Eine Lady von zweifelhaftem Ruf
lang.«
»Dann müssen wir vier mal zusammen essen. Wir können dir erzählen, wie raffiniert wir jenes Verbrechen aufgeklärt haben, und du kannst so tun, als würdest du die Geschichte noch nicht kennen.«
Da war es wieder. Es war an der Zeit zu gehen. Jonathan stellte seine Kaffeetasse ab und erhob sich. »Ich muss wieder los. Es war schön, wenn auch unerwartet, dich zu sehen.«
»Wenn du Miss Pennifold weiterhin durch die Stadt folgst, Albrighton, wird es nicht lange dauern, bis wir uns erneut unerwartet sehen.«
4
Am Nachmittag des gleichen Tages ging Celia durch das prunkvoll eingerichtete Wohnzimmer im Haus ihrer Mutter in der Orchard Street. Mr Mappleton, der rundliche und allmählich kahl werdende Testamentsvollstrecker, führte nun die schlechten Neuigkeiten weiter aus, die er gestern nur kurz angedeutet hatte, als sie sich vor der Beerdigung getroffen hatten.
»Wie bereits angedeutet, muss das Haus verkauft werden, um Ihre Gläubiger auszuzahlen. Das Anwesen und sein Inventar sollten, dafür ausreichen. Die Kutsche muss ebenfalls abgestoßen werden, aber ich nehme an, dass Sie das Cabriolet und die Fuchsstute behalten können.«
»Und das Haus in der Wells Street?« Sie hoffte inständig, dass seine letzte Kalkulation nicht ergeben hatte, dass sie es ebenfalls verkaufen musste.
»Bis jetzt scheint es so, als würde es verschont bleiben. Doch sollten weitere Schulden auftauchen – nun, wie ich zuvor schon erwähnt habe …« Mr Mappleton tupfte sich die Stirn mit einem Taschentuch ab. Erben mitzuteilen, dass es nur wenig zu erben gab, bekümmerte ihn. »Ich fürchte, dass nicht viel übrig bleiben wird. Ich möchte nur klarstellen, dass ich Ihrer Mutter als ihr Anwalt zu weniger Extravaganzen geraten habe. Immer wieder.«
»Bitte fühlen Sie sich nicht an einer Situation schuldig, die Sie nicht verursacht haben. Und Sie sollten auch nicht denken, dass meine Mutter Ihren Rat ignoriert hat. Doch ihr Gewerbe erforderte diese Extravaganzen einfach. Den Schein von Respektabilität aufrechtzuerhalten ist für eine Frau wie meine Mutter ebenso wichtig wie für eine Herzogin.«
Celia musterte die teuren Wildseidenvorhänge an den Fenstern und die klassischen Möbel. Das Zimmer war eine sorgfältige Komposition von Blau- und Cremetönen. Jedes Stück war ausgewählt worden, um guten Geschmack zu reflektieren, damit sich die besuchenden Herren ganz wie zu Hause fühlten. Es war wichtig, eine Art von Illusion zu erschaffen.
Nichts hatte sich in diesem Raum verändert, seit Celia ihre Mutter und dieses Haus vor fünf Jahren verlassen hatte. Sie und Alessandra hatten sich während ihrer stetigen Entfremdung zwar gelegentlich getroffen, aber niemals hier. Celia hatte das Haus erst wieder betreten, als ihre Mutter bereits im Sterben lag.
»Ist dieses Anwesen bereits in den Händen eines Maklers, Mr Mappleton?«
»Darum wollte ich mich kümmern, nachdem ich Sie über die Einzelheiten informiert habe. Ich werde morgen noch einmal vorbeischauen und eine Inventur vornehmen, um den Wert des Besitzes genau zu ermitteln.«
Celia blieb neben einem Mahagonitisch stehen, auf dem eine Chinavase stand. Sie befand sich nun fast an der gleichen Stelle, wo Anthony ihr behutsam, aber nachdrücklich erklärt hatte, dass sie seine Absichten missverstanden hatte.
Sie hatte gedacht, dass er eine Ehe meinte, als er davon sprach, für immer zusammen zu sein. Sie hatte gedacht, dass er sie aus all dem hier emporheben und retten würde. Sie war eine Närrin gewesen.
Nein, keine Närrin, nur jung und verliebt. Nur immer noch viel zu unschuldig, trotz der Lektionen ihrer Mutter. Das war alles. Erfahrungen über die menschliche Natur lassen sich nicht so einfach erlernen, genauso wenig wie die brutale Art des Lebens, Menschen zu Kompromissen zu zwingen.
Sie schloss die Augen und wartete darauf, die Verzweiflung jenes Tages erneut zu verspüren. Doch sie kam nur als schwaches Echo zu ihr zurück. Celia war schon seit langer Zeit darüber hinweg. Fünf Jahre in Daphnes Heim nahe Cumberworth hatten ihr genug Zeit gegeben, um erwachsen zu werden.
Sie gab Anthony seit Jahren keine Schuld mehr. Natürlich heiratete ein wohlhabender Mann aus guter Familie nicht die Tochter von Alessandra Northrope. Für solche Fälle gab es Regeln. Celia kannte sie inzwischen nicht nur, sondern hatte auch ihre Macht akzeptiert.
»Da das Haus noch nicht zum Verkauf steht, würde ich gerne die persönliche Habe meiner Mutter sorgfältiger durchsehen,
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