Eine Lady zu gewinnen ...
Gegner nur noch die Staubwolke hinter ihrer Kutsche gesehen hätte, aber Gabriel schien auf den Beistand des Himmels oder der Hölle zählen zu können, denn seine Pferde flogen schneller als der Wind dahin. Als sie die Ziellinie erreichten, war er immer noch einen guten Meter vor ihr.
Der Schurke hatte gewonnen! Und sich dabei beinahe selbst umgebracht!
Schäumend vor gerechtem Zorn brachte sie ihren Carrick zum Stehen, sprang vom Fahrersitz und übergab die Zügel den Stallburschen, die herbeigeeilt kamen. Dann marschierte sie direkt auf Gabriel zu, der gerade von seinem Phaeton sprang.
Ohne auf ihren Großvater und Pierce zu achten, die sie in Empfang nehmen wollten, ging sie auf ihn los. »Haben Sie den Verstand verloren? Das bringen auch wirklich nur Sie zustande: eine völlig harmlose Strecke in eine Todesfalle zu verwandeln!«
Er zwinkerte ihr zu und zuckte mit den Schultern. »Ich bin der Todesengel. Was erwarten Sie von mir?«
Das war zu viel! Sie gab ihm eine schallende Ohrfeige. »Ich erwarte, dass Sie wenigstens ein bisschen Respekt vor einem Menschenleben haben.« Das Blut rauschte immer noch in ihren Ohren. »Sie hätten uns beide verletzen können, und unsere Pferde auch!«
Mit funkelnden Augen rieb er sich die Wange, wo ihre Hand ihn getroffen hatte. »Aber ich habe niemanden verletzt.«
»Nur weil sie teuflisches Glück hatten!«
Sein Blick durchbohrte sie. »Und weil ich mit einem Gespann umgehen kann. Sie sind bloß wütend, weil ich gewonnen habe.«
Das brachte das Fass zum Überlaufen. »Ich bin wütend, weil Sie ein so unglaubliches Risiko eingegangen sind! Wenn Ihr Phaeton bei dieser Geschwindigkeit aus dem Gleichgewicht geraten wäre, hätten Sie sich das Genick gebrochen!«
Mit gespieltem Erstaunen zog er eine Augenbraue hoch. »Also haben Sie sich Sorgen um mich gemacht?«
Dieser Schuft bog es sich doch tatsächlich so zurecht. »Ich habe mir um mich und die Pferde Sorgen gemacht. Ich gebe keinen Pfifferling darum, ob Sie sich bei einem Rennen den Hals brechen, aber ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich dabei aus dem Spiel lassen würden!«
Das schien ihn endlich aus der Reserve zu locken, denn Zorn flackerte in seinen Augen auf. »Ich hätte das Manöver niemals riskiert, wenn ich gedacht hätte, dass Sie dabei verletzt werden könnten. Um die Wahrheit zu sagen, hatte ich überhaupt keine Zeit zum Nachdenken – ich konnte gerade noch reagieren. Sie sind ausgeschert, und ich bin Ihnen ausgewichen. Als ich bemerkte, dass ich auf den Hang des Hügels geriet, habe ich versucht, das Beste daraus zu machen.«
Das besänftigte ihren Zorn nur geringfügig. »Sie hätten Ihre Pferde zügeln müssen. Aber das tun Sie wohl nie?«, fauchte sie und dachte dabei an Roger. »Sie hätten es nicht ertragen, zu verlieren.«
»Nein, das hätte ich nicht.« Sein Gesicht war nun ganz dicht vor ihrem, und seine grünen Augen sprühten Funken. »Zu gewinnen war meine einzige Chance, Ihnen den Hof zu machen, daher hatte ich keine Wahl.«
Während die Menge die Hälse reckte, um sich keines ihrer Worte entgehen zu lassen, konnte sie ihn nur mit offenem Mund anstarren. Wünschte er sich wirklich so sehr, ihr den Hof zu machen?
»Den Hof machen?«, fragte Poppy.
»Den Hof machen!«, echote Pierce.
Gütiger Himmel, sie hatte die beiden völlig vergessen. Das war es nun mit ihrer Absicht, den wahren Wetteinsatz vor ihrer Familie geheim zu halten – und vor der klatschsüchtigen Londoner Gesellschaft.
Mittlerweile hatte sich die gesamte Sharpe-Familie um sie herum versammelt wie das Publikum bei einem Boxkampf.
»Sie haben eine Wette abgeschlossen«, klärte Mrs Plumtree Poppy auf. »Wenn sie gewonnen hätte, wäre er auf der Nadelöhrstrecke in Turnham Green gegen sie angetreten. Wenn er gewinnt, darf er ihr den Hof machen.«
»Und das haben Sie mir verschwiegen?«, fuhr Poppy Mrs Plumtree an.
»Ich habe erst davon erfahren, als Sie uns bereits verlassen hatten«, erwiderte sie.
»Mir ist es völlig egal, was für Vereinbarungen die beiden getroffen haben«, gab Poppy wütend zurück. »Ihr Enkel wird meiner Enkelin nicht den Hof machen!«
Gabriel sah Virginia finster an. »Haben Sie vor, unsere Wette nicht einzulösen?«
Sie straffte sich. »Selbstverständlich werde ich meine Wettschulden begleichen«, sagte sie, ohne auf Poppys empörten Ausruf zu achten. »Aber Sie werden nicht viel Freude daran haben, mir den Hof zu machen, wenn Sie Ihr Verhalten nicht ändern. Ich werde niemals
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