Eine mörderische Hoch-zeit
Schluchzen drang über Mavis’ Lippen. Sie schüttelte den Kopf, schüttelte ihn zunehmend heftiger und begann am ganzen Leib zu zittern. »Ich war es nicht. Ich habe sie nicht umgebracht. Sie war schon tot. Um Gottes willen, Dallas, wie kannst du denken, ich könnte einem Menschen so was antun?«
»Vielleicht haben Sie es ja tatsächlich nicht getan.« Mach weiter, befahl sich Eve mit blutendem Herzen. Du darfst um ihretwillen nicht weich werden. »Vielleicht hat ja Leonardo es getan und Sie versuchen, ihn zu schützen. Haben Sie gesehen, wie er die Beherrschung verlor? Hat er den Stock genommen und sie damit geschlagen?«
»Nein, nein, nein!«
»Oder kamen Sie erst dort an, nachdem er es getan hatte? Als er sich über ihre Leiche beugte? Panisch? Sie wollten ihm helfen, die Sache zu vertuschen, also haben Sie ihn rausgeschmuggelt und mich angerufen.«
»Nein. So war es nicht.« Mavis sprang von ihrem Stuhl und bedachte Eve mit einem wilden Blick. »Er war überhaupt nicht da. Ich habe weder ihn noch sonst jemand gesehen. Er könnte so was niemals tun. Warum hörst du mir nicht zu?«
»Ich höre ganz genau zu. Setzen Sie sich wieder hin. Bitte, setzen Sie sich wieder hin«, bat Eve mit sanfter Stimme. »Wir sind bald fertig. Möchten Sie Ihrer Aussage noch irgendetwas hinzufügen oder möchten Sie etwas verbessern?«
»Nein«, murmelte Mavis und starrte blind über Eves Schulter auf die kahle Wand.
»Damit ist die erste Vernehmung von Mavis Freestone in der Mordsache Pandora abgeschlossen. Lieutenant Eve Dallas, vernehmende Beamtin.« Sie vermerkte Datum und Uhrzeit, stellte den Recorder ab und atmete tief ein. »Tut mir Leid, Mavis. Tut mir wirklich Leid.«
»Wie konntest du das tun? Wie konntest du all diese Dinge zu mir sagen?«
»Mir bleibt nichts anderes übrig. Ich muss dir diese Fragen stellen und du musst sie beantworten.« Sie griff nach Mavis’ Hand. »Vielleicht muss ich sie dir noch mal stellen und dann musst du sie mir noch mal beantworten. Sieh mich an, Mavis.« Sie wartete, bis die Freundin den Blick hob. »Ich weiß weder, was die Spurensicherung ergeben, noch, was in den Laborberichten stehen wird. Aber wenn wir nicht ganz großes Glück haben, brauchst du dringend einen Anwalt.«
Mavis wurde leichenblass und blickte Eve aus großen Augen an. »Wirst du mich verhaften?«
»Ich weiß nicht, ob es so weit kommt, aber ich möchte, dass du gewappnet bist. Und ich möchte, dass du mit Roarke nach Hause fährst, erst mal ein wenig schläfst und dich anschließend nach Kräften bemühst, dich an Zeiten und Orte und Leute zu erinnern. Falls dir irgendetwas einfällt, sprich es mir auf Band.«
»Was wirst du jetzt machen?«
»Meine Arbeit. Ich bin verdammt gut in meinem Job, Mavis. Auch das darfst du nicht vergessen. Du musst darauf vertrauen, dass ich die Sache kläre.«
»Dass du die Sache klärst«, wiederholte Mavis mit verbitterter Stimme. »Du meinst, dass du meinen Namen reinwäschst. Ich dachte, man gilt als unschuldig, solange nicht die Schuld bewiesen ist.«
»Das ist eine der ganz großen Lügen, nach denen wir leben.« Eve stand auf und schob Mavis durch die Tür. »Ich werde mein Möglichstes tun, um den Fall so schnell es geht zu lösen. Das ist alles, was ich dir sagen kann.«
»Du könntest mir noch sagen, dass du an meine Unschuld glaubst.«
»Das kann ich dir ebenfalls sagen.« Nur, dass sie sich von dieser Überzeugung nicht in ihrer Arbeit behindern lassen durfte.
Sie erledigten noch den Papierkram und innerhalb von einer Stunde war Mavis entlassen und stieg zu Roarke ins Auto. Offiziell war Mavis Freestone als Zeugin aufgeführt. Inoffiziell jedoch galt sie, wie Eve wusste, als Hauptverdächtige. In der Absicht, die Sache umgehend zu klären, machte sie sich auf den Weg zu ihrem Büro.
»Okay, was soll der ganze Scheiß, Mavis hätte irgendein Top-Model um die Ecke gebracht?«
»Feeney.« Eve hätte jede seiner vielen Falten küssen mögen. Die allgegenwärtige Tüte mit kandierten Nüssen in den Händen, saß er stirnrunzelnd an ihrem Schreibtisch. »Scheint, als machten diese Dinge wirklich schnell die Runde.«
»Es war das Erste, was ich hörte, als ich in die Cafeteria kam. Wenn die Freundin einer unserer besten Beamtinnen festgenommen wird, sorgt das für einiges Aufsehen.«
»Sie wurde nicht festgenommen. Sie ist eine Zeugin. Zumindest bis jetzt.«
»Auch die Medien haben bereits Wind von der Sache bekommen. Zwar haben sie noch nicht Mavis’ Namen, aber
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