Eine Nacht wie Samt und Seide
zu sehen, wie er auf einem Gebiet Erfolg hatte, das ihm so viel bedeutete. Das wäre hoffentlich auch hilfreich dabei, Russ wieder mit ihrem Vater auszusöhnen, und dann wäre ihre Familie wieder vereint. Alles wäre gut in ihrem Leben, außer ...
Da war noch das unerwartete Geschenk, das das Schicksal ihr gemacht hatte.
Sie schaute Dillon an, sah sich an seiner männlichen Schönheit satt, an den bestechenden Zügen, die zu vollkommen gewesen wären, wäre da nicht die machtvolle Männlichkeit und die Sinnlichkeit, die unter seiner glatten Oberfläche warnend vibrierte.
Sie schaute und spürte die Antwort in sich, fühlte sie in ihrem Herzen und in ihrer Seele. Spürte die Verbindung, die immer stärker geworden war, die mit jedem Tag, jeder Nacht, mit jedem Augenblick tiefer geworden war, gekeimt hatte und schließlich aufgeblüht war.
Ein Schatz oder ein Fluch? Was war es, das das Schicksal ihr in die Hände gespielt hatte?
Wenn das hier vorbei war und sie getrennt waren, wie würde sie es dann bezeichnen?
Hatte das Schicksal sie gesegnet oder verdammt? Das würde die Zeit entscheiden.
Und die Zeit lief ihr, ihnen beiden davon.
Unter der Freude überall um sie herum, der Feierlaune, fühlte sich ihr Herz mit einem Mal bleiern an.
Als spürte er es, blickte Dillon auf, schaute sie an, fing ihren Blick auf und erwiderte ihn eindringlich.
Sie setzte ein leichtes Lächeln auf, zwang sich, normal zu atmen, und ging an Adelaide vorbei zu Barnaby und ihm. »Schon entschieden, wie man am besten vorgehen sollte?«
Sie versuchte eifrig und interessiert zu klingen. Barnaby grinste und antwortete.
Dillon musterte sie weiter; sie wagte nicht, in seinen dunklen Augen zu lesen, für den Fall, dass er dann im Gegenzug in ihren las. Sie wusste nicht, was er dachte, warum er sie plötzlich so anschaute, warum er jetzt so still war und es Barnaby überließ, ihren Plan zu umreißen. »Denken Sie wirklich, sie werden Mr X’ Namen verraten?«
»Nicht so ohne Weiteres«, versetzte Barnaby knapp. »Aber Überredung ist mein zweiter Vorname.«
Ihr gelang ein Lachen, dann drehte sie sich um, weil Russ mit Adelaide am Arm dazukam. Er war immer noch hocherfreut, konnte sein Glück kaum fassen.
Dillon beobachtete, wie Pris Russ wegen seiner grenzenlosen Begeisterung aufzog, der scherzend versuchte, es abzutun, indem er behauptete, er wolle schließlich Flicks Gefühle nicht verletzen. Er hörte zu, wie sie, Russ und Adelaide ihre Aufmerksamkeit Barnaby zuwandten und den anstehenden Befragungen. Er hatte sich beinahe selbst eingeredet, dass alles in Ordnung war, dass die nebulöse Verstörtheit, die er in ihr wahrgenommen hatte, die seine Instinkte alarmiert hatte, keine echte Grundlage hatte, als er den Blick bemerkte, mit dem Russ seine Schwester ansah und dieselbe Unsicherheit und Sorge darin entdeckte, die er selbst empfand.
Er beobachtete Pris, aber er konnte genauso wenig wie Russ hinter ihr Schutzschild blicken, das sie zwischen ihnen errichtet hatte, ein Schild aus guter Laune und Fröhlichkeit, die einfach zu strahlend war, zu glänzend, um echt sein zu können.
Etwas verstörte sie, und sie verbarg es vor ihm. Vor Russ auch, aber das kümmerte ihn nicht. Dass sie ihn aus ihrem Leben ausschloss, machte ihn allerdings wahnsinnig - egal, wie klein und unwichtig der Grund auch war.
Barnaby drehte sich zu ihm um. »Wir sollten gehen. Wenn es uns gelingt, an einen Namen zu kommen, breche ich sogleich nach London auf - wir gehen besser, damit ich vor Einbruch der Dunkelheit fahren kann.«
Dillon blinzelte, schaute Barnaby an und nickte. »Gut.«
Er machte einen Schritt zurück, als Barnaby sich zur Tür umwandte, schaute wieder zu Pris, aber sie sah an ihm und Barnaby vorbei zur Tür ...
Er wartete. Sie schaute in seine Richtung, ihr Lächeln war zurück - aber das war es nicht, was er sehen wollte.
Kälte berührte seine Seele. Er wusste nicht, was sie dachte, fühlte - was sie für ihn fühlte, wie sie über ihn dachte, über sie beide. Er hatte angenommen ... aber er wusste es besser, als zu glauben, er verstünde, was Frauen dachten.
Er setzte sein Lächeln auf, neigte ihr seinen Kopf zu. Er wollte sich gerade umwenden und gehen, dann aber erkannte er, dass er das nicht konnte.
Russ und Adelaide hatten sich abgewandt; einen Schritt näher zu Pris tretend fing er ihren Blick auf, sah ihr tief in die grünen Augen. »Heute Nacht?«
Ihre Augen weiteten sich. Einen Moment hielt sie die Luft dann, dann atmete sie
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