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Eine Liebe wie Magie

Titel: Eine Liebe wie Magie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaclyn Reding
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Das Haus war dunkel, wie üblich, wenn sie herkam, aber in dem Fenster zur Eingangshalle brannte eine einzelne kleine Kerze. Vorsichtig ging Augusta durch die unverschlossene Vordertür und nahm die Kerze. Leise stieg sie die erste und dann die zweite Treppe hinauf, bis sie zu der gesuchten Tür kam. Ohne zu klopfen, bewegte sie leise die Klinke und trat ein in einen Ort, der mit nichts auf dieser Erde zu vergleichen war. Der Raum war bescheiden, ursprünglich gedacht für die Unterbringung von Dienstboten, einer von vier identischen in jeder Ecke des Obergeschosses des stattlichen Stadthauses. Das Hauptmerkmal der Kammer waren die beiden hohen Fester, die sich auf jeder Seite der äußeren Ecke gegenüberstanden. Sie nahmen fast die gesamte Breite der jeweiligen Wand ein und waren weder mit Vorhängen noch sonstwie verziert. Sie waren anstelle der kleinen olivenförmigen Öffnungen eingesetzt worden, die ursprünglich die Fenster gebildet hatten. Der Raum war vollgestopft mit wissenschaftlichen Instrumenten: Altazimuth und Repetierzirkel, Teleskope, Quadranten und Sextanten. Alle Wände und Tische waren bedeckt von zahllosen Karten und Diagrammen, und hier und da waren Papierblätter achtlos auf dem Boden verstreut. Inmitten dieses Durcheinanders stand, mit dem Rücken zu ihr, durch das große Observationsfenster blickend, der Graf von Everton. Verschwunden waren die eleganten Seidenanzüge, die gestärkten weißen Halsbinden, die er für gewöhnlich trug, wenn er sich in die feine Gesellschaft begab. Nun trug er seine Haustracht, eine halblange offene Jacke und einfache Hosen. Sein graues Haar war leicht zerzaust, was von seiner Gewohnheit herrührte, es sich zu raufen, wenn er angestrengt nachdachte. Er hatte sie nicht eintreten hören und hätte wohl auch nicht bemerkt, wenn sie eines seiner dicken Nachschlagewerke auf den Boden hätte fallen lassen, denn er vergaß alles um sich herum, wenn er in seine Arbeit versunken war.
    Augusta blieb einige Zeit hinter ihm stehen, wartend, beobachtend und den Himmel betrachtend, und fragte sich, ob einmal der Tag kommen würde, an dem sie ebenso brillant wäre. Sie wünschte sich, die Genialität des Grafen wäre nicht versteckt vor dem Rest der Welt.
    Everton löste sich für einen Moment von seiner Arbeit, um einen Schluck Tee zu trinken, der zweifellos schon längst kalt war. Als er sich umdrehte, um die Tasse auf ihren Untersetzer zurückzustellen, sah er sie dort stehen.
    »Ich fing bereits an, mich zu fragen, ob Sie kommen würden«, sagte er in seiner üblichen Kürze. Er wandte sich wieder dem Fenster zu.
    Aber Augusta war durch seinen Empfang nicht betroffen, wußte sie doch, daß seine barsche Art nur eine Fassade war, hinter der sich ein wahrhaft mitfühlender Mensch verbarg. Sie war dem Grafen zum erstenmal kurz nach ihrer Rückkehr nach London vor zehn Monaten begegnet. Sie war bei Hatchard’s gewesen und hatte sich zufällig ihm gegenüber ins Lesezimmer gesetzt. Sie konnte sich nicht erinnern, was sie an jenem Tag gelesen hatte, denn es dauerte nicht lange, und sie linste über ihr eigenes Buch hinweg und richtete ihre Aufmerksamkeit auf seinen Lesestoff. Sie erinnerte sich, wie er fortgegangen war, um kurze Zeit später zurückzukommen und sie dabei zu ertappen, wie sie heimlich seine Ausgabe der Phiosophischen Abhandlungen der Royal Society durchlas, die er auf dem Tisch zwischen ihnen zurückgelassen hatte. Von diesem Tag an waren sie Seelenverwandte, ihr Zusammentreffen schien vom Schicksal bestimmt zu sein.
    »Charlotte ist spät zu Bett gegangen. Ich mußte sicher sein, daß sie mich nicht fortgehen hörte.«
    Everton nickte kurz und wandte sich wieder dem Teebrett zu. »Tee?« fragte er, nahm die Kanne und hob den Deckel, um hineinzusehen. Sein Gesichtsausdruck war wenig enthusiastisch. »Wenn ich es genau betrachte, wäre ein Bordeaux vielleicht besser.« Er goß ihr ein Glas aus der Kristallkaraffe ein, die neben dem Teebrett stand. Als er es ihr reichte, sagte er: »Sie wundern sich bestimmt, wieso ich Sie so dringend hierher gerufen habe.«
    »Ihre Nachricht hat mich schon sehr neugierig gemacht.«
    »Ich dachte, Sie würde das Gespräch interessieren, das ich gestern mit einem gewissen Individuum geführt habe.« »Allerdings«, sagte sie und nahm einen kleinen Schluck von dem Bordeaux. Er war süß und sehr mild und wärmte sie von innen.
    »Ja, wirklich. Vielleicht kennen Sie ihn - Lord Noah Edenhall.«
    Augusta verzog sofort das Gesicht, als

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