ vorzeigbar,
aber trotzdem war an ihrer Erscheinung etwas Merkwürdiges, und sie
hatte eine erschreckende Menge Rouge aufgelegt. Ihr Mantel sah aus, als
ob er aus echtem Pelz wäre, und er war in recht gutem Zustand,
aber als ich ihn näher betrachtete, sah ich, daß der Kragen
von einem anderen Mantel stammte und nur mit ein paar Stichen
angeheftet worden war. An den Füßen hatte sie
Plüschpantoffeln, was angesichts der Temperaturen schon
merkwürdig genug war, aber dazu trug sie zwei verschiedene
Herrensocken.
    Es stand außer Frage, daß Fay Lenny
gekannt hatte. In dem Moment, in dem Tony Dobrynins Foto herausholte,
leuchteten ihre Augen auf: Sie hatte ihn erkannt. Vielleicht leuchteten
sie aber auch, weil sie ihn geliebt hatte. Sie nahm das Foto,
drückte es gegen ihre Wange und gurrte seinen Namen.
    »Lenny! Ich warte schon so lange auf ihn«, sagte sie schwer atmend. »Wo ist Lenny?«
    Wir sagte Fay nicht die Wahrheit. Tony erfand eine
Geschichte von einem Autounfall, bei dem Lenny verletzt worden war. Wir
seien alte Freunde von Lenny und versuchten jetzt, ein paar
Hintergrundinformationen zu sammeln, damit sein Anwalt den Fahrer des
Wagens belangen könne. In ein paar Monaten würde Lenny wieder
gesund sein, sagte Tony. Er sei auf dem Weg der Besserung.
    Fay war erschüttert über diese Mitteilung,
und das beschämte mich. Aber ich konnte ihr einfach nicht die
Wahrheit sagen.
    »Ich hoffe, er kommt bald zurück«,
sagte sie schließlich. »Seine Babys haben Hunger. Und ich
habe kein Geld, um sie zu füttern.«
    Jetzt war ich wirklich perplex.
    »Von was für Babys sprechen Sie, Fay«, schaffte ich zu fragen.
    »Von seinen Babys«, antwortete sie
scharf. »Er hat mir immer Geld gegeben, damit ich Futter für
sie kaufen konnte. Leckeres Futter. O ja, er kümmert sich sehr um
diese Babys. Ich soll immer nur das Allerbeste für sie kaufen.
›Hühnchen Kiew‹ ist ihr Leibgericht.«
    Basillio bekam einen heftigen Hustenanfall und drehte uns eine Minute lang den Rücken zu.
    »Lenny gibt mir das Geld«, fuhr Fay fort,
»und ich gehe rüber in diesen russischen Laden und kaufe das
Futter.«
    »Sie meinen ... nicht vielleicht ...«,
fragte ich stockend, »das ... das russische ...
Spezialitätenrestaurant? Auf der Fifty-seventh Street?«
    »Ja«, sagte sie und rümpfte die
Nase. »Was denn sonst? Er gibt ihnen tolles Futter. Und uns auch.
Lenny ernährt uns alle. Sagen Sie ihm, seine Babys hätten
Hunger.«
    Als ich sie bat, uns zu diesen Babys zu führen, zögerte Fay. »Warum? Wollen Sie sie weinen hören?«
    Ein paar von unseren Zehnern erweichten sie schließlich. Tony gab ihr das Geld wortlos und schüttelte dabei den Kopf.
    Sie führte uns über den Hügel, durch
einen dieser kleinen steinernen Tunnel, die es überall im Park
gibt, und wir kamen vor einem großen Felsenvorsprung heraus, der
von einem Eisengitter umgeben war. Dort blieben wir stehen.
    »Siehst du irgendwelche Babys?« fragte Tony mich. »Ich jedenfalls nicht.«
    Fay fing an, in ihrem Einkaufswagen zu kramen. Nach
einer Weile förderte sie einen großen Löffel zutage,
den sie wahrscheinlich in einer dieser Suppenküchen immer noch
suchen.
    Sie trat nah an den Gitterzaun heran und ließ
den Löffel an den Stäben entlangrattern. Das machte
ziemlichen Lärm. Sie trat von dem Zaun zurück und
lächelte uns an.
    Auf dem Felsen auf der anderen Seite des Gitters war
eine schnelle Bewegung zu erkennen, und dann kam ein großer,
übel zugerichteter Kater hervor. Er ging langsam auf den Zaun zu,
als ob jeder Schritt ihm Mühe bereiten würde.
    Dann

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