Eine letzte Breitseite
habe ich gar nicht gedacht.«
»Nicht daß Old Dick…« Er brach ab und grinste. »Entschuldigung, das rutschte mir so raus.«
»Sprechen Sie weiter.«
Allday zuckte die Achseln. »Ich bin lange genug mit Ihrem Onkel gefahren«, sagte er, und seine Stimme schien von weit her zu kommen. »Wir haben eine Menge zusammen erlebt und erreicht. Ich habe gesehen, wie es ihn schmerzte, wenn brave Jungs auf seinen Befehl hin sterben mußten. Wie im Tran ist er übers Deck gegangen, während Splitter rechts und links von ihm hochsprangen, weil die Scharfschützen ihn aufs Korn genommen hatten.« Fast sah es aus, als schäme sich Allday, sein tiefwurzelndes Vertrauen laut werden zu lassen. »Nein, er würde seine Leute nicht einmal Ihretwegen in den Tod schicken.«
Mühsam stand Pascoe auf und trat zu ihm. »
Unsertwegen
,
wollen Sie sagen.«
Allday lächelte. »Nett von Ihnen, es so auszudrücken. Aber Bootsführer sind leichter zu kriegen als Blutsverwandte.« Pascoe seufzte. »Ich wünschte, ich könnte etwas für ihn tun.« Draußen ertönte ein Ruf, und Allday spähte wieder durch die Zeltklappe. »Da kommt ein Reiter angeprescht, als ob alle Kobolde von Exmoor hinter ihm her wären!«
»Lassen Sie mich sehen«, sagte Pascoe.
Sie beobachteten San Martin, der vor seinem Zelt stand und mit geneigtem Kopf dem Kurier lauschte, der schon von der Zeltgasse her seine Botschaft heraufrief.
»Da ist was im Gange«, murmelte Allday.
Pascoe faßte ihn beim Arm. »Ich verstehe ein bißchen Spanisch.« Er horchte. »Ein Fischer hat ein Schiff gesehen, ein
große
s
Schiff«, berichtete er dann leise.
Sekundenlang starrten sie einander an. Dann sagte Allday gepreßt: »Wenn es nur
ei
n
Schiff ist, dann wissen wir auch, welches – nicht wahr, Mr. Pascoe?«
San Martin schrie einen Befehl. Dann gellte eine Trompete. Sie traten zurück.
Allday dachte an die Küstenbatterie auf der Landzunge. Was für ein Pech, daß dieser Fischer etwas gesehen hatte und San Martin nun gewarnt war.
»Eben wünschten Sie doch, Sie könnten etwas für Ihren Onkel tun?« Pascoe schien etwas zu dämmern; er nickte. »Also: Wenn die
Lysande
r
ode
r
ein anderes Schiff des Königs jetzt die Nase in diese Bucht steckt, dann geht es ihm schlecht – ganz bestimmt.«
San Martins Stimme war auf einmal ganz nahe, und Pascoe sagte rasch: »Einen Schluck Wein?« Er schob Allday seinen vollen Becher in die Hand.
»Sagen
Sie
etwas!«
flüsterte er.
Allday verschluckte sich beinahe. »Ich weiß das noch wie gestern, als wir damals auf der alten
Hyperio
n
waren und…«
San Martin schlug die Eingangsklappe auf, trat in das dämmerige Zelt und musterte Brot und Wein. »Gut«, sagte er, »sehr gut.«
»Dieses Trompetensignal eben«, fragte Pascoe, »bedeutete das Gefahr?«
San Martin sah ihn forschend an. »Unwichtig. Für Sie jede nfalls.« Er ging im Zelt herum wie ein Tier im Käfig. »Ich wollte Sie noch heute an Bord bringen lassen. Aber damit muß ich nun bis morgen warten. Ich schicke Sie nach Toulon. Der französische Admiral hat mehr Zeit als ich für solche Dinge.«
»Es ist eben Krieg, Sir«, sagte Allday ernst.
San Martin sah ihn lange an. »Auf einem guten Pferd in die Schlacht zu reiten,
da
s
ist Krieg«, sagte er schließlich. »Aber nicht, dieses dreckige Gesindel hier zu befehligen.« Er blieb am Zelteingang stehen. »Ich werde Sie wahrscheinlich nicht wiedersehen.«
Sie warteten, bis seine Schritte verhallt waren; dann sagte Allday: »Gott sei Dank!«
Pascoe fuhr sich durchs Haar, um Staub und Sand zu entfernen.
»Er behält seine Schiffe bis morgen hier«, überlegte er laut. »Also muß unser Schiff ganz in der Nähe sein.«
Allday blickte zur Zeltwand, die von dem heißen Wind nach innen gedrückt wurde.
»Wenn der Wind so bleibt wie jetzt, Mr. Pascoe, dann kommt die
Lysander
bestimmt in die Bucht.«
»Sind Sie denn siche r, daß es die
Lysande
r
ist?
«
fragte Pascoe eindringlich.
»Sie etwa nicht?«
»Doch«, nickte Pascoe.
»Dann kommt sie in der Nacht oder bei Morgengrauen, schätze ich«, sagte Allday und trank einen Schluck Wein. »Also müssen wir die Köpfe zusammenstecken und uns was ausdenken, um sie zu warnen.«
Er dachte daran, was Pascoe vorhin gesagt hatte:
E
s
wir
d
lange
dauern
,
bi
s
wi
r
wiede
r
i
n
Englan
d
sin
d
–
wen
n
überhaupt
.
Was sie unternehmen konnten, um das Schiff zu warnen, und was das Ergebnis auch sein würde – eins war sicher: Sie würden beide teuer dafür
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