Eine Lady nach Maß
Tropfen weg.
J.T. eilte ihr zur Hilfe, griff sich ein Geschirrtuch und tupfte vorsichtig ihr Gesicht ab. Er strich sanft über ihre Stirn, die Wangen und das Kinn. Dann, nur um sicherzugehen, fuhr er ihr auch über die Lippen. Sie befeuchtete ihre Lippen wieder mit der Zunge. Hitze stieg in J.T. auf.
„Danke.“ Ihre leise Stimme schickte ein Zittern durch seinen Körper.
Er räusperte sich. „Keine Ursache.“
Die Verwirrung in ihren Augen wich einem frechen Funkeln, was J.T. aber nicht weniger anziehend fand. „Jetzt, wo du das Geschirrtuch in der Hand hast“, sagte sie, „kannst du auch gleich abtrocknen.“ Hannah streckte ihm den versunkenen Teller mit einem breiten Grinsen entgegen.
Er hob eine Augenbraue, nahm ihr den Teller aber ab. „Erzähl meiner Schwester nicht, dass ich weiß, wie man mit dem Geschirrtuch umgeht, sonst muss ich das ab jetzt jeden Tag machen.“
Hannah nahm ihre nassen Hände aus dem Wasser und bespritzte ihn mit ein paar Tropfen. Er blickte finster drein, woraufhin Hannah erneut in lautes Gelächter ausbrach.
„Meine Mutter hat immer gesagt, dass Spülwasser gut gegen jede Art von Unpässlichkeit hilft. Es täte dir gut, öfter damit in Kontakt zu kommen.“
J.T. bezweifelte, dass es das heilen konnte, was ihn umtrieb, aber er war sich auch gar nicht sicher, ob er davon überhaupt geheilt werden wollte.
Sie verfielen in einmütiges Schweigen, das nur durch das Klappern des Geschirrs unterbrochen wurde. Während er darauf wartete, dass Hannah ihm den nächsten Teller reichte, bewunderte er den Schwung ihres Halses, den er so gerne mit seinen Lippen berührt hätte. Schnell wandte er sich ab und richtete seinen Blick auf ihr Haar, was ihm unverfänglicher erschien. Da erst bemerkte er, dass sie ein blaues Band hineingeflochten hatte. Sein Geschenk. Sie trug sein Geschenk.
Er hatte sich unaufhörlich Sorgen gemacht, ob sie seine Geschenke nicht zu kindisch finden würde. Obwohl er sich in ihrer Nähe häufig so unsicher wie ein kleiner Junge fühlte. Trotzdem, welcher Mann würde einer Frau eine Feder schenken? Doch an der Unterhaltung zwischen Delia und Ike in der Kirche hatte J.T. erkannt, dass Frauen Poesie mochten. Zumindest war das bei seiner Schwester so. Seine Mutter hätte über die Kleinigkeiten die Nase gerümpft und sich abgewandt. Doch Hannah schienen seine Aufmerksamkeiten zu gefallen. Das hatte er gehofft. Hannah war eine Frau, die die Schönheit in den kleinen Dingen erkannte.
Jeden Abend war er in der Umgebung der Stadt herumgewandert und hatte Ausschau nach dem richtigen Geschenk gehalten, doch er hatte nie den Mut aufgebracht, es ihr persönlich zu übergeben. Deshalb hatte er die Dinge heimlich auf ihrer Treppenstufe abgestellt.
Da er nicht gewusst hatte, dass seine Schwester Hannah zum Abendessen eingeladen hatte, hatte er kurz vor ihrer Ankunft ein weiteres Geschenk auf ihre Treppe gestellt. Ihm war nichts mehr eingefallen, was er hätte schreiben können, also hatte er ihr nur das Glas mit einer Sonnenblume dagelassen.
Doch er wollte kein Feigling sein, also gab er sich endlich einen Ruck und stellte die Frage, die ihm auf der Zunge brannte. „Also … hm … hat dir die Sonnenblume gefallen?“
Ihre Augen wurden ein wenig größer und Röte stieg ihr in die Wangen, aber das Lächeln, das sie ihm schenkte, ließ seine Knie weich werden. „Ich liebe sie. Und auch all die anderen Geschenke. Danke.“
„Gerne.“
Sie wandte sich wieder ihrer Arbeit zu und suchte in der Schüssel nach einem weiteren Gegenstand, den sie spülen konnte. „Ich hatte gehofft, dass sie von dir sind.“ Sie sprach so leise, dass er sie kaum verstand. „Ich hätte dir schon früher gedankt, aber die Botschaften waren nicht unterschrieben. Ich wollte mich nicht blamieren. Aber von wem hätten sie sonst sein sollen?“
„Du hast also niemanden, der sich sonst für dich interessiert?“, fragte er mit einem leichten Anflug von Eifersucht.
„Nein.“ Die Gabel, die sie gerade geschrubbt hatte, entglitt ihrer Hand und verschwand wieder in den schaumigen Tiefen. „Aber ich war auch nicht sicher, ob du dich für mich interessierst. Zumindest wenn ich daran denke, was du anfangs von mir gehalten hast.“
„Das lag daran, dass ich engstirnig war und nicht über meine eigenen Erfahrungen hinwegsehen konnte.“
Sie wandte sich ihm zu und die Verletzlichkeit in ihren Augen traf ihn bis ins innerste Herz. Zum ersten Mal in seinem Leben wünschte er sich, dass er zu der
Weitere Kostenlose Bücher