Eine Liebe in Den Highlands: Roman
du vielleicht ein Kissen, das sie Iain und mir
letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hat.«
Jenny arbeitete sich bis auf den Grund des Sessels vor
und brachte ein Kissen zum Vorschein. Es war umwerfend: klare, helle Farben in
einem modernen geometrischen Muster, wie sie es noch nie gesehen hatte. »Das
ist Felicitys Werk?«
»Yep. Du müsstest mal ihre Mutter gehört haben. ›Liebes‹«,
sagte Meggie gedehnt in einer sehr echten Nachahmung von Lady Dalmains
Sprechweise, »›ist das nicht ein wenig bunt? Ich bin mir sicher, Margaret und
Iain hätten etwas weniger Aufdringliches vorgezogen.‹ Das hat die
Weihnachtsstimmung wirklich gehoben, das kannst du glauben!«
Jenny schüttelte sich. »Müsst ihr Weihnachten denn in
Haus Dalmain feiern? Ich kann mir gar nichts Schrecklicheres vorstellen.«
»Wir gehen nur zum Mittagessen hin, dann verziehen wir
uns zu meinen Leuten und schütten uns ordentlich was hinter die Krippe. Das
braucht man, nachdem man in Haus Dalmain war. Lady D. ist die Einzige, die mich
Margaret nennt, und das tut sie nur, weil sie weiß, dass ich es hasse.«
»Ich finde das Kissen großartig. Ich muss Felicity
bitten, mir auch ihre anderen Arbeiten zu zeigen. Also wirklich!« Jenny regte
sich wieder einmal um Felicitys willen auf, während sie die Stickerei näher in
Augenschein nahm. »Hat Lady D. denn niemals etwas von Kaffe Fassett gehört?«
Meggie lachte. »Du machst Witze! Für sie ist
wahrscheinlich William Morris schon zu modern, um noch dem guten Geschmack zu
entsprechen. Alles, was nach der Zeit Jakobs I. kam, ist ja so vulgär, meine
Liebe.«
Widerstrebend stand Jenny auf. »Wenn weder Lady D.
noch Felicity ihrer Schwermut erlegen sind und - alle viere von sich gestreckt
- im Flur liegen, werde ich später im ›Haggis‹ sein.«
»Hast du denn dafür immer noch Zeit, bei all dem, was
jetzt los ist?«
»Im Augenblick ja. Ich gebe dir Bescheid, falls es
sich ändert. Augenblicklich ist es jedenfalls ein guter Platz zum Nachdenken.«
Lady Dalmain litt unter nichts Dramatischerem als
einer extremen Verstimmung, und so begab sich Jenny zum ›Homely Haggis‹, sobald
sie konnte.
Die Imbissbude wirkte allerdings nicht besonders
einladend, als sie dort eintraf. Es wehte ein frischer Wind, der ein wenig
Regen vor sich hertrieb, das Gras niederdrückte und auf dem Parkplatz die
Kiesel durcheinander wirbelte. Aber kaum hatte Jenny den Wagen aufgeschlossen
und darin Schutz gefunden, war der Gedanke, das Ganze sei einfach eine völlige
Zeitverschwendung, wie weggeblasen. Es musste ihren Gedanken einfach auf die
Sprünge helfen, wenn sie Haus Dalmain hinter sich lassen konnte, selbst wenn
sie hier ohnehin keine Kunden hatte. Im Grunde hätten Kunden sie jetzt nur
gestört. Es wäre das Beste, wenn sie sich einfach selbst etwas Heißes zu
trinken und ein Sandwich zubereitete und dann einige ihrer Ideen zu Papier
brachte. Aber wie um ihre Absicht zu durchkreuzen, erschien ein Wanderer nach
dem anderen, um sich etwas Heißes zu trinken zu bestellen, und einige
Einheimische ließen es sich nicht nehmen, kurz vorbeizuschauen und sich nach
Meggie zu erkundigen. Aber endlich waren alle wieder fort. Jenny machte sich
über ihr Sandwich her und stellte eine Liste von Dingen auf, die sie
bewerkstelligen mussten und die doch eigentlich unmöglich waren. Sie war noch
nicht halb damit fertig, als sie merkte, dass wieder jemand kam. Diesmal war er
es.
Ihr Mund wurde schlagartig trocken, und ihre Muskeln
und Sehnen schienen sich in Gummi zu verwandeln. Aber am schwierigsten war das
Gefühl zu ertragen, dass sie ein Boxhieb traf, der ihren Körper in der Mitte
zusammenklappen ließ.
Ich muss ihn irgendwie durch meinen Willen hierher
gelockt haben, dachte sie schuldbewusst, während sie versuchte, sich so weit in
den Griff zu bekommen, dass sie ihn normal begrüßen konnte. Sie wünschte nur,
es bliebe ihr noch Zeit, einen Schluck Wasser zu trinken. Denn warum um alles
in der Welt hätte er sonst kommen sollen? Es konnte kein Zufall sein. Was hatte
sie getan? »Hallo«, begann er.
Jenny räusperte sich und stellte überrascht fest, dass
ihre Stimme sich beruhigend normal anhörte. »Hallo. Was darf ich Ihnen servieren?«
Damit würde sie sich wieder einen sarkastischen Kommentar einhandeln, aber ihr
fiel auf die Schnelle nichts Besseres ein. »Nichts. Ich sah Sie hier ankommen
und habe mich dann an den Abstieg gemacht, um Ihnen Guten Tag zu sagen.«
Sie pumpte einmal kurz Sauerstoff in ihre Lungen
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