Eine kostbare Affäre: Roman (German Edition)
»Ich bin zurzeit einfach nicht in der richtigen Geistesverfassung, wirklich. Ich weiß ohnehin nicht, wie lange ich in Bishopsbridge bleiben werde, und Stanza und Stanza und all das, was ich über das Geschäft zu lernen habe, nehmen mich dermaßen in Anspruch, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich die Energie für eine echte Beziehung aufbringen kann.«
»Ja«, meinte er trocken. »Mir ist schon aufgefallen, dass Sie - wie soll ich es sagen - etwas abwesend waren.«
»Das tut mir leid, Henry. Ich möchte, dass wir gute Freunde sind.«
»Das möchte ich auch«, lenkte er ein. »Doch machen Sie sich keine Gedanken, ich wusste die ganze Zeit über, dass Sie mit den Gedanken ganz woanders waren. Es ist ja schon lächerlich schwierig gewesen, sich mit Ihnen auch nur auf einen Drink in einem Pub zu verabreden. Also habe ich mich keinerlei Illusion im Hinblick auf Ihre Prioritäten hingegeben.«
»Es tut mir wirklich leid.«
»Sie haben ja keinen Schaden angerichtet«, sagte er leichthin. »Ich mag Sie ebenfalls, Flora, aber ich verliere mein Herz nicht an Sie, falls es das sein sollte, was Ihnen Sorgen bereitet.« Das war es natürlich. »Wenn Sie also möchten, dass wir Freunde sind, dann werden wir Freunde sein. Ob ich allerdings den Versuch aufgeben werde, Sie zu überzeugen ...«, fügte er hinzu, schon wieder zu einem kleinen Flirt aufgelegt. »Doch Sie wissen ja auch, dass ich vielleicht verkaufen und ebenfalls aus der Gegend verschwinden werde. Also ist es sicherlich für keinen von uns das Gelbe vom Ei, uns auf etwas wahnsinnig Ernstes einzulassen.«
»Danke, Henry. Es ist wirklich schön von Ihnen, dass Sie das so freundlich aufnehmen.«
»Ich bin ein freundlicher Mann«, erwiderte er mit einem Lächeln in der Stimme, bevor er zu seiner Lunchverabredung aufbrach.
Statt eines Spaziergangs mit Henry ging Flora in die Küche und buk sich in einem Anfall von Häuslichkeit Rosinenplätzchen. Die meisten davon aß sie selbst, plauderte mit Imelda und fragte sich, warum das kleine schwarze Kätzchen sich von Charles hochnehmen ließ, ihr selbst aber ständig auswich.
Knapp zwei Wochen später richtete Flora das Gästezimmer für ihre Mutter her. Sie war so aufgeregt und konnte es kaum noch erwarten, ihre Mutter endlich wiederzusehen. In vieler Hinsicht war ihr Leben perfekt, aber irgendetwas fehlte. Wenn sie arbeitete, ging es ihr gut. Sie war noch immer fasziniert von allem, was das Auktionshaus betraf, und saugte alles auf, was sie von Charles oder Geoffrey lernen konnte. Doch zu Hause vermisste sie William. Oder irgendetwas. Sie ging immer noch von Zeit zu Zeit mit Henry aus, aber obwohl sie sich alle Mühe gab, fand sie ihn nicht ganz so faszinierend, wie er sich selbst zu finden schien.
Ihre Mutter würde wissen, was da nicht stimmte. Sie war eine hervorragende Kummerkastentante - und eine hervorragende Köchin. Flora freute sich darauf, verwöhnt und verhätschelt zu werden, etwas, worauf ihre Mutter sich besonders gut verstand.
Seit jenem bizarren Abend im »Grantly Manor« war fast jede Stunde ausgefüllt gewesen. Sie hatten endlich ihre Website erstellt, und die Vorbereitungen für die nächste Auktion Anfang September waren angelaufen. Die Auktion würde anderthalb Tage dauern, und Henrys Bücher würden den Auftakt bilden, da Geoffrey der Meinung war, dass sie hinreichend interessant seien, um einige Sammler anzuziehen. Im Büro herrschte allenthalben lebhafte Betriebsamkeit, und selbst Annabelle schien am Leben mehr Spaß zu haben. Dies schlug sich zwar nicht unbedingt in ihrer Arbeit nieder, aber sie wirkte ganz allgemein ausgelassener und glücklicher.
Das Konzert, der Vorwand für den Besuch ihrer Mutter, sollte am nächsten Tag stattfinden. Flora war außer sich vor Nervosität, obwohl sie einige private Übungsstunden bei Moira genommen hatte, der inoffiziellen weiblichen Leitung des Chors.
»Wenn ich es vermassele«, erklärte sie Moira, die ihr geduldig die Melodien aller Lieder so lange auf dem Klavier vorgespielt hatte, bis Flora sie in- und auswendig konnte, »ruiniere ich allen anderen das Konzert.«
»Sie werden es nicht vermasseln«, hatte Moira versichert und ein wenig gelangweilt geklungen, weil sie sich so häufig hatte wiederholen müssen. »Sie kennen die Noten, also konzentrieren Sie sich einfach, lassen Sie James nicht aus den Augen - der wird dirigieren -, und Sie werden wunderbar zurechtkommen.«
»Ich glaube, ich habe eine ungefähre Ahnung, wer James ist.«
»Dann
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