Eine Liebe auf Korfu
beobachtet er Sie. Offensichtlich begehrt er Sie. Eine ganz natürliche Regung. Immerhin ist er ein Mann. Und Sie sind eine schöne Frau. Was kann er jetzt tun, wo Sie von Ihrer Tante beaufsichtigt werden, einer strengen Anstands dame? Gar nichts. Sehr komisch …“
„Vielleicht für Sie!“, zischte sie, zu verwirrt, um sich diplomatisch zu verhalten. „Aber Sie täuschen sich, Sir. Und es wäre mir furchtbar peinlich, wenn Sie diesen Unsinn auch anderen Leuten erzählen würden.“
„Beruhigen Sie sich. Niemals würde eine vernünftige junge Dame wie Sie einem englischen Aristokraten, der sich auf der Durchreise befindet, ihre Tugend opfern. Mag sie ihn auch noch so attraktiv finden … Obwohl sie gut erzogen ist – der Earl wird eine Frau heiraten wollen, die auf eine konventionellere Vergangenheit zurückblickt. Selbst wenn die Ihre makellos ist … Ich bewundere Ihre Diskretion und Zurückhaltung. Wenn man bedenkt, wie verführerisch der liebe Benedict auf das weibliche Geschlecht wirkt … Nein, nein!“ Abwehrend hob er eine Hand, als sie sich entrüstet zu ihm wandte. „Auch diese Angelegenheit wird unser kleines Geheimnis bleiben. Inzwischen haben wir schon mehrere, nicht wahr?“
Er war ein unverschämter, provozierender Schurke und vielleicht gefährlich, aber sehr charmant, allerdings viel zu freimütig. Mit schmalen Augen starrte sie ihn an. „Sie ken nen zwei meiner Geheimnisse, Sir. Und Sie haben mir kei nes von Ihren verraten. Das finde ich ungerecht.“
„Was könnte ich Ihnen gestehen?“ Zagrede gab vor, angestrengt nachzudenken. „Ach ja, ich will Ihnen mein Herz öffnen. Vielleicht werden Sie mir helfen. Ich suche eine englische Braut.“
„Oh Gott!“, seufzte Alessa und begann bergauf zu steigen. „Meinen Sie das ernst?“
„Völlig ernst. Hier bin ich von vier schönen jungen Engländerinnen aus angesehenen Familien umgeben. Und was erfahre ich? Zwei sollen nach Venedig fahren, ehe ich eine Gelegenheit finden werde, eine dieser Damen erfolgreich zu umwerben.“
„Bringt Lady Trevick ihre Töchter nach Venedig?“ Sie spähte über die Schulter und sah Benedict an der Seite ihrer Cousine heraufwandern. Aber er ließ sie nicht aus den Augen, und das bereitete Alessa nach den Kommentaren des Grafen ein wachsendes Unbehagen.
„Nein, Lady Blackstone wird mit ihrer Tochter zu ihrem Gemahl nach Venedig reisen. Und Sie werden die beiden begleiten.“ Als Zagrede ihre Bestürzung bemerkte, fügte er hinzu: „Wussten Sie das nicht?“
„Ich hatte keine Ahnung …“ Was mochte das bedeuten? Sie plante nach England zu fahren, ihr Erbe zu beanspruchen und den Kindern ein neues Heim zu bieten. Eine Unterbrechung der Reise würde das alles hinauszögern.
„Sicher wird Venedig Ihnen gefallen, eine faszinierende Stadt. Dort werde ich Sie besuchen.“
Alessa riss sich zusammen. Wenn sie in die Villa zurückkehrten, musste sie mit ihrer Tante sprechen und die Wahrheit herausfinden. „Ich habe schon so viel von Venedig gehört, und ich freue mich sehr darauf. Halten Sie sich oft in dieser Stadt auf, Sir?“
„Sehr oft. Meine Geschäfte führen mich regelmäßig hin. In Venedig werde ich Ms. Blackstone und Ihnen Perlen überreichen, und Sie werden sich beide in mich verlieben.“
Welch ein unmöglicher Mann … Als der Weg etwas steiler anstieg, hängte sie sich bei ihm ein. „Also haben Sie Ihr Herz noch nicht verschenkt, Graf?“
„Bisher nicht. Allerdings fürchte ich, was eine gewisse junge Dame betrifft, muss ich meine Hoffnungen begraben.“ Zagrede warf Alessa einen bedeutsamen Blick zu und trieb ihr wieder einmal das Blut in die Wangen.
„Schauen Sie doch, blühender Fenchel! Den muss ich pflücken.“
„Oh, der wächst überall“, bemerkte er und half ihr, den Hang hinaufzuklettern.
„Das weiß ich. Aber hier ist er besonders schön. Sehen Sie, diese große Blüten …“ Sie pflückte einige Pflanzen, hielt sie hoch, und er umfasste ihre Hand, während er die Blumen betrachtete.
In diesem Moment wurden sie von Frances und Benedict eingeholt.
„Alles in Ordnung?“, stieß der Earl erbost hervor.
„Natürlich“, erwiderte Alessa in kühlem Ton und las in Zagredes Augen, was er dachte – wilde Eifersucht … „Auf die sem Terrain kenne ich mich aus, Lord Blakeney.“
Hatte der Graf recht? War Benedict nur eifersüchtig, weil er sie begehrte? Oder erfüllten ihn tiefere Gefühle, trotz ihrer „unkonventionellen“ Vergangenheit? Wahrscheinlich traf weder
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