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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohammed Hanif
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gedient haben, stammten alle aus guten Familien. Ich meine nicht wohlhabende, sondern achtbare Familien, gute Leute. Man brauchte sie nur zu fragen, woher sie kamen, und wusste, dass ihre Väter und Großväter angesehene Männer waren. Und nun haben wir die Söhne von Ladenbesitzern und Milchmännern, Leute, die zu nichts anderem taugen. Ich will nicht, dass diese Bastarde das Leben meines Sohnes verpfuschen.“
    Ach, Daddy, wenn du mich jetzt sehen könntest.
    Im Inneren wusste er, dass ich nicht überzeugt war. Er rief mich noch einmal zu sich, als er sich seinen letzten Whisky, vermutlich den siebten, eingoss. Eigentlich trank er nie mehr als drei Whiskys am Abend, doch nach einer Rückkehr aus Afghanistan war er immer ungewöhnlich durstig. In seiner Stimme lag eine Bitterkeit, die mir damals fremd war, die jedoch zur Gewohnheit werden sollte.
    â€žIch besitze drei Kriegsorden und die Narben zum Beweis“, sagte er. „Du kannst in jede Offiziersmesse des Landes gehen und ein paar Leute finden, deren Leben ich gerettet habe. Und jetzt? Schau mich an. Sie haben mich zu einem Zuhälter gemacht. Ich bin ein Mann, der dazu ausgebildet wurde, Leben zu retten, nun handle ich damit.“
    Er hörte nicht auf, sein Glas zu schwenken und das Wort „Zuhälter“ zu wiederholen.

    I ch döse ein und träume, dass ich in den kalten klaren Bach vor unserem Haus auf dem Shigri Hill pinkele. Als ich mit zitternden Knien aufwache, spüre ich, wie der schleimige Dreck vom Boden durch meine Stiefel und zwischen meine Zehen sickert. Die linke Seite meiner Hose ist nass. Ich fühle mich viel besser.
    Bleib auf deinen verdammten Beinen, bleib auf den Beinen.
    Das ist das Erste, was ich mir einrede, ehe ich meine Lage sondiere. Was man wohl früher mit den abtrünnigen Soldaten der Mogularmee gemacht hat? Eine rasche Enthauptung oder vom Fuß eines Elefanten zerquetscht zu werden, wäre einem Schicksal wie meinem vermutlich vorzuziehen.
    Der Übelkeit erregende Gestank hängt schwer in der Luft. Ich schließe die Augen und versetze mich in meiner Phantasie auf den Shigri Hill. Ungeachtet der eisernen Türen und der dicken Festungsmauern weht Bergluft in mein unterirdisches Gefängnis. Sie umkreist mich, trägt mir den Geruch der von Ziegenhufen aufgewühlten Erde ins Gedächtnis, den Duft grüner Mandeln und das Rauschen des klaren, kalten Baches, der an unserem Haus vorüberschießt. Die Stille der Berge wird von einem Summen aus der näheren Ferne unterbrochen. Jemand singt ein trauriges Lied. Ehe ich die schmerzliche Stimme identifizieren kann, gießt mir jemand einen Eimer Wasser über den Kopf und bringt mein Gesicht so nahe an die Glühbirne, dass mir die Lippen brennen. Ich weiß nicht, wer die Fragen stellt. Es könnte Major Kiyani sein. Oder einer seiner Brüder ohne Uniform. Auf jede Antwort folgt, kaum dass ich sie hervorgestoßen habe, die nächste Frage. Es ist keine reguläre Vernehmung. Die Schweine interessieren sich nur für Sex.
    Hatten Leutnant Bannon und Obaid eine sexuelle Beziehung?
    Sie waren sehr eng befreundet. Aber ich weiß nicht. Ich glaube nicht.
    Hattest du eine sexuelle Beziehung zu Obaid?
    Seid ihr verrückt? Nein. Wir waren Freunde.
    Hast du ihn gefickt?
    Ich bin nicht taub. Die Antwort ist nein, nein, nein.
    In der Nacht vor seinem Verschwinden war er nicht in seinem Bett. Weißt du, wo er war?
    Der Einzige, mit dem er zusammen gewesen sein könnte, ist Bannon. Sie gingen manchmal zusammen spazieren.
    Hast du ihn deshalb beim Appell als anwesend vermerkt?
    Ich nahm an, er würde direkt zum Exerzierplatz kommen. Das tat er gelegentlich.
    Hatte Obaid irgendwelche Selbstmordabsichten? Hat er je davon gesprochen, sich das Leben zu nehmen?
    Vor meinem inneren Auge erscheint ein Zweisitzer, der sich um alle drei Achsen dreht, und das heiße gleißende Licht der Glühbirne schwindet.
    Obaid las Gedichte. Er sang Lieder über den Tod, aber er hat nie wirklich vom Sterben gesprochen. Nicht mit mir. Nicht so, als würde er an Selbstmord denken.

Acht
    D er große Saal im Army House war dem Empfang ausländischer Würdenträger aus den Vereinigten Staaten und Saudi-Arabien vorbehalten, den VVIPs. Auf einem der samtenen Sessel saß Prinz Naif, der Sieger des Wettflugs von Saudi-Arabien nach Islamabad, rauchte Marlboro Reds und prahlte gut gelaunt mit dem Knall, mit dem seine F-16

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