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Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition)

Titel: Eine kurze Geschichte der Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Hawking
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man, wie sich die Scherben auf dem Fußboden plötzlich wieder zur unversehrten Tasse zusammenfügen und auf den Tisch zurückspringen. Man kann sagen, daß der Film rückwärts läuft, weil ein solches Verhalten im normalen Leben niemals zu beobachten ist. Wäre dies der Fall, könnten die Porzellanmanufakturen schließen.
    Warum sich zerbrochene Tassen nicht auf dem Fußboden zusammenfügen und auf Tische zurückspringen, wird gewöhnlich mit dem Hinweis auf den Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik erklärt. Danach nimmt in jedem geschlossenen System die Unordnung oder Entropie mit der Zeit zu.
    Mit anderen Worten, es handelt sich um eine Spielart von Murphys Gesetz: Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen! Eine heile Tasse auf dem Tisch repräsentiert einen Zustand höherer Ordnung, während eine zerbrochene Tasse auf dem Fußboden ein ungeordneter Zustand ist. Man kann leicht von der Tasse auf dem Tisch in der Vergangenheit zur zerbrochenen Tasse auf dem Fußboden in der Zukunft gelangen, nicht aber umgekehrt.
    Das Anwachsen der Unordnung oder Entropie mit der Zeit ist ein Beispiel für das, was wir Zeitpfeil nennen, für etwas, das die Vergangenheit von der Zukunft unterscheidet, indem es der Zeit eine Richtung gibt. Es gibt mindestens drei verschiedene Zeitpfeile: den thermodynamischen Zeitpfeil, die Richtung der Zeit, in der die Unordnung oder Entropie zunimmt; den psychologischen Zeitpfeil, die Richtung, in der unserem Gefühl nach die Zeit fortschreitet, die Richtung, in der wir die Vergangenheit, aber nicht die Zukunft erinnern; und den kosmologischen Zeitpfeil, die Richtung der Zeit, in der sich das Universum ausdehnt und nicht zusammenzieht.
    In diesem Kapitel möchte ich zeigen, daß die Keine-Grenzen-Bedingung in Verbindung mit dem schwachen anthropischen Prinzip eine Erklärung dafür bietet, warum alle drei Pfeile in die gleiche Richtung zeigen – mehr noch, warum es überhaupt einen festgelegten Zeitpfeil geben muß. Ich werde die Auffassung vertreten, daß der psychologische Pfeil durch den thermodynamischen bestimmt wird und daß diese beiden Pfeile stets in die gleiche Richtung zeigen müssen. Wenn man für das Universum die Keine-Grenzen-Bedingung annimmt, so muß es, wie wir sehen werden, einen bestimmten thermodynamischen und kosmologischen Zeitpfeil geben, doch sie werden nicht während der ganzen Geschichte des Universums in die gleiche Richtung zeigen. Meine Überlegung ist: Nur wenn sie in die gleiche Richtung zeigen, sind die Bedingungen für die Entwicklung intelligenter Lebewesen geeignet, die fragen können: Warum nimmt die Unordnung in der gleichen Zeitrichtung zu, in der sich auch das Universum ausdehnt?
    Zunächst will ich mich mit dem thermodynamischen Zeitpfeil befassen. Der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik ergibt sich aus dem Umstand, daß es stets mehr ungeordnete Zustände als geordnete gibt. Nehmen wir beispielsweise die Teile eines Puzzles in einer Schachtel. Es gibt eine und nur eine Anordnung, in der sich die Teile zu einem Bild zusammenfügen. Dagegen gibt es eine sehr große Zahl von Kombinationen, in denen die Teile ungeordnet sind und kein Bild ergeben.
    Nehmen wir an, ein System beginnt mit einem der wenigen geordneten Zustände. Im Laufe der Zeit wird es sich nach den Naturgesetzen entwickeln und seinen Zustand verändern. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß sich das System zu einem späteren Zeitpunkt in einem ungeordneten Zustand und nicht in einem geordneten befindet, weil es mehr ungeordnete Zustände gibt. Deshalb wird die Unordnung in der Regel anwachsen, wenn das System sich in einem Anfangszustand großer Ordnung befindet.
    Ein Beispiel: Die Teile des Puzzles haben am Anfang in der Schachtel den geordneten Zustand, in dem sie sich zu einem Bild zusammenfügen. Schüttelt man die Schachtel, werden die Teile eine andere Anordnung annehmen. Das wird wahrscheinlich ein ungeordneter Zustand sein, in dem die Teile kein Bild ergeben, weil es viel mehr ungeordnete Zustände gibt. Einige Bruchstücke werden noch Teile des Bildes erkennen lassen, doch je mehr man die Schachtel schüttelt, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß auch diese Kombinationen sich auflösen und in einen völlig durcheinandergewürfelten Zustand geraten, in dem sie keinerlei Ähnlichkeit mit einem Bild zeigen. Deshalb wird die Unordnung der Teile wahrscheinlich mit der Zeit zunehmen, wenn sie die Anfangsbedingung erfüllen, daß sie in einem Zustand großer Ordnung

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