Eine Lady nach Maß
ähm … hatte mich daran erinnert, dass Sie mal gesagt hatten, dass Sie … ähm … das Ausgangslied, was ich heute ausgewählt habe, ganz besonders mögen.“
Seit wann wurde Ike in Delias Gegenwart nervös? Du liebe Zeit, sie sahen sich doch täglich!
„Das ist sehr aufmerksam von Ihnen. Aber die anderen Lieder waren auch wunderschön. Die Melodien gehen mir sehr zu Herzen, wenn Sie Klavier dazu spielen.“
„Oh, ich … danke. Ähm … vielen Dank.“
J.T. runzelte finster die Stirn, während er von Delia zu Ike und wieder zurück blickte. Normale Menschen unterhielten sich nach dem Gottesdienst über das Wetter, die Ernte oder die kranke Tante Myrtle. Was war mit den beiden hier los? Vielleicht sollte er Ike zur Hilfe kommen und mit ihm über den Regen sprechen. Er räusperte sich, um sich in dieses seltsame Gespräch wieder einzubringen, als plötzlich ihn jemand am Arm berührte.
„Entschuldigung, Mr Tucker.“ Hannah lächelte ihn an. Augenblicklich vergaß J.T. alles, was er über Delia und Ike gedacht hatte. „Ich glaube, ich brauche Ihre Hilfe. Könnten Sie mich vielleicht nach draußen begleiten?“
„Natürlich.“ Ike schaffte das schon allein.
„Ich hoffe, es ist nichts Ernstes, Miss Richards“, sagte Ike besorgt.
„Nein, gar nicht. Aber vielen Dank für Ihre Anteilnahme. Ich bin sicher, Mr Tucker kann mir im Handumdrehen helfen.“
J.T. hatte das Gefühl, er wäre gerade um mindestens zwei Zentimeter gewachsen, und folgte Hannah, die sich den Weg durch die Menschen bahnte. Sie blieb weder auf den Treppen noch im Hof stehen, sondern ging direkt auf Ezras Wagen zu. Wollte sie, dass er etwas daran reparierte? Er rückte seinen Hut zurecht und war sich sicher, dass er ihr jeden Wunsch erfüllen würde, den sie äußerte.
Er streifte seinen Sonntagsmantel ab und hängte ihn an Ezras abgenutzten Ledersitz. „Um was soll ich mich kümmern?“
Hannah lehnte sich entspannt an den Wagen und zog mit dem Fuß einen Strich in den Staub vor sich auf dem Boden. „Ach, ich glaube, du hast schon alles erledigt.“
J.T. sah sie verwirrt an. „Das verstehe ich nicht.“
Sie lächelte. „Ich weiß.“
Worauf wollte sie hinaus? Er starrte sie an, bis sie schließlich zur Seite blickte.
Eine seltsame Ahnung, dass sie ihn gerade überlistet hatte, schnürte ihm den Magen zu. Ein Lächeln, eine Berührung am Arm, und er war ihr hinterhergelaufen wie ein gehorsames Hündchen. „Also hast du mich angelogen?“, brummte er, nahm seinen Mantel vom Wagen und stapfte davon. Frauen! Er hätte es besser wissen sollen.
„Warte, Jericho. Ich habe nicht gelogen!“ Hannah rannte hinter ihm her und fasste wieder nach seinem Arm.
Er schüttelte sie ab.
„Ich brauchte dich hier draußen, Jericho. Aber das war alles. Du solltest nur mit nach draußen kommen.“
Er sah sie finster an. „Was soll das hier?“
Die Funken, die in ihren Augen geglitzert hatten, erloschen. „Du wolltest sie unterbrechen, doch sie brauchten mehr Zeit für sich. Ohne deine Störung.“
Was redete sie für einen Unsinn? Fragend zog er die Schultern nach oben. „Wer?“, wollte er wissen. „Wer brauchte mehr Zeit?“
„Cordelia und Ike.“
„Delia und …“ Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Sie hatte ihn nicht überlistet. Na gut, vielleicht ein bisschen, aber es war gewesen, um seiner Schwester einen Gefallen zu tun, und nicht, um ihm den Kopf zu verdrehen. Sie wollte einfach nur dem Glück von zwei Menschen nachhelfen.
Unter anderem dem seiner Schwester.
Sein Zorn flammte wieder auf.
„Delia und Ike? Ike ist der Mann, von dem du die ganze Zeit redest? Der, den Delia liebt?“
Hannah sah sich schnell um. „Leise! Es könnte dich jemand hören.“
J.T. scherte sich nicht um die Lautstärke seiner Stimme. Seine Schwester flirtete mit einem Mann! Einem Mann, den sie jeden Tag besuchte! Alleine! Ohne Anstandsperson!
„Wenn er sie angefasst hat, dann –“
Hannah packte ihn am Kragen. Er starrte sie ungläubig an. Sie starrte zurück. „Reg dich ab, Cowboy. Es ist nichts zwischen den beiden passiert und das wird es auch nicht. Sie sind in einer Kirche mit dutzenden Menschen um sich herum. Denk doch mal nach.“
J.T. schnaufte ein paar Mal durch.
„Cordelia ist kein Mädchen mehr, Jericho. Sie ist eine Frau im heiratsfähigen Alter. Eine intelligente, liebende, großherzige Frau, die sich danach sehnt, ihr Leben mit jemandem zu teilen.“
Er knirschte mit den Zähnen. Sein Verstand erkannte
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