Eine Lady von zweifelhaftem Ruf
sind Menschen wegen ihrer Handlungen tot. Verstehen Sie mich nicht falsch – ich halte Ihnen diese letzte Sache nicht vor. Jemand musste ihn an den ehrenhaften Ausweg erinnern. Ich war bereit, selbst in den Norden zu reisen, um es nötigenfalls zu tun.«
»Und warum haben Sie es nicht getan?«
Castleford unterdrückte ein Gähnen. »Ich hätte nicht gedacht, dass er den Mut haben würde, das Richtige zu tun. Und was dann? Es musste sein, zum Wohle Englands, aber ich wollte nur ungern einer dieser Soldaten sein, falls er Hilfe benötigen würde. Es ist eine Erleichterung, dass er es schließlich doch selbst fertiggebracht hat.«
Außer dass dem nicht so gewesen war, und Castleford vermutete genau jenes.
Der fragliche Mann hatte sich nicht in sein eigenes Schwert stürzen wollen, sondern von Jonathan erwartet, dass er sich darum kümmerte. So wie er sich schon um so vieles in dieser traurigen Angelegenheit gekümmert hatte. Doch es gab Grenzen dessen, was ein Mann vor sich selbst rechtfertigen konnte, ganz egal, wie gerecht die Sache war. Selbst eine dunkle Seele wie seine hatte ein paar Momente moralischer Klarheit.
Jonathans Weigerung war für den Feigling, der bei einem »Unfall« hatte sterben wollen, der seinen guten Namen intakt gelassen hätte, ein Schock gewesen. Jonathan wusste nicht, wer sich schließlich erbarmt hatte, auf den Abzug zu drücken, nachdem er den Mann und die nach Verzweiflung stinkende Bibliothek verlassen hatte. Er nahm an, dass es ein Diener oder sogar die Ehefrau gewesen war.
»Sie behaupten also, Ende gut, alles gut, ganz egal, wie dieses Ende zustande gekommen ist?« Ihm gefiel die Verbitterung nicht, die er in seiner eigenen Stimme bemerkte. »Ich bin erfreut, dass Sie mich so früh hergebeten haben, damit ich mich Ihrer Zustimmung versichern konnte.«
Goldene Augen starrten ihn an. Das Lächeln verhärtete sich. Castleford war der Sarkasmus nicht entgangen. »Eigentlich habe ich Sie deswegen früher bestellt, um Ihnen zu sagen, dass ich Ihnen nicht die Schuld daran gebe, was vor zwei Jahren in Frankreich geschehen ist. Seit damals gab es nur wenig Gelegenheiten, um das zu tun.«
»Sie meinen eher, dass Sie mir nicht
länger
die Schuld daran geben?«
»Verdammt, das habe ich nie getan.«
»Ich hoffe, dass Sie es sich stattdessen nicht selbst vorwerfen. Es gab keine andere Wahl.«
»Es gibt immer eine andere Wahl«, fauchte er. Dann entspannte er sich wieder und zuckte mit den Schultern. »Aber die Pflicht rief und so weiter.«
»Ja. Und so weiter.«
Dankbarerweise kam in diesem Moment Summerhays an, kein bisschen zu spät. Castlefords Laune besserte sich bei seinem Anblick schlagartig. »Ich hoffe, du hast jede Menge Geld mitgebracht, Summerhays. Ich habe vor, mit Albrighton als Partner zu spielen, und wenn ich mich richtig erinnere, trinkt er beim Kartenspiel niemals, um einen rasiermesserscharfen Verstand zu behalten.«
»Bedauerlicherweise kann er jedoch nicht allein antreten, sondern wird gezwungen sein, dein unberechenbares Spiel mitzutragen«, stichelte Summerhays. Er begrüßte Jonathan herzlich. Sie hatten sich seit Jahren nicht gesehen. Lord Sebastian Summerhays war ein weiterer Freund aus Studienzeiten und wusste als Bruder eines Marquess und wichtiges Mitglied des Unterhauses genug über Jonathans Aktivitäten, um nicht danach zu fragen.
»Ich habe gehört, dass du schon seit fast einem Jahr aus Frankreich zurück bist«, sagte Summerhays.
»In England, ja. Aber nur selten in London.«
»Aber nun wirst du erst mal in der Stadt bleiben?«
»Zumindest für eine Weile.«
Summerhays ließ sein berühmtes Lächeln aufblitzen, das die Frauen in Ohnmacht fallen und die Männer ihren Geldbeutel überprüfen ließ. »Du musst unbedingt vorbeikommen und meine Frau Audrianna kennenlernen. Sie hat bereits nach dir gefragt.«
Jonathan konnte sich nicht vorstellen, warum dem so sein sollte. Seine Verwirrung musste sich in seinem Gesicht widergespiegelt haben, denn Summerhays fügte hinzu: »Sie ist gut mit Lady Hawkeswell befreundet, die ein wenig über dich weiß. Mehr als ich derzeit, wenn man die Neugier in meinem Heim betrachtet.«
Summerhays wartete darauf, dass ihn Jonathan auf den neuesten Stand brachte und damit auch seine eigene Neugier befriedigte. Jonathan fragte sich, was Lady Hawkeswell über ihren Besuch bei Celia gesagt oder verschwiegen hatte.
Die Stille wurde von Castleford unterbrochen. »Ah, da ist Hawkeswell, damit wir endlich zur Sache kommen
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