Eine Liebe auf Korfu
fragte Lady Trevick.
„Hin und wieder habe ich zugesehen, wenn es auf der Spianada gespielt wurde. Aber von den Regeln verstehe ich nichts. Anscheinend sind sie ziemlich kompliziert.“
„Keineswegs“, widersprach Benedict. „Wenn ich sie erläutern dürfte …“
„Oh nein!“ In gespieltem Entsetzen hob Zagrede die Hände. „Würden mich die Damen vor Blakeney beschützen? Wenn ich den missionarischen Glanz in seinen Augen richtig deute, will er mir beibringen, Kricket zu spielen.“
Neues Gelächter lockte auch Lady Blackstone zu der Gruppe herüber. In kühlem Ton bemerkte sie, seit Alexandras Ankunft sei die Stimmung in der Villa geradezu übermütig geworden.
Sofort erhoben sich die Gentlemen, und das Kichern der jungen Damen verstummte. Alessa fragte sich, ob ihre Tante immer so streng war – oder ob ihr die Anwesenheit ihrer Nichte misshagte. Unsicher schaute sie zu Benedict hinüber, der sie mit ausdruckslosen Augen beobachtete, während er mit Lady Trevick höfliche Konversation machte und ein Kricket-Picknick vorschlug. Das würde er arrangieren, wenn sie alle in die Stadt zurückgekehrt waren.
„Oh, gewiss kann Sir Thomas eine Elf zusammenstellen, und einige Offiziere aus der Garnison oder an Bord der Schiffe im Hafen die gegnerische Mannschaft formieren. Möchten Sie auf der Seite des High Commissioners spielen, Lord Blakeney?“
„Selbstverständlich, Ma’am, ich würde mich geehrt fühlen.“
„Vielleicht könnten Sie dem Grafen das Spiel beibringen, Sir, solange wir hier sind“, meinte Alessa boshaft. „Dafür würde sich der flache Sandstrand ausgezeichnet eignen.“
„Bestimmt werden Sie großartig spielen, Graf“, hauchte Helena.
Die dunklen Augen verengt, wandte sich Zagrede zu ihr. „Glauben Sie das, Ms. Helena?“
Eifrig nickte sie.
„Dann ist es bedauerlich, dass wir keine Schläger besitzen. Oder benutzt man Rackets?“
„Zum Glück habe ich eine komplette Kricket-Ausrüstung mitgebracht, genügend Schlaghölzer und Lederbälle.“ Offensichtlich freute sich Lady Trevick auf den Zeitvertreib, der den Gästen geboten werden sollte.
In ironischer Resignation verneigte sich der Graf vor Benedict. „Dafür werde ich mich an Ihnen rächen, Ms. Meredith“, flüsterte er Alessa zu. In seinen dunklen Augen las sie ein mutwilliges Versprechen – und eine drohende Gefahr. Unwillkürlich erschauerte sie. Diesem Mann musste man trotz seines Charmes mit äußerster Vorsicht begegnen.
13. KAPITEL
Am nächsten Tag fand Alessa den Eindruck bestätigt, den sie von Graf Kurateni gewonnen hatte. Lady Blackstone kündigte beim Frühstück an, sie plane, den Dammweg entlangzuwandern, der das Festland mit einer Klippe verband. Von dort konnte man den steilen Pfad zum Kloster emporsteigen und auf das Dorf und die Bucht hinabblicken. „Heute ist es etwas kühler“, bemerkte sie, „und ich möchte einen Spaziergang genießen. Vielleicht werde ich bis ganz nach oben gehen. Wer begleitet mich?“
Alle wollten sich anschließen, auch Mr. Harrison. Da der Lord High Commissioner an diesem Morgen einen Trupp Soldaten besuchte, der quer über die Insel eine Straße baute, hatte er seinem Sekretär freigegeben.
Alessa hatte das Gefühl, sie wäre nicht nur einen Tag, sondern eine ganze Woche lang untätig gewesen. Deshalb freute sie sich über die Idee ihrer Tante. „Das ist eine sehr schöne Wanderung. Aber es geht ziemlich steil bergauf.“
„Nehmen wir ein oder zwei Maultiere mit“, schlug Benedict vor. „Wenn eine der Damen ermüdet, kann sie reiten. Vielleicht sollten wir auch Erfrischungen einpacken lassen.“
„Nicht allzu viele“, erwiderte Alessa. „Sicher werden uns die Mönche Speisen und Getränke anbieten, und es ist wundervoll, im Klostergarten zu picknicken.“
„Werden sie uns Frauen Zutritt gewähren?“, fragte Lady Blackstone erstaunt.
„Oh ja. Allerdings müssen wir Kopftücher tragen, außerdem Kleider mit langen Ärmeln und dezentem Dekolleté. Und in der Kirche dürfen wir nicht zur Ikonostase hinter dem Altar gehen.“
„Natürlich wissen Sie das alles, nachdem Sie schon so lange auf Korfu leben, Alexandra“, meinte Helena. „Sind Sie griechisch-orthodox?“
„Helena!“, mahnte ihre Mutter mit scharfer Stimme.
Als hätte sie eine skandalöse Frage gestellt, dachte Alessa. Offenbar ist es sehr wichtig, der Kirche von England anzugehören … Aber die Kinder waren orthodox, und daran würde sie gewiss nichts ändern. Sicher gab es in London
Weitere Kostenlose Bücher