Eine Liebe auf Korfu
wir für dich bestellt haben, müssten fertig sein, bevor das Schiff ausläuft.“
„Ja, das nehme ich an. Ganz sicher werden sich meine Cousine und Ms. Trevick freuen, wenn sie ihre geliehenen Sachen zurückbekommen.“
Die Kinder wurden noch immer nicht erwähnt, und Alessa vermutete, dass ihre Tante eine Konfrontation vor Zeugen vermeiden wollte.
„Wie gut, dass Lady Blackstone ein Abendkleid für Sie geordert hat, Alexandra!“, meinte Maria Trevick. „Vor unserer Abreise werden Sie uns mindestens auf zwei Partys in der Stadt begleiten.“
„Oh, darauf freue ich mich.“ Alessa versuchte zu lächeln, während sich ihre Gedanken überschlugen. „Würden Sie mich jetzt entschuldigen? Ich muss in mein Häuschen zurückkehren und meine Sachen packen.“
Am nächsten Morgen überließ Alessa es ihrer Freundin, den Wagen zu lenken, in den sie ihr Gepäck geladen hatten, und ritt daneben her. Dora saß neben Kate, und Demetri war hellauf begeistert, weil er das zweite Maultier reiten durfte.
Schweigend starrte Alessa ins Leere, unvergossene Tränen verschleierten ihren Blick. Es war ihr viel schwerer als erwartet gefallen, das kleine Haus zu verlassen, das sie mit ihrem Vater bewohnt hatte. Und der Abschied von Agatha war noch viel schmerzlicher gewesen. Vielleicht würde die alte Frau nicht mehr leben, wenn Alessa zurückkehrte. Das wussten sie beide. Doch sie hatten es nicht ausgesprochen.
Alessa hatte dem Dorfpriester die Besitzurkunden für das Häuschen gegeben und ihn gebeten, er möge sie ebenso wie das Boot einer anständigen Familie verkaufen, die sich auch um die alte Nachbarin kümmern würde. Das Geld wollte er nach London schicken, und er streckte ihr eine Summe vor, damit sie einen Wagen und drei Maultiere erwerben konnte.
„Reg dich bloß nicht auf, Mädchen“, hatte Agatha die junge Frau ermahnt, die sie wie eine Enkelin liebte. „Für die Kinder ist es am besten. Das weißt du.“
Während Alessa zwischen Wiesen voller wilder Blumen dahinritt, blickte sie erst auf, als sie Hufschläge neben dem Wagen hörte. Benedict begrüßte Demetri und Dora mit einem fröhlichen Lächeln, dann wandte er sich zu Alessa, sah ihre traurige Miene, und sein Gesicht nahm sofort ernste Züge an. „Was ist los? Hat Lady Blackstone, diese alte Hexe, dich schon wieder gekränkt?“
„Nein, aber es tat mir in der Seele weh, Agatha und das Haus zu verlassen.“
„Das verstehe ich.“ Er neigte sich aus dem Sattel zu ihr herüber und berührte ihre Schulter. „Wie sehr dir die alte Frau ans Herz gewachsen ist, habe ich damals bei unserem Lunch bemerkt. Wollte sie, dass du nach England fährst?“
„Ja“, flüsterte Alessa. Mehr sagte sie nicht, denn sie fürchtete, in Tränen auszubrechen und die Kinder zu betrüben. Noch wussten die beiden nicht, dass sie sich vielleicht für immer von ihrer Ersatzgroßmutter getrennt hatten.
„Reden wir von etwas anderem“, schlug Benedict vor. „Erklärst du mir, wie diese Blumen heißen?“
„Alle?“ Irgendwie brachte sie ein schwaches Lächeln zustande. „Hast du einen Monat Zeit?“ Trotzdem begann sie die Namen der Blumen zu nennen, und langsam wurde ihr leichter ums Herz. Wusste Benedict, was sie ihm verdankte? Mit seiner Bitte hatte er sie aufgefordert, sich die Schönheit der Insel einzuprägen. In Zukunft würde sie tröstliche Erinnerungen heraufbeschwören können, wann immer sie es brauchte.
Neben einem der alten venezianischen Brunnen hielten sie an, um zu essen und den Maultieren eine Ruhepause zu gönnen. Mit Brot und Käse gesättigt, den Hut über der Nasenspitze, lag Kate im Wagen und begann leise zu schnarchen. Eine Zeit lang spielten die Kinder Verstecken, dann sanken sie an einem Olivenbaum ins Gras und dösten.
Auch Alessa fühlte sich schläfrig. Benedict saß neben ihr im Schatten. Beinahe war sie versucht, ihren Kopf auf seine Schulter zu legen. Aber da begann er zu sprechen. „Was glaubst du, welche Geschäfte der Graf betreibt?“
„Keine Ahnung. Allzu anrüchig kann es nicht sein, denn er hat mir erzählt, dass er eine distinguierte englische Ehefrau sucht. Dann muss er damit rechnen, dass die Familie seiner potenziellen Braut Erkundigungen über ihn einzieht.“
„Falls er hinter einem Trevick-Mädchen her ist, dürfte er eine Enttäuschung erleben. Die Mama der beiden wird ihn zweifellos entmutigen.“
„Wahrscheinlich sind Helenas romantische Gefühle ohnehin erloschen, weil er meine Hand geküsst hat. Und Maria …“
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