Eine Liebe auf Korfu
KAPITEL
„Womit habe ich dich aus der Fassung gebracht?“, fragte Benedict. Prüfend betrachtete er Alessas gerötetes Gesicht.
„Mit gar nichts … Ich meine – du hast mich an meine Rückkehr nach England erinnert. Und ich weiß nicht, ob es richtig wäre, dorthin zu reisen. Korfu ist schon so lange meine Heimat. Wenn es mir in England nicht gefällt … Wenn meine Familie mich nicht mag … Außerdem muss ich an die Kinder denken. Einerseits glaube ich, in London hätten sie bessere Möglichkeiten, andererseits widerstrebt es mir, die beiden aus ihrer gewohnten Umgebung zu reißen.“
„Kinder sind anpassungsfähig. Und du solltest vor allem an dich selber denken. Zweifellos wirst du dich bald mit deinen Verwandten anfreunden.“
„Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich für immer bei ihnen wohnen möchte.“
„Damit solltest du dich abfinden, weil unverheiratete Damen nicht allein leben können.“
„Ich bin keine unverheiratete Dame im konventionellen Sinn.“
Als sie ihm einen kurzen Seitenblick zuwarf, überlegte er, ob sie ausprobieren wollte, wie weit sie gehen durfte. „Nein, das bist du nicht. Um dich in England wohlzufühlen, müsstest du dich etwas konventioneller verhalten. Ich nehme an, du wirst ein gesellschaftliches Debüt planen?“
„Und einen netten konventionellen Ehemann suchen? Hm …“ Seufzend rümpfte sie die Nase.
Das wünschte er nun wirklich nicht. Sie sollte sich in ihn verlieben und – wenigstens auf privater Ebene – seine unkonventionelle Alessa bleiben. Doch das wagte er in einem Klostergarten, in der Nähe so vieler Leute, nicht auszusprechen.
„Wird ein Gentleman mich als Ehefrau akzeptieren? Immerhin ist meine Vergangenheit fragwürdig.“ Offenbar erwartete sie keine Antwort, denn sie wechselte abrupt das Thema. „Sag mir doch, welchen Lebensstil könnte ich mir mit tausend Pfund pro Jahr leisten?“ Sie schob ein Stück Käse in den Mund. Ein paar Sekunden lang kaute sie nachdenklich. „Tante Honoria hat mir erklärt, so viel würde ein kleines Landgut abwerfen, das ich geerbt habe. Und ich finde, das ist sehr viel Geld.“
„Eine respektable Summe – kein Vermögen, aber es wird für ein paar Dienstboten, gediegene Kleidung und eine bescheidene Kutsche reichen.“
„Auch für eine gute Schule, die Demetri besuchen soll? Und eine Gouvernante für Dora?“
„Gewiss, wenn du das für erstrebenswert hältst.“
„Oh ja.“ Forschend schaute sie ihn über den Rand ihres Bechers hinweg an. „Bitte, schlag meiner Tante keine andere Lösung vor. Ohne die Kinder würde ich niemals nach England reisen.“
„In dieser Hinsicht habe ich nichts zu sagen“, protestierte Benedict.
„Doch, wenn du dich dazu entschließt. Immerhin bist du ein Earl. Rang und Status sind für sie sehr wichtig. Manchmal gewinne ich den Eindruck, dass sie glaubt, sie hätte unter ihrem Stand geheiratet. Auf Lady Trevicks und deine Meinung legt sie großen Wert. Hast du das noch nicht bemerkt?“
„Vermutlich gehört sie zu den Frauen, die immer tun, was ein Mann ihnen empfiehlt.“
„Jetzt bist du wieder genauso arrogant wie damals auf der Terrasse.“ Die Stirn gerunzelt, musterte sie ihn, und er starrte mit genauso finsterer Miene zurück. Dann lächelte sie plötzlich, und irgendetwas in seiner Brust krampfte sich zusammen. Offenbar sein Herz … „Nein, Benedict, wir wollen nicht mehr streiten. Wenn du willst, entschuldige ich mich.“ Der Glanz in ihren Augen erschien ihm unwiderstehlich. Hastig schaute sie weg, und er fürchtete, der Schimmer würde von Tränen herrühren – nicht von heiterer Ironie. Während sie sich wieder zu ihm wandte, blinzelte sie ins Sonnenlicht.
„Tut mir leid, wenn ich … arrogant war, Alessa. Und ich bedauere, was in der Bucht geschehen ist.“
„Daran war ich genauso schuld wie du. Auch an den Ereignissen in der Nische …“
„Nein, dafür übernehme ich die volle Verantwortung.“
„Also, das ist schon wieder arrogant. Ich bin kein behütetes junges Mädchen wie meine Cousine.“ Alessa steckte eine Olive in den Mund und saugte sie langsam zwischen ihre makellosen weißen Zähne.
Bei diesem Anblick wurde ihm heiß, und er schaute rasch zu Zagrede hinüber, der neben Frances und Helena im Schatten saß.
Irgendwie kam der Baum ihm bekannt vor. Natürlich, der Pfeffer der Mönche … „Muss ich den Grafen warnen? Unter diesen Ästen dürfte er sich nicht aufhalten.“
Alessa spähte ebenfalls hinüber, und ihr leises
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