Eine Kerze für Sarah - und andere Geschichten, die das Herz berühren
Stempel ist, den ihr euren Kindern aufdrückt.
Sie mögen undankbar erscheinen, unverantwortlich handeln; sie ignorieren vielleicht eure Ermahnungen und vergessen euren Rat.
Aber glaubt mir – sie können euren Einfluss nicht ausradieren.
Charles R. Swindoll
Die erste Geburtstagsparty
Ich blies Luftballons auf, hängte Girlanden über unsere Küchentür und fragte mich: Ist es denn wirklich die Mühe wert? Sie wird sich sowieso nicht daran erinnern. Mir fielen wieder die Worte Elinors, der Mutter meines Mannes, ein: „Niemand hat je eine Geburtstagsparty für mich gegeben.“
Um genau zu sein, hatten wir jedes Jahr eine Party für Elinor gegeben. Aber sie litt an der Alzheimerschen Krankheit und konnte sich nicht einmal an ihren eigenen Geburtstag erinnern, geschweige denn an die Tatsache, dass wir Feste für sie veranstalteten und sie liebten. Oft sagte sie: „Nie bekomme ich dich zu Gesicht“, obwohl wir sie zweimal in der Woche besuchten. Es fiel mir schwer, ihre Vergesslichkeit zu akzeptieren. Vor allem anfangs hatte ich Mühe damit, als wir die Diagnose noch nicht kannten.
Ich bat Gott um Geduld und Verständnis. Gott erhörte meine Gebete, indem er mir eine Inspiration aus einer ganz unerwarteten Quelle schickte, von Elinor selbst.
Früher hatten Elinor und ich miteinander Gebetsanliegen ausgetauscht. Nachdem sich jedoch die Alzheimersche Krankheit bei ihr verschlimmert hatte, konnten wir nicht mehr miteinander beten – das heißt, bis zu dem Zeitpunkt, an dem bei meiner Mutter Krebs festgestellt wurde. Nie werde ich den Tag vergessen, an dem ich Elinor bat, am Telefon mit mir für meine Mutter zu beten.
Unter unseren vielen Telefongebeten erinnere ich mich vor allem an dieses eine. Ihr Gebet machte Sinn, die Worte kamen ohne ihre übliche Verwirrung und man spürte ihnen echte Anteilnahme und Traurigkeit ab.
Meine Mutter konnte uns daraufhin noch zwei Sommer in Oregon besuchen. Obwohl Elinors geistige Fähigkeiten aufgrund ihrer Krankheit immer mehr abnahmen, bat ich sie erneut zu beten, nachdem ich von der Beerdigung meiner Mutter zurückgekehrt war. Wir saßen an meinem Küchentisch und Elinor nahm meine Hände und betete, Gott möge bei mir und meiner Familie sein.
Während ihres Gebetes „lunkerte“ ich wie ein Kind und betrachtete sie. Ihre Augen waren fest zusammengekniffen. Und ich merkte, dass ihr Gebet von Herzen kam. Das eine aber ist mir besonders im Gedächtnis geblieben – der ernste Gesichtsausdruck eines Menschen, der meine Mutter liebte und der Gott liebte. Ihre Worte waren wundervoll – beinahe eloquent. Nach ihrem Gebet standen ihr noch Tränen in den Augen – doch schon bald kehrte die Verwirrung wieder zurück. Und innerhalb kurzer Zeit hatte sie vergessen, dass meine Mutter gestorben war.
Wie konnte das sein? Auf wundervolle Weise sind anscheinend Geist und Verstand getrennt – und Elinor musste Gott noch immer kennen. Selbst wenn sie ihre Familie nicht mehr erkannte, erkannte sie ihren Gott. Sie sprach mit ihm in ihrem Herzen, auch wenn sie nicht mehr mit uns sprechen konnte. Oftmals wurde sie von den Krankenschwestern an ihrem Bett kniend und betend vorgefunden – mit gefalteten Händen, am Ende von schwierigen Tagen.
Tief in Gedanken versunken hängte ich noch mehr Girlanden auf. Den herzförmigen Kuchen, den ich gebacken hatte, stellte ich in die Mitte meines Küchentisches. Bestimmt würde ihr Geist die Liebe erfassen, die wir ihr schenken wollten. Ich hängte ein Schild auf, auf dem stand: „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Mutter. Wir lieben dich.“ Ich konnte Elinors Party kaum erwarten. Ich wollte, dass diese Geburtstagsparty, die Elinor für ihre erste halten würde, ganz besonders schön wurde.
Kathleen Ruckman
Vaters Heimkehr
Als ich ein kleiner Junge war, verließ ich nie das Haus, ohne meinen Eltern einen Abschiedskuss zu geben.
Mir gefiel es, meine Mutter zu küssen, weil ihre Wange weich und warm war und weil sie nach Pfefferminz roch. Ich mochte es, meinen Vater zu küssen, weil er rau und bärtig war und nach Zigarren roch.
Als ich etwa zehn Jahre alt war, kam ich zu dem Schluss, dass ich nun zu groß sei, um meinem Vater einen Kuss zu geben. Meiner Mutter, das war in Ordnung. Aber mit dem Vater konnte ein Junge Hände schütteln, so von Mann zu Mann, wissen Sie.
Er schien es nicht zu bemerken oder etwas dagegen zu haben. Auf jeden Fall erwähnte er es nicht. Andererseits sprach er nie viel, außer über sein Geschäft.
Im Rückblick
Weitere Kostenlose Bücher