Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Nacht wie Samt und Seide

Titel: Eine Nacht wie Samt und Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
Vom Netzwerk:
Russ.« Das sagte sie ohne Überzeugung; sie neidete ihrem Zwillingsbruder seine Freude nicht wirklich, aber er hatte beim abendlichen Tee so gelöst geplaudert und gelacht, dass sie meinte, gleich schreien oder Kopfschmerzen vorschieben zu müssen. Sie hatte nie Kopfschmerzen, sodass es sicher die Aufmerksamkeit aller auf sie gelenkt hätte. Daher war sie gezwungen gewesen, geduldig zu warten, bis Russ die Worte ausgingen und Adelaide und Eugenia nicht mehr an seinen Lippen hingen, bis alle sich endlich in ihre Zimmer zurückgezogen hatten, sodass sie sich daran machen konnte, ihr drängendes Verlangen zu stillen.
    Den drängenden Wunsch, Dillon wiederzusehen.
    Das Verlangen, mit ihm zusammen zu sein, allein in der Nacht. In seinen Armen zu liegen, zu spüren, wie sie sich um sie schlossen, wieder zu fühlen, wieder lebendig zu werden - vielleicht das letzte Mal.
    Sie eilte weiter, ihre Schritte machten kaum einen Laut auf dem weichen Gras, als sie zwischen den Büschen entlanglief. Sie waren nicht so sauber gestutzt, wie es sich eigentlich gehörte, aber auch nicht wirklich vernachlässigt, sondern eher außer Form geraten - sie fühlte sich in weniger strikt ordentlicher Umgebung ohnehin am wohlsten.
    Dank Russ war sie spät dran, später als je zuvor. Sie konnte nur hoffen, dass Dillon gewartet hatte, und darum beten, dass er nicht gedacht hatte, sie hätte ihre Verabredung vergessen oder wäre einfach zu dem Schluss gekommen, lieber doch nicht zu kommen.
    Warum rannte sie nicht?
    Sie raffte ihre Röcke und tat genau das. Sie lief an den Büschen vorbei, sprang über Stufen und eilte über die schmalen, von dichten Sträuchern und Hecken gesäumten Wege. Ihr Herz raste vor Verzweiflung. Ein Gefühl, das ihr gar nicht gefiel, mit dem sie sich aber abfand. Sie hatten noch diese eine gemeinsame Nacht, dieses eine Mal, und dann war es vermutlich vorbei.
    Für immer.
    Wann ihr diese Erkenntnis gekommen war und sich in ihrem Verstand festgesetzt hatte, wusste sie nicht zu sagen, aber sie war nun da. Nach Dillon, statt Dillon - nein, sie konnte sich nicht vorstellen, dass je ein anderer an seine Stelle treten könnte. Sie rannte weiter, schneller und verzweifelter noch. Sie brauchte diese eine letzte Nacht, diesen Augenblick, der ihre kühnsten Erwartungen erfüllen sollte, ihr ein letztes Mal das Herz erwärmen.
    Sie stürmte auf die freie Rasenfläche vor dem Sommerhaus und prallte aus vollem Lauf gegen eine Wand. Eine warme Wand aus Muskeln und Knochen.
    Dillon fing sie auf. Sogleich besorgt spähte er über ihren Kopf hinweg auf den Weg, auf dem sie gekommen war. »Was ist denn?«
    Da er nichts entdecken konnte, schaute er ihr ins Gesicht. Seine Hände blieben auf ihren Oberarmen liegen, hielten sie beschützend nah. »Warum rennst du so? Wovor bist du auf der Flucht?«
    Das konnte sie ihm nicht sagen, sie befeuchtete ihre trockenen Lippen. »Ich laufe nicht vor etwas weg, sondern hierher.« Sie starrte ihm ins Gesicht, genoss seine dramatische Schönheit, die sogar in dem schwachen Licht unverkennbar war. »Zu dir.«
    Sie streckte die Arme aus, legte ihre Hände auf seine Wangen und stellte sich auf die Zehenspitzen, drückte ihre Lippen auf seine.
    So sagte sie ihm mit ihrem Mund, mit ihrer Zunge, was sie in seine Arme trieb. Sagte ihm den Grund dafür mit ihrem Körper, als er seine Arme um sie schlang, sie an sich zog.
    Über ihnen blies der Wind, die Böe wurde heftiger - wilde, ungezügelte Naturgewalt. Es strich durch die Zweige, sodass sie rauschten, wehte sie zum wolkenverhangenen Himmel empor.
    Pris, die zwischen ihren Händen Dillons Gesicht hielt, hörte es, spürte es, fühlte es. Sie sog diese Macht in sich auf, bis sie sie ausfüllte, durch sie strömte. Ihre eigene Wildheit nahm und daraus etwas Neues formte, etwas Besseres. Etwas Schimmerndes, Herrliches. Etwas unendlich Kostbares.
    Sie löste sich von ihm und ließ sich zu Boden sinken, auf das üppige Gras, ein süß duftendes Bett, das unter ihr nachgab.
    Dillon hielt ihre Hand und versuchte trotz der Dunkelheit in ihren Augen zu lesen. »Das Sommerhaus ...« Als sie den Kopf schüttelte, holte er mühsam Luft, und sein Brustkasten hob und senkte sich. »Dann dein Zimmer.«
    »Nein.« Sie griff nach ihm, nahm seine andere Hand und zog ihn zu sich herab. »Hier. Jetzt.«
    Unter freiem Himmel.
    Er kniete sich hin, ließ sich von ihr zu einem Kuss verführen, einem weiteren hitzigen Austausch von Zärtlichkeiten, der ihren Herzschlag beschleunigte.

Weitere Kostenlose Bücher