Eine Liebe fürs Leben
nahm den Hund entgegen. Urplötzlich fühlte sich Riccardo unglaublich, grenzenlos glücklich. Es war nicht das Glück, das er empfand, wenn er einen lukrativen Geschäftsabschluss getätigt oder eine andere Firma übernommen hatte. Das hier war ein Gefühl, das Teile von ihm erreichte, von deren Existenz er bislang gar nichts gewusst hatte.
„Warum gehst du nicht mit deinem … deinem Dad nach oben und zeigst ihm, wo du diesen wunderschönen Hund unterbringen wirst?“
So einfach war das. Die Tür schloss sich hinter ihm, er legte den Mantel ab und folgte seiner Tochter die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer. Beide warfen Charlotte einen zögerlichen Blick zu, doch die ignorierte das. Sie hatte Gina am Vorabend von ihrem Vater erzählt, woraufhin die Augen der Kleinen zu strahlen begonnen hatten. Erst in diesem Augenblick war Charlotte bewusst geworden, dass sie ihrer Tochter keinen guten Dienst damit erwiesen hatte, nie über Riccardo zu sprechen – auch wenn sie nur in guter Absicht gehandelt hatte.
Sie schloss die Augen und lehnte sich für einen Moment an das Treppengeländer. Dann ging sie langsam hoch und hörte die Stimmen schon, bevor sie in den Türrahmen trat.
Gina zeigte Riccardo gerade ihre Spielkonsole, die sie zum vergangenen Geburtstag bekommen hatte. Ausgiebig erklärte sie, wie das Gerät funktionierte, während Riccardo scheinbar fasziniert zuhörte.
Charlotte betrachtete das Szenario ein paar Sekunden, dann räusperte sie sich, woraufhin beide zu ihr aufblickten.
„Ich dachte, dass es vielleicht nett wäre, wenn wir gemeinsam etwas essen gingen“, sagte sie.
„Fish and Chips?“, fragte Gina hoffnungsvoll. „Magst du Fish and Chips, Dad?“
„Ich … liebe Fish and Chips.“
„Guter Versuch“, bemerkte Charlotte trocken und schaute Riccardo amüsiert an, während sie beide über den Geschmack einer Achtjährigen schmunzeln mussten. „Wir bemühen uns sehr, nur wenige fettige Sachen zu essen. Deshalb gehen wir zum Italiener um die Ecke. Der macht eine sehr gute Pasta mit Tomatensauce und frischem Salat.“
„Mum hasst Fast Food. Hasst du Fast Food auch?“
„Fast Food?“, fragte Riccardo.
„Das hat dein Dad vermutlich noch nie in seinem Leben gegessen, Honey.“
„Du hast noch nie Fast Food gegessen? Nie?“ Gina konnte es kaum fassen und sah ihn geradezu mitleidig an. Sehr ernsthaft ließ sie sich über die Vorzüge von Hamburgern, Pizza und Softeis aus, während sie ihre Mäntel anzogen und das Haus verließen – Riccardo zu ihrer Rechten und Charlotte zu ihrer Linken.
„Was isst du denn dann?“, wollte die Kleine wissen, sobald sie am Tisch saßen und ihnen die Speisekarte in die Hand gedrückt worden war.
„Oh, alles Mögliche.“ Riccardo lächelte. Er mochte die direkte Art seiner Tochter, auch wenn sie ihn ein wenig irritierte. „Meistens esse ich im Restaurant.“
„Ist das nicht unheimlich teuer?“
„Gina, bitte!“
„Mum sagt, dass du nicht verheiratet bist. Hast du eine Freundin?“
„Oh, ähm, nein.“
Gina lächelte sie beide triumphierend an, doch ehe sie in ihrer achtjährigen Weisheit etwas Ungeheuerliches sagen konnte, schaltete sich Charlotte dazwischen. „Ja, und dabei wollen wir es jetzt belassen.“
Sie schaute zu Riccardo hinüber und konnte förmlich sehen, wie er die Bemerkung seiner Tochter abspeicherte, um später darauf zurückzukommen.
Als sie nach einem äußerst gelungenen Abend eine übermüdete und total aufgekratzte Gina endlich ins Bett gebracht hatte, ging Charlotte die Treppe hinunter und fand Riccardo in der Küche vor. Konzentriert betrachtete er Ginas Kunstwerke, die am Kühlschrank klebten.
„Ich denke, das ist ganz gut gelaufen“, sagte sie vorsichtig.
„Wir müssen miteinander reden.“
„Worüber?“ Charlotte hatte in der Vergangenheit alle möglichen Facetten von Riccardo kennengelernt. Und doch kannte sie ihn offensichtlich längst nicht so gut, wie sie bisher angenommen hatte. Der heutige Abend war eine Art Offenbarung gewesen. Sie hatte beobachtet, wie er Gina geduldig und voller Humor zugehört und sie mit seinen Späßen sogar zum Lachen gebracht hatte. Immer wieder musste Charlotte sich krampfhaft daran erinnern, dass sie keine glückliche Familie waren, sondern nur zwei Menschen, die einen Kompromiss eingingen. Zum Wohle ihres Kindes.
„Womit sollen wir anfangen?“, fragte er.
„Nicht mit Vorwürfen!“
„O.k., dann beginnen wir doch bei deinem Verlobten, ja?“
„Also gut, aber
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