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Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Gratz
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haben.
    Olivia klang alles andere als begeistert, als ich sie später anrief, aber sie sagte, sie würde kommen. Wenn sie doch noch kalte Füße bekommen sollte, hätten wir zwar unseren Knaller verloren, aber zur Not konnte ich für sie einspringen.
    In der Zwischenzeit nahmen die Pläne für Hamiltons Aufenthalt in der Entzugsklinik bei Bristol schnell Gestalt an. Claude und Mrs Prince bestellten Hamilton am Dienstag zu einer weiteren Familienkonferenz ein – diesmal ohne mich – und teilten ihm mit, dass es am Freitagmorgen so weit wäre. Wir hatten also noch drei Tage, bevor wir beide weg waren, denn für meine Gastgeber war es selbstverständlich, dass ich zur selben Zeit abfahren würde. Ganz offensichtlich bestand Claudes Antwort auf unsere Herumschnüffelei darin, uns beide so schnell wie möglich aus der Stadt zu bekommen. Ich hatte nichts dagegen, war jedoch ein bisschen besorgt, dass zu wenig Zeit bleiben könnte, um Hamiltons Onkel anzuschwärzen. Vielleicht schaffte ich es noch, die Räder in Gang zu bringen, doch diese Vorstellung trug nicht dazu bei, mir die letzten Tage hier zu versüßen.

    Am Morgen von Olivias Fernsehspuckerei trafen wir uns unten am Fluss, wo das Abflussrohr die Brühe in den Copenhagen River einleitete. Sie war schon da, als ich ankam. Olivia sah so schlecht aus, als wäre ihr jetzt schon übel, und das sagte ich ihr auch.
    »Alles Teil der Show«, meinte sie und wirkte, als müsste sie sich allein schon bei dem Gedanken daran übergeben. Wenn ihr wirklich schlecht war, würde es für die Kameras besser aussehen, aber ich machte mir Sorgen, dass mehr dahintersteckte. Doch noch ehe ich sie weiter ausfragen konnte, sahen wir, dass das Nachrichtenteam oben auf der Straße nach uns suchte, und ich rannte hin, um es einzuweisen. Sie hatten einen bulligen Kleinbus geschickt, der überall mit dem Namen des Senders bepflastert war. Ich half dem Kameramann, eine Reihe von Kästen herauszuhieven, während sich die Reporterin mithilfe eines Spiegels für den Dreh herrichtete.
    »Mein Gott, das stinkt ja nicht schlecht«, sagte sie. »Und das Wasser ist wirklich braun? Wenn es nicht dunkel genug ist, schafft es die Nummer nicht in die Nachrichten, ganz egal, wen ihr kennt.«
    »Keine Sorge«, meinte ich. »Das ist eine echte Story.«
    »Jack, hast du genug Licht?«, fragte sie.
    Der Kameramann prüfte seinen Lichtmesser und nickte. »Unten beim Wasser überprüfe ich das noch mal, aber ich denke, schon.« Ich führte die beiden zwischen Gebüsch und Bäumen hindurch nach unten zum Wasser, wo Olivia auf einem Stein saß. Sie stand zur Begrüßung auf, und ich sah, dass sie ein bisschen schwankte. Hatte sie getrunken? Sah sie deshalb so schlecht aus?
    »Meinst du, wir sollten sie erst ein bisschen schminken?«, fragte die Frau flüsternd.
    Der Kameramann schüttelte den Kopf. »Nee. So verkauft sich das besser.«
    Dann hatten sie eine bessere Sicht auf den Fluss. Man sah ihnen an, wie erschrocken sie beim Anblick der Brühe waren.
    »Mein Gott, Jack, schau dir das an, das ist ja widerlich. Meinst du, du kannst eine Einstellung davon machen, wo das alles hochsprudelt? Kommt das alles von dem Betrieb?«
    »Ja, von der Fabrik«, verbesserte Olivia sie. Sie schluckte, als müsste sie mehrere Mahlzeiten unten halten, und schaffte es, der Reporterin einen kurzen Abriss der Situation zu liefern.
    »Großartig – aber warte«, sagte die Frau. »Lass Jack die Kamera fertig vorbereiten, bevor du mir alles erzählst, und wenn wir mit allem durch sind, trinkst du das Wasser.«
    Während wir warteten, nahm ich Olivia zur Seite.
    »W as ist los mit dir? Geht es dir gut?«, fragte ich.
    Sie nickte schwerfällig.
    »Hast du was getrunken?«, flüsterte ich.
    »Irgendwie schon«, sagte sie.
    »Okay, wir sind so weit«, rief die Reporterin. »Stell dich mal hierhin.« Sie führte Olivia zu einer malerischen Stelle mit dem stinkenden braunen Wasser als Hintergrund. Olivia mochte zwar leicht betrunken wirken, doch sie war bissig wie immer und brachte bestimmt ein halbes Dutzend guter Argumente an. Die Reporterin war offenbar genauso beeindruckt wie ich. Immer wieder wechselte sie vielsagende Blicke mit dem Kameramann, der mit hochgerecktem Daumen reagierte.
    »W enn ich richtig verstanden habe, wirst du heute etwas von dem Flusswasser trinken«, ermunterte die Reporterin sie, »um gegen das zu protestieren, was du für eine illegale hochgradige Umweltvergiftung des Copenhagen Rivers hältst.«
    Olivia nickte.

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