Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Krone für Alexander (German Edition)

Eine Krone für Alexander (German Edition)

Titel: Eine Krone für Alexander (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elfriede Fuchs
Vom Netzwerk:
Antipatros.“
    „Was ist mit deinem Fuß?“, erkundigte sich Proteas,
feinfühlig wie immer.
    „Ein Klumpfuß. Bin damit geboren worden.“
    „Und was machst du dann bei den Königsjungen? Ich kann mir
nicht vorstellen, dass du damit weit kommst. Im wahrsten Sinne des Wortes.“
    „Proteas!“, fuhr Attalos ihn an.
    „Ist schon in Ordnung“, meinte Harpalos und aß ungerührt
weiter seinen Brei. „Ich kann mir auch so denken, dass es für mich nicht leicht
werden wird.“
    Später beim Hinausgehen sagte Alexander zu ihm: „Tut mir
leid, dass Proteas so taktlos war. Er ist ein bisschen vorlaut, aber sonst ein
guter Kerl.“
    „Ich bin das gewohnt“,
erwiderte Harpalos mit einem Achselzucken. „Mir ist klar, dass aus mir kein
großartiger Soldat wird, nicht mit dem Fuß, aber schließlich kann man hier auch
sonst eine Menge lernen. Jedenfalls will ich das schwer hoffen.“
    Am nächsten Morgen begann der Unterricht bei Aristoteles.
    „Ich bin Aristoteles, Sohn des Nikomachos aus Stageira. Als
ich ein paar Jahre älter war als ihr, ging ich nach Athen, um ein Schüler des
großen Platon zu werden, und blieb es fast zwanzig Jahre, bis zu seinem Tod.
Danach leitete ich eigene Schulen in Assos und Mytilene. Unterstützen werden
mich meine Assistenten Theophrastos und Kallisthenes. Theophrastos kommt aus
Eresos auf der Insel Lesbos und Kallisthenes, übrigens mein Großneffe, aus
Olynthos. Nun zu den Lehrinhalten.“
    Auf dem Lehrplan standen nicht nur Rhetorik und Grammatik,
Logik, Philosophie, Politik und Literatur, sondern auch die Naturwissenschaften,
von der Mathematik und Geometrie über die Astronomie, Meteorologie und
Geografie bis hin zur Botanik und Zoologie. Aristoteles’ besonderes Interesse
galt der Medizin, da sein Vater Arzt gewesen war. Seine einleitenden
Ausführungen zogen sich den ganzen Vormittag hin. Als sie sich allmählich dem
Ende zuneigten und Aristoteles wissen wollte, ob es noch Fragen gab, meldete
sich Alexander zu Wort.
    „Werden wir uns auch mit den Werken Homers beschäftigen?“
    „Selbstverständlich. Ilias und Odyssee werden eine zentrale
Rolle im Literaturunterricht spielen, ebenso die anderen bedeutenden Dichter
wie Pindar oder Stesichoros oder die Tragiker.“
    „Auch Euripides?“, erkundigte sich Marsyas.
    „Natürlich.“
    „Euripides hat nämlich bis zu seinem Tod in Makedonien gelebt,
am Hof von König Archelaos“, ließ Marsyas wissen. „Er hat hier sogar ein paar
Tragödien geschrieben, zum Beispiel die Bakchen.“
    „Das war mir bereits bekannt. Trotzdem danke für den Hinweis.“
    „Was ist mit Aristophanes?“, fragte ein Junge, den Alexander
nicht kannte. Sofort brach kaum unterdrücktes Kichern und Feixen aus, denn der
Komödiendichter war bekannt für seine scharfen Witze und den hohen
Unterhaltungswert seiner Werke.
    „Auch Aristophanes wird zu
unseren Unterrichtsgegenständen gehören, selbstverständlich mit dem gebührenden
wissenschaftlichen Ernst.“
    Am Nachmittag nahmen Antigenes und seine Assistenten die
frisch gebackenen Königsjungen in Empfang, um mit ihnen („zur Einstimmung“) zu
einem ausgedehnten Fußmarsch in die Umgebung aufzubrechen. Stundenlang wurden
sie gnadenlos bergauf und bergab gescheucht, und während sie in der Sonne
schwitzten und keuchten, ließ Antigenes’ Assistent Perilaos sie immer wieder
wissen, wie gut sie es hätten, dass sie („für den Anfang“) nicht in voller
Waffenmontur zu marschieren hatten.
    Am späten Nachmittag genehmigten die Ausbilder ihnen endlich
eine Pause. Gruppenweise ließen sie sich am Ufer eines Baches im Gras nieder
und bemühten sich, wieder zu Atem zu kommen. Niemand wagte es, sich zu
beklagen, solange die Ausbilder in Hörweite waren. So ließen sie stattdessen
ihren Frust an Aristoteles aus.
    „Logik! Rhetorik! Botanik!“, ärgerte sich Proteas. „Wozu
soll das alles gut sein? Wir sollen doch Soldaten werden, keine Gelehrten. Ich
kann es gar nicht erwarten, dass wir endlich mit dem richtigen Training
anfangen. Dieses ganze geistige Zeug interessiert mich nicht.“
    Hephaistion sagte: „Du solltest froh sein, dass du etwas
lernen darfst. Dieser Aristoteles ist immerhin ein Schüler des großen Platon.“
    „Du immer mit deinem Platon!“ Proteas machte eine wegwerfende
Handbewegung. „Aristoteles sieht gar nicht aus wie ein Philosoph.“
    „Als ob du wüsstest, wie ein Philosoph aussieht!“, blaffte
Marsyas ihn an.
    „Er hat aber recht“, mischte sich Langaros ein.

Weitere Kostenlose Bücher