Eine Liebe auf Korfu
sein, wenn er in einem Haus voller Frauen lebt und nicht zu einem Experten in allen modischen Belangen avancieren würde. ‚Oh, Benedict, die Röcke sind kürzer geworden, und ich habe nichts anzuziehen!‘“, klagte er mit verstellter Stimme. „Oder sämtliche Hüte müssen um gemodelt werden, weil man sich in dieser Woche unmöglich mit grünen Bändern zeigen kann. Oder dunkelrosa Seidenstrümpfe sind der letzte Schrei, und sie würden in ihren blassrosa Strümpfen grässlich aussehen.“
„Also hast du’s nicht leicht“, meinte sie belustigt und merkte ihm an, wie sehr er seine Schwestern liebte.
„Kommen wir nicht vom Thema ab. Glaub mir, du wirst dich in England sehr wohlfühlen. Zunächst will deine Tante Venedig aufsuchen. Wusstest du das?“
„Ja, der Graf hat es erwähnt.“
„Was der Mann alles weiß … Venedig ist eine eigenartige, wunderbare Stadt. Hoffentlich werden wir sie gemeinsam erforschen.“
„Fährst du auch hin?“
„Ja. Von dort aus werde ich die Reise nach England auf dem Landweg fortsetzen. Während wir uns in Venedig umsehen, werden die Kinder als ‚Anstandsdamen‘ fungieren.“
„Nur wenn meine Tante bereit wäre, die beiden mitzu nehmen.“ Venedig mit Benedict, Gondeln, Maskenbälle, Kanäle, geheimnisvolle dunkle Gassen, exotische Gewürze und Seide … Versuchungen und Risiken …
„Sicher wird sie erkennen, wie schockiert die Londoner Gesellschaft wäre, wenn sie dich auf Korfu zurücklassen würde. Gewiss, ich fürchte, sie wird die Kinder ziemlich kühl behandeln – und bestenfalls ignorieren. Sie sind es gewöhnt, dass man ihnen offenherzig und voller Zuneigung begegnet. Glaubst du, sie würden seelischen Schaden nehmen?“
„Nein, denn ich werde Ihnen erklären, Lady Blackstone sei zu bemitleiden, weil sie so ein kaltes Herz besitzt. Sie hat die beiden ‚Bauernbälger‘ genannt, und ich weiß nicht, ob ich ihr das verzeihen kann. Aber Frances würde die Kinder freundlich willkommen heißen.“
„Ganz bestimmt. So ein liebes, gutmütiges Mädchen …“
Genau die wohlerzogene, kultivierte junge Dame, die du suchst, um sie vor den Traualtar zu geleiten. Energisch verdrängte Alessa diesen Gedanken. „Wird sich meine Tante umstim men lassen und die beiden mitnehmen? Daran zweifle ich immer noch.“
„Sei versichert, du wirst mit Demetri und Dora nach England fahren.“ Benedict ergriff ihre Hand und zog sie an die Lippen. „Das habe ich mit diesem Kuss besiegelt.“
16. KAPITEL
Obwohl es nur eine flüchtige Zärtlichkeit war, kaum eine Berührung, entzog sie ihm ihre Hand. Möglichst würdevoll, wie sie hoffte …
Zu Alessas Verwirrung erriet Benedict ihre Gedanken. „Glaubst du, ich will nur mit dir flirten? Das stimmt nicht, ich meine es ernst. Fangen wir noch einmal von vorn an. Vergessen wir das Bad im Meer, all die Missverständnisse, und warten wir ab, was in England geschehen könnte. Dort wirst du Freunde brauchen, nicht nur deine Verwandten. Für mich wäre es schrecklich …“
„Alexandra!“
„Hier ist sie hinuntergegangen, da bin ich mir ganz sicher.“
Lachend kletterten die Trevick-Schwestern und Frances über den holprigen Kies zum Sandstrand hinab.
„Ah, da ist sie! Und der Earl …“ Helena winkte fröhlich, und Alessa erwiderte den Gruß.
„Offensichtlich beginnt Ms. Helenas gebrochenes Herz zu heilen“, meinte Benedict trocken. „Und sie scheint dir nicht zu grollen, nachdem du ihren Helden von seinem Podest gestürzt hast.“
„Hast du gemerkt, dass sie in den Grafen verliebt ist?“ Überrascht schaute sie ihn an. Dies war der falsche Zeitpunkt, zu fragen, was er hatte erklären wollen.
„Wie gesagt, ich habe Schwestern, und ich erkenne die Anzeichen mädchenhafter Schwärmerei. Aus seltsamen Gründen ist es viel schwerer, wahre Liebe zu ergründen.“
„Also hast du nicht herausgefunden, wer in unserem kleinen Kreis echte Gefühle empfindet?“ Alessa hatte Mr. Harrison auf der Terrasse entdeckt. An die Brüstung gelehnt, beobachtete er die jungen Damen, die den Strand entlangwanderten.
„Nein. Von wem sprichst du?“
„Das verrate ich nicht.“ Alessa wandte sich zu den Mädchen. „Kommt zu uns! Ich leiste dem Earl Gesellschaft, während er sich von seinen Aktivitäten erholt.“
„Was hat er denn getan?“, rief Helena.
Benedict stand auf, um die Damen zu begrüßen, und ignorierte Frances’ schmachtenden Blick. Nachdem sie Platz genommen hatten, setzte er sich wieder neben Alessa. „Nichts
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