Eine kostbare Affäre: Roman (German Edition)
schmollte. Er wollte nicht, dass Annabelle sich mit saurer Milch und Schmutz, mit Rattenkot und Küchenschaben abgab, aber für sie, Flora, betrachtete er dergleichen als gute Übung.
Charles gab ihr das Telefon zurück. »Sie möchte das Inventar mit Ihnen durchgehen. Sie wird sie im Pub ›Kutsche und Rösser‹ treffen. Er öffnet um sechs. Ich werde Sie dort absetzen, und Annabelle kann Sie dann später zum Büro fahren, damit Sie den Landrover holen können.«
»Einen Moment! Hallo?« Aber Annabelle hatte bereits aufgelegt. »Ich bin vollkommen schmutzig, Charles! Außerdem ist heute Abend Chorprobe.«
Er runzelte die Stirn. »Ist das so wichtig für Sie? Sie sind doch erst seit kurzem dabei. Bisher können Sie keinen allzu großen Beitrag zum Geschehen geleistet haben.«
Diese Bemerkung tat weh, doch Flora ignorierte sie. »Mag sein, aber die anderen haben mich sehr freundlich aufgenommen. Ich kann der Probe nicht einfach fernbleiben.«
»Und Sie können Annabelle nicht im Pub sitzen lassen. Ich finde wirklich, Sie sollten sich ein wenig Mühe geben, mit ihr warm zu werden, Flora.«
»Aber ich bin schmutzig! Wahrscheinlich stinke ich sogar! Würde Annabelle es nicht verstehen, wenn ich ihr erklären würde, dass ich zuerst nach Hause fahren und mich umziehen musste?«
»Ich bin mir sicher, dass sie es verstehen würde, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie damit einverstanden wäre. Rufen Sie sie an und sagen Sie ihr, dass Sie nicht kommen können. Soll ich die Nummer für Sie heraussuchen?« Er machte Anstalten, ihr das Telefon abzunehmen.
»Nein, es ist schon gut«, fuhr sie ihn an, »ich habe die Nummer. Annabelle? Ich werde nicht lange bleiben können, weil ich völlig verdreckt bin und nach meiner Katze sehen muss. Außerdem probt heute Abend der Chor. Ich könnte all diese Dinge zuerst erledigen, und mich dann später mit Ihnen treffen.«
»Meiner Erfahrung nach macht man sich bei Schätzungen immer schmutzig«, erwiderte Annabelle herablassend. »Das ist einer der Gründe, warum ich sie hasse. In Ordnung. Wir werden uns ins Hinterzimmer setzen. Dort wird niemand sein, den wir kennen.«
Wenn Flora kein so schlechtes Gewissen gehabt hätte, weil sie William erlaubt hatte zu bleiben, hätte sie sich niemals zu diesem Treffen mit Annabelle bereit erklärt.
»Sieht so aus, als wäre ich heute Abend wieder einmal mit dem Kochen an der Reihe«, bemerkte Charles einige Sekunden später in dem Bemühen, ein höfliches Gespräch in Gang zu bringen.
»Oh.« Flora war überrascht. »Kochen Sie oft?«
»Oh ja. Wenn wir Gäste haben, kocht grundsätzlich Annabelle, aber der alltägliche Kram bleibt meistens an mir hängen.«
Ein unerwarteter Stich des Mitgefühls durchzuckte Flora. Es war ein sehr langer Tag für ihn gewesen, und er hatte wahrscheinlich keine Lust, sich gleich nach seiner Heimkehr in die Küche zu stürzen. »Wenn ich an Ihrer Stelle wäre, würde ich mir etwas bringen lassen oder zum Essen ausgehen.«
Charles seufzte. »Das werde ich wahrscheinlich auch tun. Ich muss noch eine Menge Telefonate erledigen und werde deshalb wohl kaum viel Zeit zum Kochen haben.«
»Sie haben den Jenkins' heute einen Gefallen getan, nicht wahr? Sie hätten ihnen auch einfach die Namen der Firmen geben können. Sie hätten das nicht selbst übernehmen müssen.«
Er zuckte die Schultern. »Die beiden taten mir leid, das ist alles.« Seine Miene hellte sich auf. »Obwohl sich tatsächlich unter all dem Dreck ein ziemlich wertvoller Nachlass befindet.«
Flora gab auf der Damentoilette des Pubs ihr Bestes, um sich einigermaßen wieder herzurichten, aber sie konnte nicht mehr ausrichten, als sich die Staubstreifen vom Gesicht zu wischen.
Annabelle hatte bereits zwei Gläser Mineralwasser bestellt und sah ebenfalls ziemlich unordentlich aus. Sie nestelte an ihrem Haarband und versuchte, es wieder an Ort und Stelle zu rücken, was ihr aus irgendeinem Grund nicht besonders gut gelang.
»Lassen Sie mich helfen«, schlug Flora vor, nahm ihr das Band ab und legte es auf den Tisch. »Schon viel besser.«
»Oh, aber ...«, begann Annabelle, dann fügte sie nach einer kurzen Pause hinzu: »Vielleicht haben Sie Recht.«
»Weshalb wollten Sie mich sprechen?«, fragte Flora.
Annabelle beugte sich auf ihrem Stuhl vor. »Also, als ich in dem Cottage war und das Inventar aufgenommen habe, habe ich einen Mann gesehen.«
»O nein«, antwortete Flora nervös, außer Stande zu entscheiden, ob sie zugeben sollte, dass
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